Der Herbst des Einsamen

Eden weint im Grab – Der Herbst des Einsamen (Review und Kritik)

Der Herbst des Einsamen
Der Herbst des Einsamen

Der berliner Musikjournalist, Poet und Musiker Sascha Blach, auch bekannt unter dem Pseudonym „Alexander Paul Blake“ bewies auch neben seiner Tätigkeit als alleiniger Kopf von „Eden weint im Grab“ schon mehrfach sein Talent als Autor von melancholischer, tiefschwarzer Lyrik. Hauptsächlich natürlich als Textschreiber mehrerer weiterer Musikprojekte und Bands, aber auch in seinem kürzlich erschienen Gedicht- und Prosabuch „Trümmerpfad zur Transzendenz“, welches jedoch nicht nur Blachs Texte, sondern auch eine CD enthält, auf der einige seiner Gedichte zu einer ambient-artigen Klangkulisse zum Vortrag gebracht werden. Ähnlich dem präsentiert sich nun „Der Herbst des Einsamen“, das neueste Album von Eden weint im Grab – es ist somit musikalisch also gänzlich anders als die bisherigen, am Metal orientierten Alben des Projektes. Und noch in einem weiteren Punkt unterscheidet sich das neue Album grundlegend von der bisherigen Diskografie.

Dieses Mal stammen die vertonten Gedichte nämlich nicht von Sascha Blach beziehungsweise Alexander Paul Blake selbst. Vielmehr entsprangen sie der Feder von Georg Trakl, einem expressionistischen Dichter, der um die Jahrhundertwende lebte und der im ersten Weltkrieg an einer Überdosis Kokain verstarb. Ähnlich den bisherigen Texten von Blach behandeln auch seine Gedichte hauptsächlich Themen wie Melancholie, den Herbst und den Tod in einer sehr bildhaften Sprache, die reich an Symbolen ist – Grund genug für den Versuch, eine Auswahl seiner Werke, 12 an der Zahl, mit der Musik von Eden weint im Grab zu einem hoffentlich stimmungsvollen Ganzen zu verschmelzen.
Das Resultat dieses Unterfangens hat, wie schon erwähnt und wie schon lange seitens der Band angekündigt, logischerweise nicht mehr allzu viel mit Dark Metal zu tun – das heißt, mit „Dark“ definitiv noch eine ganze Menge, aber vom Metal ist praktisch nichts mehr geblieben. Die Gitarrenriffs sind nicht mehr vorhanden, sie mussten nun einer Ambient-ähnlichen Musikbegleitung weichen, welche sich weitaus atmosphärischer und detailreicher als noch bei „Trümmerpfad zur Transzendenz“ präsentiert. Oftmals erinnert sie an die bedrückenden Töne einer Orgel, was der düsteren, feierlichen Stimmung der Gedichte zugute kommt.

Alexander Paul Blake
Alexander Paul Blake

Doch nicht alles, wenn auch das meiste, ist düster – mehr als einmal wird das Ganze auch durch hellere, klavierartige Klänge aufgelockert. Einige Stücke, paradoxerweise auch das textlich eher verstörende „Vorhölle“, wirken zusammen mit der klanglichen Begleitung eher beruhigend und entspannend als unheimlich. Die Texte werden nicht gesungen, sondern ausschließlich rezitativ und mit einer sehr dunklen Stimme vorgetragen. Hin und wieder kommen aber auch die für Eden weint im Grab typischen Screams zum Einsatz – ein Musterbeispiel hierfür ist der gerade deswegen sehr gelungene „Siebengesang des Todes“. Nur selten jedoch verbinden sich (Sprech-)Gesang und Instrumentalbegleitung so, dass man das Ergebnis wirklich als „Lied“ bezeichnen könnte. Die Melodien sind, wenn überhaupt vorhanden, eher verhalten. Es handelt sich größtenteils wirklich nur um eine Klangkulisse, um Soundeffekte, mit denen versucht wird, die Stimmung der Gedichte zu unterstreichen.


Und dies ist, auch wenn es durchaus gelingt, auch das Problem des Albums. Das ewige, langsame Rezitieren zu größtenteils düsteren Klängen wird schnell eintönig und vermag zunächst kaum, wirklich zu fesseln. Ambient ist, anders als die gewohnte Musik von Eden weint im Grab, alles andere als Musik für viele Gelegenheiten. Tatsächlich muss sich der Hörer in einer bestimmten Stimmung befinden, um sich auf diese Musik überhaupt einlassen zu können. Ist diese Stimmung vorhanden und geht man ohne vorgefasste Erwartungen an das Album heran, dann kann man durchaus auch Gefallen an „Der Herbst des Einsamen“ finden. Wenn nicht, ist das Album tendenziell ungenießbar. Angesichts der gewöhnlich sehr eingängigen Musik von Eden weint im Grab ist Enttäuschung bei sehr vielen Fans somit geradezu vorprogrammiert.

RidleyFazit:
Als ich begann, mich in dieses Album hineinzuhören, hatte ich eigentlich schon eine vage Vorstellung davon, was mich erwarten würde. Mir war lange bekannt, dass sich Eden weint im Grab hier vom Metal entfernen würden, auch besitze ich bereits die Gedichtvertonungen von „Trümmerpfad zur Transzendenz“. Doch als ich es dann erstmals komplett hörte, ergriff mich doch so viel Enttäuschung, dass ich mich über Tage nicht mehr dazu motivieren konnte, mich weiter mit dem Album zu beschäftigen. Danach jedoch übte die Musik definitiv einen gewissen Reiz auf mich aus. Ersteres wird nun wohl bei den meisten Hörern der Fall sein, die mit Eden weint im Grab bisher vertraut waren, Zweiteres vielleicht nur bei einem Bruchteil dieser. Probehören ist daher unbedingt Pflicht. Was mich angeht – meine Enttäuschung hierüber ist nicht gänzlich gewichen, auch wenn ich dem Album eine gewisse Qualität zubilligen muss. So kann ich nur hoffen, dass „Der Herbst des Einsamen“ nur ein kleines Zwischenkapitel in der Geschichte von Eden weint im Grab ist und nicht die musikalische Zukunft des Projektes darstellt.

Trackliste:

  1. An die Verstummten
  2. De Profundis
  3. Traum des Bösen
  4. Menschliche Trauer
  5. Elis
  6. Sebastian im Traum
  7. Vorhölle
  8. Siebengesang des Todes
  9. In ein altes Stammbuch
  10. Klage
  11. Verwandlung des Bösen
  12. Gewitterabend


6,5
6,5

Anspieltipps:
-Menschliche Trauer
-Vorhölle
-Siebengesang des Todes


Erscheinungstermin:
6.11.2009

Eden weint im Grab – Homepage
Eden weint im Grab auf MySpace

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