Dark Solitary: Fotografin Estra Dragon

Dark Solitary nimmt genau die Menschen unter die Lupe, die nicht im Rampenlicht der Bands stehen. Heute Fotografin Estra Dragon.

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Estra hat schon früh ihr Herz für die Fotografie entdeckt, zwar eine ganze Weile entsagt, aber schlussendlich wieder angefangen und zählt heute zu einer der größeren Konzertfotografen.
Sie scheut keinen Weg, sofern es berufstechnisch möglich ist, um an ein oder mehrere gute Bilder zu kommen. Auf den Festivals und Konzerten der Szene ist viel und gerne gesehen und auch einer meiner Top Favoriten.
Auch Estra hab ich einige Fragen gestellt und hier könnt ihr das Interview nachlesen:
Wie kamst du mit der Fotografie in Berührung? 20150124002452-2bd0d942-me

Als Kind, damals hat mein Opa mir eine Pentax Kompaktkamera geschenkt. Und irgendwie habe ich mein ganzes Taschengeld für das entwickeln der Filme ausgegeben. Bevorzugte Motive: Tiere und Wolken.

Hattest du schon als Kind den Traum die Kamera in der Hand zu halten ?

Ehrlichgesagt nicht wirklich. Damals war ich als Kind und Jugendliche mit anderen Dingen beschäftigt. Als mir der Weg jedoch verbaut wurde, hab ich mich wieder auf’s Beobachten durch den Sucher konzentriert. Als ich dann angefangen hab auf Konzerte zu gehen und meine erste 1,3 Mega Pixel Digi hatte, hab ich Blut geleckt. Damit hab ich dann auch mein erstes publiziertes Foto geschossen.

Gibt es für dich bevorzugte Motive?
Oh ja, Konzerte: Bunte Lichter, Haare und Nebel. Im Idealfall die Stimmung einzufangen. Die Interaktion Musiker-Publikum. Überhaupt liebe ich es in Situationen abzudrücken, bei der ich die Szenerie nicht wirklich beeinflussen kann. Das hat man nicht nur bei Konzerten, sondern auch bei der Arbeit mit Tieren oder Kleinstkindern. Solche Shootings liebe ich ja wirklich, besonders die Sekunden zwischen den gezielten Aufnahmen. Eine Mama die in der Pause kurz ihren Sprössling knuddelt und dabei vergisst, dass ich das Equipment immer noch in der Hand habe. Einfach dieser kurze Augenblick der reinen Beobachtung. Lost Places sind super interessant… leider werden diese immer weniger. Die wenigen die es bei mir in der Region gibt verschwinden oder sind nicht mehr gefahrlos zugänglich. Bei normalen Shootings komme ich regelmäßig ins Schleudern, besonders wenn es Auftragsarbeiten sind. Irgendwie klappt es zwar immer die Leute so zu motivieren, dass das Ergebnis stimmt. Oft entstehen im Nachhinein betrachtet super lustige Situationen. Mir fällt es jedoch sehr schwer fremde Personen in ihren Bewegungen oder Mimiken herum zukommandieren.
20130709204604-9c769bf2-meWas bedeutet es für dich Fotos zu machen?
Bei Konzerten ist es wie purer guter Sex. Der Kopf ist absolut frei von allen anderen Gedanken. Mir ist es in diesen Momenten nicht mal mehr wirklich bewusstbewusst, dass ich im Gedrängel stehe. Man muss dazu erwähnenerwähnen, dass ich große Menschenansammlungen überhaupt nicht mag, ist mir viel zu wuselig. Das Einzige mit dem ich mich in diesen Momenten beschäftige ist die Jagd nach Bildern, ohne dabei mit Ellenbogen durch das Publikum zu kämpfen. Wo kann ich hin ohne zu stören? Wie bekomme ich aus der Position im Idealfall geile Schüsse durch die feiernden Menschen hin, bei denen man zu einhundert Prozent sieht das es sich um Konzertbilder handelt? Wie schaffe ich es zu den befreundeten Grüppchen ohne irgendjemanden zu berühren oder versehentlich anzurempeln. Ich persönlich bevorzuge bei Konzerten Arme im Bild. Noch so ein unbeeinflussbarer Zusatzpunkt. Künstler, Mimik, räumliche Gegebenheiten so wie das Licht kann ich ja sowieso nicht beeinflussen. Als ich selber noch reiner Konzertgänger war, ist mir dieses rücksichtslose Verhalten einfach sehr negativ in Erinnerung geblieben: Wie sehr sich manche Leute mit Kamera ohne Scharm durch die Leute drängeln.20130927174409-72047848-me Dauerhaft im Weg stehen, oder einen zur Seite schieben. Kurz fragen ob sie für ein paar Fotos vorbei dürften, was ja ok ist, und dann hat man den Rest des Konzertes einen großen, stabil gebauten Kerl vor sich stehen und sieht nichts mehr wenn er nicht weiterzieht. An eine Szene erinnere ich mich z.B. noch sehr gut. Da hat ein Fotograf meiner Freundin den Arm runter gedrückt und sie angeranzt, dass sie gefälligst aufhören sgekommen,tanzen, das würde ihn beim „Arbeiten“ stören. Dabei hatte er davor bereits 4 Songs aus dem Graben fotografiert und sich dann zu uns hinter die Absperrung gedrängelt. Meinen Erfahrungen nach geht es auch wirklich anders. Selbst bin ich bis jetzt nur sehr selten in Situationen gekommen, bei denen ich mit Freundlichkeit und gegenseitige Rücksichtnahme den Kürzeren gezogen hätte. Ganz im Gegenteil, ständig wollen mir wildfremde Menschen Platz machen, oder ziehen verlegen ihre Arme aus der offensichtlichen Schussrichtung. Dabei will ich das doch gar nicht. Ich möchte doch Fotos die zeigen: „Guckt mal, diese Band hat Publikum und das ist kräftig am Feiern!“ Denn genau das NICHT vorhanden sein des freien Schussfeldes ist ja das was mich so reizt. Vorne aus dem Graben ist ja verhältnismäßig einfach, aber es fehlt mir ehrlichgesagt etwas. Außerdem finde ich es nicht besonders spektakulär Nasenhaare zu fotografieren. Gute Shows sind nicht nach vorne unten ausgelegt, sondern nach gerade aus. Der wichtigste Mensch bei solchen Veranstaltungen ist schließlich nicht der Künstler der auf der Bühne rum hopst, sondern die Leute die welche dafür gezahlt haben einen geilen Abend zu verbringen. Oft verlasse ich deswegen schon vor dem Ablauf der Graben-Zeit diesen Bereich wenn ich denke mein Pensum an Nahaufnahmen erfüllt zu haben. Hin und wieder, bei zeitlicher Begrenzung der Fotozeit, würde ich mir jedoch wünschen nicht nur Schattenspiele im Nebel zu fotografieren.

Bist du der Meinung, dass man wie es so schön gesagt wird, das visuelle Auge, den visuellen Blick für die Fotografie braucht ?

 

Jain, es gibt verschiedene Wege. Ich kenne Fotografen, die haben das definitiv überhaupt nicht, jedoch ein absolutes Händchen für die Technik (der Moment des Abdrückens und in der Kunst der Bearbeitung) … dann gibt es wiederum Fotografen, denen man in die Hand geben kann was man will und wenn sie Abdrücken erscheint eine visuell ansprechende Explosion der Emotionen auf dem Display, erfahrungsgemäß haben diese Leute dann aber keinen wirklichen Plan von der Technik. In dem Moment, in dem jemand beides hat, dann entstehen die richtig geilen Photos. Aber am Ende entscheidet der Betrachter über den Faktor seines visuellen Wohlbefindens wenn er das Bild betrachtet. Und hier sind die Ansprüche auch mannigfaltig.

 

Welches war dein bewegendster Moment im Bezug auf die Fotografie?

20141102223922-517c038a-meSehr beindruckend ist die Selbstverständlichkeit wie man unter vielen Kollegen sich mit Equipment aushilft. Objektive werden für einige Aufnahmen getauscht, man hilft sich mit Speicherkarten und Akkus gegenseitig aus. Die Gespräche „Wie machst Du das?“ und das gegenseitige voneinander lernen und profitieren. Wo einfach mal das Konkurrenzdenken nicht existent ist. Dieses freundliche Miteinander unter Kollegen finde ich sehr bewegend. Jeder hat bei den Bildern seinen eigenen Style, jeder macht sein Ding. Find ich gut, und auch wenn mir ein Style selber nicht gefällt, heißt das nicht automatisch, dass man miteinander nicht freundlich umgehen kann. Auf einem Konzert letztes Jahr hatte meine Haupt-Cam einen totalen Systemabsturz gehabt. Die Hilfsangebote der Fotografen-Kollegen waren wirklich beeindruckend. Am Ende stand ich für das Bandabschlussfoto mit vollkommen fremdem Equipment auf der Bühne. Solche Momente beeindrucken mich immer wieder.
Welches war dein negativster Moment?

Ich hatte davon zwei, beide in Leipzig. Beim ersten Mal, das war bei meiner Lieblingsband, die Einzigen die ich in meiner Konzertpause noch hin bin: Dafür bin ich dann auch zu allen Terminen der Tour. Vor diesem Tour-Block bin vorher noch extra nach mal von Freiburg über Berlin gefahren um mir eine Leihkammera abzuholen. So stand ich in der Menge vor einem Pfeiler mitten im Raum. Und war am rumprobieren was die geliehene 5d mit dem 70-200mm, im Gegensatz zu meiner damaligen 350d und den Objektiven, so alles kann. Nach dem ich endlich einen groben funktionsüberblick hatte… Da klopft mir ein netter Mitarbeiter der Lokation auf die Schulter, bittet mich zur Seite wo er mir eröffnet, dass Fotografen in ihrem Haus nach 3 Songs die Veranstaltung zu verlassen hätten. Draußen -10° C. Ich durfte nach ein wenig hin und her drin bleiben aber auf keinem Fall weiter fotografieren. An dem Abend war das perfekteste Licht der ganzen Tour, welches mir selbst mit meinem damals für einfache Produktfotografie ausgelegtem Equipment schöne Fotos beschert hätte. Ich stand in der Menge und hab nur am Rande mitbekommen, dass es auch Sound und Stimmungsmäßig das geilste der Konzerte war. Genossen habe ich an dem Abend überhaupt nichts mehr. Ich wollte eigentlich nur noch tot umfallen. Beim zweiten Mal wurde ich damit konfrontiert zu was „Kollegen“ die einen auf dem Kicker haben fähig sind. Da wurden Groupies dazu angestiftet sich neben mich zu stellen und so rumzupogen das es aus Versehen durch aus passieren könnte das mir das Equipment herunterfallen könne. Nach dem ich zum X-mal einen Ellenbogen schmerzhaft in den Rippen spüren durfte, habe ich meinem Platz hinter meinen Freunden verlassen und einen viel besseren weiter hinten bekommen. Bei sehr viel freundlicheren Menschen. Nach dem Konzert wurde mir grinsend ins Gesicht gesagt: „Siehst Du was passiert wenn man sich mit mir anlegt“. Erst da hab ich begriffen, dass die Mädels nicht nur einfach rücksichtslos am Feiern waren. Hat mich ziemlich Schockiert. Es gibt noch einen weiteren, der hatte jedoch nicht wirklich was damit zu tun das ich selber Fotografiert habe, eher damit, dass ich nicht durfte.
Hast du auch den Lauf DAS perfekte Bild zu bekommen ?
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Natürlich, jedoch gehe ich bei Konzerten dafür nicht über Leichen. Das perfekte Bild fällt für mich direkt aus der Kamera und spiegelt den Moment dar, wie er in Wirklichkeit war. Dazu gehört für mich nicht an den Farben zu drehen. Auch wenn man mit Bearbeitung und diverse Filter durch aus etliches Aufwerten kann. Jeder Fotograf entwickelt seinen eigenen bearbeitungsstyle und das finde ich gut. Wäre ja total langweilig für den Fan die gleichen Bilder zu betrachten wenn das einzige Unterscheidungsmerkmal der 12 Fotos des gleichen Momentes der Blickwinkel der Fotografen wäre, die alle in einer Reihe gestanden haben. Da ich meine überwiegend Out-Of-Cam-Bilder mit den Top bearbeitenden Hochglanz Aufnahmen vergleiche, behaupte ich immer NICHT Fotografieren zu können. Etwas für was das mir meine Freunde regelmäßig Schläge androhen. Konzertfotos, sind jedoch einfach keine Shooting Bilder wo man noch im Nachhinein natürlich noch großartig korrigiert. Jedenfalls für mich nicht. Bearbeitet wird nur, wenn es zu dunkel war.
Henri Cartier Bresson hat gesagt: Fotografieren, das ist eine Art zu schreien, sich zu befreien … Es ist eine Art zu leben.. Stimmst du dem zu?
Warum? Schreien? Kommt auf die Art der Fotos an. Berichterstattung aus Krisengebieten oder spezielle Shootings durchaus. Meine sind kein Schrei. Eine Art sich zu befreien und zu leben, dieses mit Sicherheit. Für mich ist die Bilderjagd der schönste Weg ein Konzert zu genießen. Ohne geht es nicht, ich schaffe mich nicht auf die Musik zu konzentrieren.
Dein Traumziel, wen oder was du mal fotografieren möchtest?
Tschernobyl

Vielen lieben Dank an Estra Dragon, dass sie sich die Zeit genommen hat. Hier könnt ihr euch nun noch einen kleinen Einblick in ihr Können machen:

 

www.oberirr.de

About >puregatory<

Ich bin ein Mensch für den Musik eine wichtige Rolle im Leben spielt.... wie heisst es so schön ... da wo Worte nicht mehr weiter wissen, setzt die Musik ein .. da ist was wahres dran. Ich schreibe gerne , lese, fotographiere. Schreibe selber Gedichte und Songtexte für diverse Künstler. Sich weiter zu entwickeln finde ich sehr wichtig , denn ich bin der Meinung still zu stehen macht einen auf Dauer krank. Wer irgendwelche Fragen an mich hat, kann mich gerne kontaktieren.

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