Elektronischer Jahresausklang: Das Electronic Dance Art Festival 2013 in Langen bei Frankfurt am Main.

Jahresende 2013. Die Weihnachtsfeiertage hat man mehr oder weniger voll gefressen und gut überstanden. Da sollte man sich doch etwas Ruhe gönnen, bevor eine Woche später erneut für den großen Jahreswechsel 2013/2014 aufgetischt wird.

Denkste…

Wir schreiben den 28.12.2013. Ich mache mich, schwarz gekleidet und gestiefelt, auf, um mich auf dem Electronic Dance Art Festival 2013 in Langen zum Jahresende elektronisch berieseln zu lassen. Nun ja, das Wetter ist nicht das beste. Auf dem Weg nach Langen schüttet es wie aus Eimern, aber das soll die Stimmung nicht trüben. Zum Glück ist das Festival ja in einer Halle. Der Abend hat einiges zu bieten. Insgesamt sieben Bands werden an diesem Abend auftreten.

Die Vor-Vor-Bands

Das harte Los der zuerst auftretenden Band liegt auf den Schultern von X-Divide, eine Synthypop-Combo aus Köln. Auch mir fällt es schwer mich gleich zu Beginn um 17.30 Uhr zu der überschaubaren Menge, die sich vor der Bühne tummelt, zu gesellen. Aber ein schelmischer Blick ist gestattet und auch die Ohren verraten, dass es sich um etwas Ordentliches handelt. Der Sound erinnert an eine etwas ruhigere Variante von VNV Nation. Geht schön ins Ohr und lädt zum Schunkeln ein.

Kurz darauf folgt Binary Park, ein britisch/deutsches Musikprojekt, die ich mir nun endlich genauer ansehe. Auffallend ist der Unterschied zwischen den beiden Herren im Hintergrund, Alfred Gregl und Torben Schmidt, die sich um Programmierung und Musik kümmern, und dem Sänger Huw Jones, der eine sehr ruhige Kugel zu schieben scheint. Sein eher schlenderndes auf- und abgehen verwundert etwas, da die Musik einiges an Bass und Abwechslung (
„different electronic styles from darkstep to industrial and from electro to deep noisy ambient“, Facebookseite der Band) zu bieten hat. Persönliches Fazit: die Musik geht in die Beine und man blickt hoffnungsvoll in die Zukunft. Die Bühnenpräsenz hat jedoch noch ein bisschen Luft nach oben.

Dann kommen die seit 2010 existierenden TORUL, mein persönliches Vor-Vor-Band – Highlight, auf die Bühne. Drei junge Männer aus Slowenien, die eine Mischung aus Dark Wave, Indie- und Electropop spielen. Gründer und Namensgeber der Band ist – kein Witz -Torul Torulsson. Sehr cool, da sie einen Gitarristen an Bord haben, der die Musik wesentlich greifbarer macht, und auch einen Sänger, der auch aufgrund seiner starken Stimme gegen die dröhnende Musik ankommt. Im Hintergrund flackern verschiedene Videos (u.a. von dem gesellschaftlichen, schnellen Leben in einer Großstadt), die der Musik Dynamik verleihen.

Die Vor-Bands

Nachdem sich die schwarze Meute mehr und mehr zahlreich vor der Bühne versammelt hat, treten  Pascal „Cyrex“ Beniesch und Jan „Sine-x“ Teutloff alias [x]-Rx aus dem Schatten in das Licht der Bühne. Die ruhige Stimmung und das sanfte Mitschunkeln ist vorbei. Kracher wie „Stage 2“, „Tanz Schlampe!“ und „Kein Herz“ treiben die Menge zum stampfen an. Auf den Befehl „Put your hands in the air! Welcome to the show!“ aus dem Song „Escalate“ reissen die Fans begeistert ihre Arme in die Höhe. Nicht nur Cyber-Anhänger geraten hier ins schwitzen. Neuen Schwung verleihen die immer wieder präzise eingesetzten starken Verzerrungen der Bässe und zwei gut gelaunte Protagonisten. Ein schöner Vorgeschmack auf das, was noch kommen mag.

Nachdem [x]-Rx so richtig eingeheizt hat, erscheint die seit 2013 wiedervereinte Synthpop/Futurepop – Formation NamNamBulu auf der Bühne. Durch ihren Sänger Henrik Iversen klingen die Songs sogar ein bisschen nach Wave. Vasi Vallis befindet sich im Hintergrund und ist für die musikalischen Arrangements zuständig. Neben andern Hits spielen sie ihre aktuelle Single „Sorry“, die es nicht im freie Verkauf gibt, sondern nur auf den einzelnen Konzerten der Band zu erwerben ist. Eine schöne Abwechslung von hämmernden Bässen und poppigen Rhythmen, die auch bei den Größen des Abends deutlich wird.

Die Haupt-Acts

Jetzt geht es los. Spätestens jetzt merke ich: ein halber Liter Bier im Becher in Kombination mit der nun folgenden Band war eine schlechte Idee. Raue Klänge und Bilder, die nicht für die zart besaiteten unter uns geeignet sind, gehen jetzt Hand in Hand. Johan Van Roy schlägt mit seiner Band Suicide Commando mit dem Aggrotech nur so um sich. Eröffnet wird die One-Man-Show mit dem Clubkracher „Bind, Torture, Kill“, gefolgt von „Death Cures All Pain“ und „God Is In The Rain“. Auch vom aktuellen Album „When Evil Speaks“ hat er den Fans was mitgebracht: die aktuelle Single „Unterwelt“ hämmert aus den Boxen. Van Roy ist ein Entertainer und ständig in Bewegung. Neben den üblichen Bässen werden die Songs durch einen Drummer unterstützt, der durch seinen Einsatz die Musik wesentlich organischer und dynamischer macht.
Im Hintergrund werden die Besucher mit Bildern von Suizidenten, sterbenden oder bereits toten Menschen konfrontiert, denen bereits der Prozess des Verfalls anzusehen ist. (Mark Benecke als Special Guest? Leider nein.) Untermalt wird dies mit dem Satz „Each year approximately one million people die from suicide“ aus dem Hit „Cause Of Death: Suicide“. Die Menge tobt und schwitzt. Die Stimmung ist energiegeladen und explosiv.

Bier verschüttet? – Passiert.

Wer nach diesem gelungenen Auftritt den Saal verlässt, ist selber Schuld. Last but not least besteigen die Könige des Futurepop, VNV Nation, die Bretter, die die Welt bedeuten. Und die nächsten knapp zwei Stunden werden großartig, denn: Ronan und auch Mark Jackson am Schlagzeug sind sehr gut drauf. Die aufgeheizte, nicht müde zu bekommende Menge wird mit dem Powersong „Retaliate“ aus dem aktuellen Album „Transnational“ zum Auftakt begrüßt, gefolgt von „Sentinal“ und „Chrome“. Auch „Tomorrow Never Comes“, „Control“, „Space In Time“ und „The Farthest Star“ dürfen nicht fehlen. Aber auch ruhigere Songs wie „Illusion“ und „Nova“ werden gespielt und führen zu gezückten Feuerzeugen. Die Stimmung ist unbeschreiblich und das sieht man besonders in Ronans Gesicht. Er springt, rennt und albert auf der Bühne herum. Er kommt aus dem Grinsen nicht mehr raus und bedankt sich bei Santa für dieses wunderbare Geschenk. Ein echter Sympathieträger, den man einfach lieb haben muss.

Um etwa ein Uhr in der Nacht ist das „Mini-“Festival nach phänomenalen acht Stunden zu Ende. Die Füße sind platt getanzt, das Bier wurde raus geschwitzt, man ist müde und zugleich überglücklich. So sollte jedes Jahr zu Ende gehen.

Auch nächstes Jahr wird das Festival sicherlich wieder stattfinden und ich werde dabei sein!

In diesem Sinne wünsche ich euch eine gutes neues Jahr 2014 mit vielen Liveacts und tanzbarer Musik!

Ein großes und liebes Dankeschön an Jan „Beagle“ van der Meulen für die freundliche Verwendungsgenehmigung der zu sehenden Fotos.

About Poes Rabe

Was schreibt denn da als Redakteurin für Dark News über Literatur, elektronische Musik und Konzerte? Es handelt sich dabei um Poes Rabe, der, anders als erwartet, weiblich, hellhäutig und mit rotem Hauptgefieder gekrönt ist. Namentlich ist dieses Exemplar als Saskia Schäfer bekannt. Das 1990 geborene Rabentier ist Studentin an der Philipps-Universität in Marburg und besucht ebenfalls die Deutsche POP Akademie in Frankfurt am Main.

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