Fetisch:Mensch - Manchmal

Fetisch:Mensch – Manchmal (Review und Krtik)

Fetisch:Mensch - Manchmal
Fetisch:Mensch - Manchmal

Seit zwanzig Jahren gehört Oswald Henke zu den kreativsten und lyrischsten Musikern der deutschen Gothic-Musik. Zusammen mit Mindy Kumbalek hatte er über viele Jahre lang mit Goethes Erben großen Erfolg. Seit der Pause von Goethes Erben tat sich Oswald Henke als Autor von nunmehr drei Büchern und zahlreichen gesellschaftskritischen Texten hervor. Oswald Henke hat nie ein Blatt vor den Mund genommen – auch nicht im aktuellen Fetisch:Mensch Album „Manchmal“, das er zusammen mit Jochen Schobert (Ex-Artwork), Tim Hofmann und Dirk Törppe aufgenommen hat. Im nachfolgenden Review lest ihr ob es sich lohnt dieses Album anzuschaffen.

Tim Hofmann
Tim Hofmann

Zuallererst sei gesagt, dass es „Manchmal“ nicht als CD sondern nur als kostenpflichtigen Download zu erwerben gibt. Damit möchten die Herren von Fetisch:Mensch darauf aufmerksam machen, dass die Musik ihre Bedeutung fast vollständig verloren hat und zu einer einfachen Datei verkommen ist. Dies hat aber auch Vorteile, denn so wurden auch Produktionskosten gespart (so eine CD-Produktion ist immer noch nicht so ganz günstig), dies wirkt sich auch im Preis aus: das komplette Album ist in diversen MP3-Stores für 5-8 Euro zu erstehen. Kommen wir nun aber zur Musik. Hier sei erwähnt, dass es sich um kein alleiniges Projekt von Oswald Henke handelt. Während er damals bei Erblast, Goethes Erben und aktuell HENKE so ziemlich alles allein bestimmt, handelt es sich bei Fetisch:Mensch um eine gleichberechtigte Banddemokratie, will heißen: jedes Bandmitglied ist in der musikalischen Gestaltung gleichberechtigt. „Manchmal“ klingt keinesfalls nach Goethes Erben, Erblast oder Artwork. Mit diesem Album gehen die Herren zum großen Teil neue musikalische Wege, die man bisher keinen der beteiligten Musiker so recht zugetraut hat.

Jochen Schoberth
Jochen Schoberth

Schon in den ersten Akkorden des Openers „Kinderherzen“ wird klar: die Musik von Fetisch:Mensch ist sehr rockig ausgefallen. Die Gitarre hat im aktuellen Werk eine sehr dominante Rolle eingenommen. Gleich beim ersten Hören ertappt man sich beim rhythmischen Mitwippen. Doch dies ist nicht alles was es zu entdecken gibt, da sich die rockigen Passagen mit eher ruhigen und melodischen Passagen abwechseln. Diese sind wiederum durch elektrische Klangerzeugnisse gekennzeichnet. Häufig dienen diese ruhigen Passagen dazu Oswalds typischen Sprechgesang zu untermalen. So entstehen in manchen Songs die lieb gewonnen „laut-leise“-Strukturen wie man sie in dieser Form z.B. von den Pixies kennt. Songs wie „Narbengarten“ oder „Sonnenkinder“ sind gute Beispiele für diese Songstrukturen. Dann gibt es aber auch sehr ruhige Songs wie „Lass mich…“ und „Fetisch:Mensch“. Durch die ruhige und zurückhaltende Instrumentalisierung kann sich der Hörer ganz auf den vorgetragenen Text konzentrieren – und doch: auch hier handelt es sich um schöne und passende Melodien. Es gibt nur wenige Alben wo die einzelnen Songs so durchdacht und komponiert wurden. Jeder Song steht für sich – textlich und musikalisch. Trotzdem ergeben die Songs in ihrer Gesamtheit ein wunderbares Gesamtwerk, in der behutsam ein Stein auf den anderen gebaut wurde. Lediglich die letzten drei Lieder bilden da eine Ausnahme, da diese sehr elektrisch sind und eher an die früheren Erblast-Stücke erinnern. Zuerst ist man als Hörer ein wenig verwirrt so spät im Album noch mal solch eine gravierende stilistische Änderung wahrzunehmen. Versteht mich nicht falsch, es handelt sich auch hier um wirklich gute Songs. Doch reisen sie einen aus der Stimmung der vorangegangen Songs heraus.

Oswald Henke
Oswald Henke

Was gibt es textlich zu entdecken? Nun, Oswald hat typischerweise alle Songs selbst geschrieben. Der Bandname „Fetisch:Mensch“ steht dabei auch für das inhaltliche Konzept der Texte. Sie handeln von den verschiedenen Facetten des menschlichen Lebens: Liebe, Schmerz und Nachdenklichkeit. Im Großen und Ganzen vermitteln sie eine sehr optimistische Sicht auf die verschiedenen Probleme, die das Leben eines Jeden von uns so mit sich bringt. Egal ob Narben, Tränen oder Unsicherheit: wichtig ist es nach vorn zu schauen. Wenn schon nicht auf ein Morgen, dann eben auf das Übermorgen. Und was in meinen Augen noch viel wichtiger ist: die Texte machen dem Hörer deutlich wie wichtig es ist Vertrauen zu einem anderen Menschen zu haben. Sich fallen zu lassen und zu vertrauen. Und obwohl sie aufzeigen, dass der Mensch mehr als nur die Summe aller Körperteile ist, gibt es ebenso auch nachdenkliche Texte. Und was das wichtigste ist: Oswalds Texte sind zwar lyrisch, aber so geschrieben das jeder über sie nachdenken kann. Ich würde sogar sagen, dass in diesem Album die bisher besten und schönsten Texte Oswalds vertont sind.

Fazit:

Ich wüsste gerade nicht, was man ernsthaft an diesem Album kritisieren könnte. Gut, den etwas übertrieben Stilwechsel zwischen Track 8 und 9 mal abgesehen. Aber sonst stimmt einfach alles: Songwriting, Komposition und Instrumentalisierung. Endlich mal wieder ein Album, welches von vorne bis hinten mit musikalischen Ohrwürmern und textlichen Kunstwerken aufwarten kann. Ja, manchmal ist so eine Banddemokratie eben doch besser als die Kunstdiktatur!

Tracklist:

1. Kinderherzen
2. Ich fang Dich auf
3. Blauer Sonnenstrahl
4. Lass mich…
5. Fetisch:Mensch
6. Narbengarten
7. Sonnenkinder
8. Zwischenseelenträume
9. Minenfeld
10. Nicht heute aber morgen
11. Manchmal

8,5/10
8,5/10

VÖ: bereits erhältlich
Label: Etage Music

Anspieltipps:

– Ich fang Dich auf
– Narbengarten
– Zwischenseelenträume

Homepage von Fetisch:Mensch
Homepage bei MySpace

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