Blauer Lippenstift, merkwürdige Schminke – Dani Filth weiß zu polarisieren. Peaceville Records, die auch heute noch die Dreistigkeit besitzen seine Band Cradle of Filth als Black Metal Gruppierung an zu preisen, nicht weniger. Wer das Schaffen der düsteren Briten dabei ein bisschen mitverfolgt hat, ist nicht drum rum gekommen zu bemerken, dass die Mannen um den kreischenden Zwerg mit ihrem letzten Werk allerdings tatsächlich einer starken Rückebesinnung auf alte Glanzleistungen nachgekommen sind. Ihr neues Werk „Darkly, darkly Venus aversa“ soll diesen Weg weiter führen und dabei gleichzeitig wie „Iron Maiden auf Drogen“ klingen. Ob man sich da nicht etwas zu viel vorgenommen hat?
Fakt ist schon eimal, dass „Darkly…“ bretthart klingt. Die ersten Tracks wie „The Cult of Venus Aversa“ knüppelt man sich grade zu durch ohne Luft zu holen. Aber eben auch ohne an die wohl angestrebten Alben wie „Dusk and her Embrace“ heran zu reichen. Dafür klingen Cradle 2010 einfach zu aufpoliert, was ja an sich eher positiv ist, aber eben auch den Charme alter Veröffentlichungen ausmachte. Man geht den Weg den „Goodspeed on the Devil´s Thunder“ vorgegeben hat also durchaus konsequent weiter – leider ohne dabei mit nennenswerten Hits aufzuwarten. Cradle haben in den vergangenen 20 Jahren beides geschaffen – Alben die in sich stimmige Meisterwerke waren („Cruelty and the Beast“) und neuere, die mit einzelnen Hits glänzen durften („Thornography“). Diese Scheibe ist leider nichts von beidem.
Zwar ist ihr neuestes Werk technisch gewohnt mächtig, gut umgesetzt und mit Stücken wie „The Nun with the Astral Habit“ oder auch „Lilith Immaculate“ durchaus hörenswert, aber der Vergleich zu Iron Maiden scheint trotz einiger netter Riffs wirklich sehr weit her geholt. Dafür wirken besonders die ersten wirklich drauflos-preschenden Stücke einfach zu wirr und unkonstruiert. Pluspunkte sammelt diese Scheibe dafür an anderen Stellen.
Unter anderem eben auch beim Konzept, das gewohnt durchdacht und gut recherchiert die Geschichte einer gewissen Lillith erzählt. Den Namen hat man schon bei vielen Bands gelesen oder gehört aber was steckt dahinter? In einer knappen Stunde gibt uns das Album etwas Nachhilfe in Religion, denn bei erwähnter Dame handelt es sich um niemanden geringeres als Adams erste Frau (ja, noch vor Eva). Die gute Lillith hatte keine Lust sich Adam unterzuordnen, da der Lehm aus dem beide geschaffen wurden durch den Speichel des verstoßenen Erzengel Samael verunreinigt wurde. Kurzentschlossen verschwindet sie also aus dem Paradies und paart sich als einziger unsterblicher Mensch der nicht vom Baum der Erkenntnis gegessen hat tagtäglich mit den verschiedensten Mischwesen. Eine Menge Sex und düstere Geschichten also die uns die Kirche da vorenthält und sich hervorragend als Stoff für ein Album der britischen Dark Metaller verwenden lassen. Insbesondere wenn man bedenkt, dass Lilith in den unterschiedlichsten Quellen durch ihre Unmengen von Sprösslingen als „Mutter aller Vampire“ gilt, für die die Jungs ja schon immer ein gewisses Faible hatten.
Bleibt noch zu erwähnen, das Interessierte, die in das neueste Werk Cradle´s reinhören wollen, dies auf keinen Fall mit dem wenig repräsentativen Video zu „Forgive me father (I have sinned)“ machen sollten. So poppig wie dieser Track klingt nämlich nichts anderes auf der gesamten Scheibe, auch wenn CoF typisch oft auf weibliche Hintergrundstimmen gesetzt wird.
„Darkly, darkly Venus Aversa“ sei durch seine extrem schnell gespielten Titel all jenen an´s Herz gelegt, die mit Balladen im Stil von „Nymphetamine“ wenig anfangen konnten, sollte aber vorher Probe gehört werden. Denn wie gesagt – wirklich herausragende Stücke sind hier nicht gegeben und so sehe ich es leider eher als eine Mittelmäßige Veröffentlichung einer Gruppe die Technisch wirklich viel auf dem Kasten hat.
Fazit: Mir fehlt hier was. Zwar gefällt mir dieses Album wesentlich besser als das aktuelle des ewigen Vergleichsbeispiels Dimmu Borgir, aber vieles was für mich Cradle früher ausgemacht hat, ist einfach nicht mehr gegeben. Angefangen schon bei Dani´s Stimme, bei der ich schon bei den letzten Alben das Gefühl hatte das sie längst nicht mehr so hohe Töne trifft und damit so außergewöhnlich ist, wie früher. Dennoch muss man den Jungs zugute halten, dass diese Veröffentlichung all den Kommerzrufen bestimmt entgegen steuert. Kurzweilig kann man mit dem „härtesten“ Album das Cradle seit langem abgeliefert haben, sicher seine Freude haben, aber ein Meilenstein der Bandgeschichte ist diese Scheibe wirklich nicht. Neueinsteigern empfehle ich da eher die „Godspeed on the Devil´s Thunder“ – den alten Fans wünsche ich das die Enttäuschung nicht all zu groß ist.
Titelliste von „Darkly, darkly Venus aversa“
- The Cult of Venus Aversa
- One Foul Step From the Abyss
- The Nun with the Astral Habit
- Church of the Sacred Heart
- The Persecution Song
- Deceiving Eyes
- Lilith Immaculate
- The Spawn of Love and War
- Harlot on a Pedestal
- Forgive Me Father (I Have Sinned)
- Beyond the Eleventh Hour
Anspieltips:
> The Nun with the Astral Habit
> Lilith Immaculate
Erscheinungstermin:
29.10.2010
http://www.myspace.com/cradleoffilth