Coppelius - Tumult!

Coppelius auf dem Amphi Festival 2009 – Konzertbericht

Coppelius - Tumult!

Die große Ehre und Herausforderung, am 18.07. 2009 das V. Amphi Festival einzuläuten, wurde einer der wohl skurrilsten Bands der schwarzen Szene zuteil: Coppelius. Glaubt man ihren eigenen Aussagen, so musizieren die sechs Männer in Gehrock und Zylinder schon seit dem 19. Jahrhundert. Auch ihre Instrumente – ein Cello, zwei Klarinetten, ein Kontrabass und ein Schlagzeug – klingen eher … klassisch. Die Töne, die die Herren Coppelii ihnen entlocken, bezeichnen sie als Kammer-Core, und diese Musik entzieht sich einer klaren Einordnung, denn sie ist einfach einzigartig. Ebenso, wie die leicht kabarettistischen Auftritte der Band. Wer sie einmal live erlebt hat, muss sie einfach lieben!

Gegen 12 Uhr sammelten sich also die ersten Zuhörer unter den Schirmen des Tanzbrunnens und warteten gespannt auf das, was nun kommen sollte. Am Outfit ließ sich leicht erkennen, dass zwar einige eingefleischte Coppelianer (erkennbar an Geh- und Reifröcken sowie Zylinder) im Publikum waren, sich aber deutlich in der Minderzahl befanden.

Zuerst betrat Moderator Honey (Welle:Erdball) die Bühne und lieferte einen Auftritt, den man sich hätte sparen können. Nicht nur, dass er freimütig gestand, bis vor fünf Minuten noch nie etwas von dieser Band gehört zu haben (Bereitet man sich als Moderator eigentlich nicht vor?), bei dem Namen verhaspelte er sich dann auch noch grundlegend und kündigte „Coppeliklus“ an.

Doch rasch eilte Butler Bastille auf die Bühne und rettete die Situation, indem er erst einmal Instrumente und Deko entstaubte, wobei er zeitweise gegen heftige Nebelschwaden ankämpfen musste. Dazu erklangen klassische Töne aus dem Röhrenradio am Bühnenrand, die ihm offensichtlich auf Dauer nicht gefielen. Und so begab er sich auf die Suche, nach einem besseren Sender, drehte und drehte am Knopf, bis … ja! … das Intro  (der „Tanz der Zuckerfee“ aus Tschaikowskis „Nussknacker“) erklang.

Nun betraten die fünf Herren nacheinander die Bühne, begrüßten sich freundlich, nahmen ihre Plätze ein … und legten los mit einer langen Instrumentalnummer, die deutlich machte, dass das, was einen nun erwartete, alles andere als „verstaubt“ war. Bastille, von Begeisterung ergriffen, packte sich ein Becken, flitzte damit über die Bühne und schlug so lange darauf ein, bis die Metallplatte vom Ständer sprang und in den Fotograben fiel. Das war jedoch zum Glück der einzige Kollateralschaden dieses grandiosen Auftritts.

Weiter ging es mit Der Advokat und Schöne Augen. Bei letzterem versuchte Bastille sich erstmals wieder im Headbanging, was jedoch aufgrund seiner stark geschrumpften Lockenpracht nicht wirklich überzeugte. (Für Uneingeweihte: Nachdem auf einer Konzertreise dem Grafen Lindorf der Zylinder gestohlen worden war, schor sich Bastille aus Gram die schulterlangen Haare kurz.)

Noch waren die Reaktionen des Publikums eher verhalten, doch der emsige Butler ließ nicht locker mit seinen Versuchen, die Leute zum Mitklatschen zu animieren. Bei To my Creator wurde er auch selbst wieder aktiv, diesmal mit Schellenkranz und Rassel, die ihren Einsatz glücklicherweise überlebten.

Nach Urinstinkt wurde der Applaus schon lauter und zunehmend blieben Leute interessiert stehen. So wurde Graf Lindorfs Frage: „Mehr?“ nun auch lauthals bejaht und es folgte Habgier.

Den Ausklang bildete I Get Used to it, wobei während eines ruhigeren Abschnitts Bastille eine Laterne über dem Publikum schwenkte, das es ihm mit einem wogenden Händemeer dankte. Danach gab es einen furiosen und lange anhaltenden Applaus, dem Zugabe-Rufe folgten. Die Coppelianer waren daran zu erkennen, dass sie stattdessen, wie es sich gehört,  „Da Capo!“ schmetterten.

Doch bei den ersten Bands mit ihren Kurzauftritten von gerade mal einer halben Stunde sind Zugaben vom Veranstalter leider nicht eingeplant, was in diesem Fall wirklich sehr bedauerlich war, denn Coppelius hatten ihren Auftrag, das Publikum anzuheizen und auf die nächsten Auftritte einzustimmen, großartig erfüllt.

Aber nicht genug damit, dass eine Zugabe nicht möglich war. Als Bastille noch einmal auf die Bühne lief, um den Fans zumindest noch ein Trostwort mit auf den Weg zu geben, musste er entsetzt feststellen, dass man ihm das Mikro brutal abgedreht hatte. Unplugged und mit Hilfe aller, die wussten, was als Letztes bei einem Coppelius-Konzert kommen musste, brachte er die Botschaft aber doch noch herüber: „Coppelius hilft!

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