Wann hast du das letzte Mal die Übersicht gehabt? Über Politik, über „deine“ Bands, über die Dinge die in deinem Leben wichtig sind? Und wie schwierig ist es geworden seinen Verstand und die geistige Gesundheit zu erhalten? Findest du nicht auch dass zu viel über Dinge Debattiert wird? Diese Kolumne hilft dir dabei!
Ist euch in den Medien schon einmal aufgefallen, dass zu jedem Sack Reis, der umfällt, sich jemand findet, der das kommentiert. Nehmen wir an, als aktuelles Ereignis fällt ein Sack Reis medienwirksam um. Wir haben nur begrenzte Mengen an Zeugen vor Ort, vielleicht in ihrem Kreis einen Journalisten oder jemanden, der einen Journalisten kennt. Die Information wandert so in die Verwertungskette. Vielleicht verwendet der Journalist es direkt und exklusiv für sein Medium, vielleicht speist er unseren umfallenden Sack Reis in die Nachrichtenagenturen ein.
Von dort aus beginnt der erste Schritt der Medienverwertung:
Je nach Relevanz und Dringlichkeit sind die ersten, die sich darum kümmern, die Leute, die die nächste Tageszeitung füllen müssen und das mit einem kleinen Artikel mit wenig Zeilen tun, die Leute, welche die Newsticker der Webmedien schreiben oder die eine aktuelle Nachrichtensendung füllen müssen und noch einige Sekunden brauchen. Die Maschinerie läuft weiter, bis der gesamte Faktengehalt der Meldung erschöpft wird. Hier einmal das Ausgangsmaterial zum Vergleich:
Hat die Meldung genug Relevanz oder Medienwirksamkeit, wird Schritt 2 in Gang gesetzt:
Da der Faktengehalt erschöpft ist, kommen hier Meinungen zum Tragen. Das Spektrum der Leute, die hier befragt werden, ist sehr breit: im konkreten Beispiel sind es die Leute, die den Sack Reis beim Umfallen gesehen haben, Reisbauern, Statiker, Botaniker, einen marktführenden Produzenten für Jutesäcke zum Transport von Reis, einem Menschen, der nur mit Reis kocht, und einen Menschen dem ein Sack Reis auf den Fuß gefallen ist. Und wir dürfen auf keinen Fall den Politiker vergessen. Manche haben eine Ahnung, manche haben eine Meinung, manche haben ein Parteibuch und manche haben ein Gefühl. Und damit ist die Ausgangssituation für Schritt 3 geschaffen.
Bei Schritt 3 ist – ob angemessen oder nicht – die Debatte ohne Richtung und Ziel angezettelt. Dadurch, dass man dieses Thema in der Presse mit jeder Menge Ansichten und Meinungen gesättigt hat, kann man die meisten politischen oder fachlichen Geschmacksrichtungen an einen Tisch bringen und sich heißreden lassen. Hier geht es nicht mehr um die Lösung des Ursprünglichen Problems: zum Beispiel dass man Säcke Reis mit einem Bisschen gesunden Menschenverstand so legen kann, dass sie nicht umfallen können. Die Debatte heizt sich weiter an bis Schritt 4 Passiert, eine Sache für die man jeden Jongleur verprügeln würde:
Die ganze Angelegenheit wird fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel.
Solange kein Leidensdruck dafür sorgt, dass wir uns weiter und tiefer mit dem Grundproblem auseinander setzen, passiert nichts – im Positiven wie im Negativen. Und solange es – der Mediengesellschaft sei Dank – immer wieder neue Themen gibt, die die Lücken füllen, vermisst niemand einzelne Themen.
Lösungen:
- Kannst du selbst nachprüfen, was irgendwo in der Welt passiert und wie genau es passiert ist? Nein? Vielleicht solltest du dich dann nicht darüber aufregen.
- Zum Führen einer Debatte gehört zuhören können ebenso wie die Fähigkeit zu differenzieren. Wenn du – zu Recht oder Unrecht – nicht in der Lage bist, zuzuhören und vielleicht einzugestehen, dass du eine falsche Meinung vertreten hast, solltest du keine Diskussion vom Zaun brechen.
- Die gute alte Quellenkritik ist mittlerweile essentiell wichtig. Für alle, die das nicht in der Schule hatten: Wer spricht? Was sagt er? Wie sagt er es? Wann sagt er es? Vor welchem Hintergrund? Aus welcher politischen Richtung kommt diese Person, lügt sie und wenn ja aus welchem Grund?
- Warum hinter jedem Aufregerthema herlaufen? Nimm die Dinge persönlich, die für dein eigenes Leben wichtig sind, verfolge sie tagtäglich und wenn es dir am Herzen liegt, dann engagiere dich im Rahmen deiner Möglichkeiten. Alles, zu dem du keine emotionale Bindung hast, wirst du vergessen.
- Überlege dir, wenn du dich aufregst, warum du es tust und ob das der ganzen Angelegenheit so zuträglich ist.
- Leg Säcke Reis so hin, dass sie nicht umfallen!