Coppelius - Tumult!

Coppelius – Tumult! (Review und Kritik)

Coppelius - Tumult!
Coppelius - Tumult!

Wooohoo, was ist das denn? „Kammercore“ nennen Coppelius, ein verrücktes Quintett, bestehend aus Max Coppella (Gesang, Klarinette), Sissy Voss (Kontrabass), Graf Lindorf (Cello), Comte Caspar (Gesang, Klarinette), Nobusama (Schlagzeug) und Bastille (Diener, Gesang, Schlagzeug, Erfrischungen, Korrespondenz, Erledigungen des täglichen Lebens), ihre Musik. Laut ihrer Biographie wurde die Band übrigens schon 1791 gegründet, auf der Uraufführung der „Zauberflöte“ von Mozart. Ihr erstes Konzert ist ähnlich lange her- 1803 wurde es der Gruppe von der damaligen Obrigkeit erst erlaubt, aufzutreten. Damals stellten sie das Rahmenprogramm für die Feierlichkeiten anlässlich der Entdeckung des Morphiums.

Nun, wenn ich euch jetzt noch nicht neugierig gemacht habe, ist euch nicht mehr zu helfen. Aber es wäre doch ganz interessant zu wissen, dass die Herren sehr erfolgreiche, später von Motörhead („1916“) und Iron Maiden (u.a. auf diesem Album „Charlotte the Harlot“) „geklaute“ Songs schrieben.

Amazon - SchattenschleierIron Maiden und Motörhead sind auch Referenzen, die mir beim Hören des Albums auffielen. Ansonsten höre ich, auch wegen der Instrumentierung, die Intchabokatables (Richtig geschrieben?) und Apocalyptica heraus, die eine sehr ähnliche Herangehensweise an Metal haben. Die Texte sind fast alle auf Deutsch gehalten und gehen von Schauerromantik („Das Amulett“) über die Erfahrungen der betagten Herren in der modernen Welt („Lilienthal“) bis sogar hin zu Aufarbeitungen des Songdiebstahls von Motörhead und Iron Maiden („Komposition“).

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Coppelius

Die Songs sind alle auf das erste Hören sehr ungewöhnlich, haben aber etwas cooles an sich, gerade durch die Klarinetten, die man, wenn überhaupt, so nicht hört, auch wenn diese extreme Geschmackssache sein können. Ein großartiges Beispiel an Spielkunst der beiden Klarinettenbläser ist z.B. „Charlotte the Harlot“, das die recht komplexe E-Gitarre durch Fingerfertigkeit ersetzt. Etwas wie Piratenstimmung kommt, nicht zuletzt dank Eric Fishs (Subway to Sally) Gastbeitrag, in „Rightfull King“ auf, einem Traditional. Es geht aber auch groovig wie Sau – „Komposition“, eine Neubearbeitung des eigenen Songs „Operation“, ist ein Midtempo-Groover erster Güte, anstatt mit Gitarren aber mit dem üblichen Coppelius-Instrumentarium gespielt- Schon jetzt einer der coolsten Songs des Jahres, genau wie „Operation“ es vor 2 Jahren war.

Viele Songs halten sich auf ähnlich hohem Niveau, gerade „Lilienthal“, das mit einem hübsch zynischen Text gesegnet ist, „Schöne Augen“, das sich, beinahe schon traditionell, mit E.T.A. Hoffmanns „Sandmann“ auseinandersetzt- Ein Kindergartenfreund der Band.  „Das Amulett“ verbreitet schöne Schauerstimmung, „Der Advokat“ ist musikalisch ein Highlight, das zwar textlich nicht ganz so stark ist, aber sehr gut ausgearbeitet. „Coppelia“ ist wunderbar leicht und luftig, eine Art Fortsetzung zu „Olimpia“, das noch vom Debüt stammt.


Fenriz
Fenriz

Fazit: Coppelius haben es geschafft, ein schönes Album zu produzieren und haben die Schwachpunkte des Debütalbums ausgemerzt. Insgesamt klingt die Band deutlich besser, eingespielter und routinierter- So routiniert, wie man nach 300 Jahren Bandgeschichte eben sein kann. Gesangliche Mängel gibt es kaum noch. Insbesondere Bastille hat sein Können enorm verbessert. Alle Songs bewegen sich an der 3-4 Minuten-Marke, keiner geht wesentlich drüber.  Einprägsamkeit – wohlgemerkt Einprägsamkeit, nicht Eingängigkeit ist eine der herausragenden Eigenschaften des Albums. Denn dieser irre Stilcocktail lässt keinen wirklich unberührt- Ob es einen anspricht oder eben abstößt, ist extreme Geschmackssache, insbesondere die Klarinetten klingen anfangs gewöhnungsbedürftig. Ich bin von diesem Album extrem begeistert, denn es ist abwechslungsreich und der Stil von Coppelius unverwechselbar. So viel Mut zu Innovation und Verrücktheit sollte es öfter geben, das ist lobenswert. Ein gutes Album, dem ich aber nur 8 Punkte gebe – Ich hätte nie gedacht, dass Coppelius ihr Debüt toppen könnten, geschafft haben sie es trotzdem, deswegen bin ich mit der Höchstwertung hier sehr vorsichtig. Aber 8 Punkte ist immerhin auch schon etwas – eigentlich eine Hörempfehlung für alle Fans von krankem Scheiss.


(8/10)8/ 10

Veröffentlichung: 30.01.2009

Homepage: www.coppelius-band.de

Tracklist:

  1. Vorwort
  2. Habgier
  3. Rightful King
  4. Zu Dir
  5. Komposition
  6. Der Advokat
  7. Schöne Augen
  8. Die Glocke
  9. Mondeslicht
  10. Coppelia
  11. Lilienthal
  12. Charlotte the Harlot
  13. Das Amulett
  14. Viel zu Viel
  15. Spring Doch
  16. Gedicht
  17. Nachwort

Anspieltipps:

  • Lilienthal
  • Coppelia
  • Schöne Augen
  • Rightful King
  • Das Amulett
  • Komposition

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