Ayreon – The Theory of Everything (Review)

arjen-chess-color-575x383Grade heute ist das neue Album von Ayreon, dem Progressive Metal Projekt rund um Arjen Lucassen releast worden und aufhorchen ist angesagt bei einem Album das sich so sehr von den vorangegangenen unterscheidet dass es sich gleichermaßen fremd und vertraut anfühlt. 2 CDs, 90 Minuten Musik gegliedert in 4 Kapitel mit insgesamt 42 (!) Akten, einer Vielzahl an hochkarätigen Sängern und Musikern und ein anspruchsvolles Konzept mit Tiefgang sprechen für sich.

Als Sänger und Künstler tummeln sich auf diesem Werk JB (Grand Magus), Sara Squadrani (Ancient Bards), Michael Mills (Toehider), Cristina Scabbia (Lacuna Coil), Tommy Karevik (Kamelot, The Seventh Wonder), Marco Hietala (Nightwish), John Wetton (King Crimson) und Wilmer Waarbroek  als Singende und Ed Warby (Drums bei Hail of Bullets und ehemals Gorefest), Rick Wakeman (Keys bei Yes), Keith Emerson (Keys, Emerson, Lake& Palmer), Jordan Rudess (Keys, Dream Theater), Steve Hackett (Gitarre, Genesis), Troy Donockley (Pipes and Whistles, Nightwish), Ben Mathot (Violine, Dis), Maaike Peterse (Cello, Kingfisher Sky), Jeroen Gossen (Flöten, Flairck), Siddharta Barnhoorn (Orchestrierungen), Michael Mills (Irish Bouzouki) als Gastmusiker. Als wäre diese Besetzung voller altgedienten und aufstrebenden Künstlern nicht ohnehin schon Grund genug hin zu hören, hat Arjen Lucassen in der von ihm bekannten Manier eine filmreife Geschichte gewoben und in Musik gegossen:  Ein Aufstrebender Wissenschaftler (Michael Mills) ist unermüdlich auf der Suche nach einer universellen Formel für alles, wobei er seine Frau (Christina Scrabbia) und seinen genialen aber introvertierten Sohn (Tommy Karevik) vollständig vernachlässigt. Um eben diesen und die Jagd nach die Theorie von Allem was da kreucht windet sich eine Geschichte in der JB seinen Lehrer, John Wetton seinen Therapeuten,  Marco Hietala (GENIAL) dessen korrupten Rivalen und Sara Squandrani seine Geliebte portraitieren. Aber weniger zum Namedropping und mehr zur Musik.

Hatte Ayreon auf dem Vorgänger 01011001 noch vor Superlativen gestrotzt und mehr Sänger an Bord gehabt als man angemessen präsentieren konnte, war die Story zu guter Letzt ein wenig gigantomanisch erschienen hat sich auf diesem Werk in Sachen Hörerlebnis ein angenehmes Gleichgewicht eingestellt auf einer Seite, nämlich dass hier Stimmen und Charaktere sich jeweils von unterschiedlichen Seiten Präsentieren können und man nicht das Gefühl hat dass eine Stimme besonders auf Kosten der anderen ins Licht gerückt wird. Ebenfalls auffallend ist die Masse an Stücken, die auf Vier Akte verteilt ist, weswegen ich mir an dieser Stelle die Anspieltipps spare. Kurz gesagt mit Ausnahme des Fehlens der Obligatorischen Growlpassage hat sich am Härtegrad der Musik nicht viel verändert, der Sound ist ein wenig Klarer geworden, die Arrangements komplexer und breiter instrumentiert.Mit den vielen abwechslungsreichen Instrumentals die je nachdem zwischen Metalpassagen, Pink-Floyd-artigen Psychodelic-ausflügen, klassisch anmutenden Stücken, elektronischen Klängen und Folk-passagen wandeln und den „Storystücken“ – mal minimalistisch und mal Bombastisch Inszeniert – gesetzt ist Theory of Everything viel straffer organisiert als 01011001 oder The Human Equation. Einen Augenscheinlichen Wermutstropfen: hat man sich als Hörer bei beiden vorangegegangenen Werke noch selbst dabei ertappt irgendwann die Refrains auswendig mitsingen zu können gibt es hier keine Refrains, und bedeutend weniger Redundanz was auf der einen Seite für die Masse an Ideen spricht, es jedoch auf der anderen Seite erschwert Zugang zu dem Werk zu finden. Aber das ist doch irgendwo der Reiz Progressiver Musik, oder? Es ist weder Easy Listening noch so abgefuckt progressiv dass es unhörbar wird und genau das macht auf der anderen Seite den Charme dieses Albums und von Ayreon aus. Bestach The Human Equasion noch durch perfekte Balance ohne voraussehbar zu werden, war 01011001 eine kontrastreiche Achterbahnfahrt die zwischen Sehnsucht, tieftrauriger Isolation, Weltschmerz, Verzweiflung und einem Tropfen Hoffnung verlief präsentiert  sich Theory of Everything im Wesentlichen Spielfreudiger und Ideenreicher sowohl in der Geschichte als auch in der Musik. Hierbei lässt  Lucassen zur Freude mancher Kritiker die Referenz an seinen „Forver“-Zyklus vollständig unter den Teppich fallen lässt und sich stattdessen mit einer Synthese aus der ergreifenden Menschlichkeit von The Human Equation und der nagenden Düsternis von 01 einer Geschichte Widmet die erneut die Grenzen des Menschen aufzeigt: Wie weit darf ein Mensch gehen um sein ziel zu erreichen? Sind Menschen bereit für die ganze Warheit? Ist das vielleicht etwas, was uns letztlich zerstört? Aber nicht nur der Philosophische Grundton der Geschichte oder der weniger Redundante Aufbau dieses Albums sind das was mich lächeln lässt und weswegen ich weiterhin sage dass Ayreon zur Speerspitze des Progressive Metal gehören: der Anspruch neue Wege zu gehen. Wenn ich mir vor Augen führe was sich beispielsweise Opeth haben anhören müssen nachdem sie auf ihrer aktuellen Scheibe „Heritage“ einen ähnlich radikalen Bruch vollzogen und gefühlten 50% ihrer Fanbase damit kräftig in die Zähne getreten haben muss man respektvoll nicken. Dieses Album ist absolut hörenswert und muss sich hinter den anderen Werken nicht verstecken. Und wenn es beim ersten Mal nicht zündet oder etwas zu dicht erscheint, würde ich dem Werk ein Paar durchläufe mehr spendieren. Ich für meinen Teil bin auf die Langzeitwirkung gespannt.

Meine Wertung:

9,5/10 Punkte

 

Das Album bekommt man hier

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