Until the Light takes us

Filmvorstellung: Until the Light takes us

Until the Light takes us

Brandstiftung, Mord und eine gewaltsame Auflehnung gegen die Authorität. Was sich nach einem Teenie-Anarcho-Film anhört, war bittere Realität. In den späten 80er und frühen 90er Jahren brach eine zweite Welle der in der hintersten Ecke des Metals angesiedelten Musik los: Eine zweite Welle des Black Metals. Von Bands wie Mayhem, Darkthrone und Burzum ausgelöst und dominiert, wurde diese Epoche zu einer verbrechensreichen, schockierenden Zeit. Nun haben sich eifrige Regisseure aufgemacht, diese Ereignisse überschaubar und transparent im Medium Film einzufangen. Was rauskam? Der Film „Until the Light takes us„, der im Sommer dieses Jahres in ausgewählte deutsche Kinos kommt. Der Film ist übrigens nach dem hochgelobten Album „Hvis Lysset Tar Oss“ von Burzum benannt – Dieser Albumname ergibt übersetzt den Filmtitel. Ein solcher Film trägt die relativ große Verantwortung, die Ereignisse im richtigen Licht zu betrachten und nicht in dieser Musik einen Sündenbock zu finden. Ob dieses Vorhaben ein Erfolg war könnt ihr im Folgenden lesen.

In den ersten Sekunden des Films sehen wir Gylve „Fenriz“ Nagell, seines Zeichens Schlagzeuger bei der Band Darkthrone, vor einem weißen Hintergrund, von Scheinwerfern beleuchtet und von Leuten angewiesen. Es wirkt, als solle er einen Text vortragen. Somit wirkt es also recht gestellt und wenig authentisch. Dieser Eindruck jedoch ist nicht von Dauer, denn diese Stelle ist beinahe die einzige, die diesen Eindruck vermittelt, denn gleich darauf ist Fenriz während einer Zugfahrt zu sehen. Diese nachfolgende Szene ist für die Geschichte nicht von Belang, dennoch zeigt sie nun, dass an diesem Film nichts gestellt zu sein scheint. Fenriz Taschen werden durchsucht und in ihnen wird Tränengas entdeckt, sodass er eine Strafe zu zahlen hat.

Varg Vikernes (rechts)

Die absolut (in diesem Sinne) hochkarätige Besetzung der Interviewpartner dieses Films bricht nicht ab: Der Nächste ist niemand anderes als Varg Vikernes selbst, der Mann hinter dem erfolgreichen Musikprojekt Burzum, der, nach einer kurzen, einleitenden Ansicht des Hochsicherheitsgefängnisses, direkt in diesem interviewt wird. Nachdem er also sein böses Gesicht in die Kamera geworfen hat, beginnt er zu erzählen. Und seine Geschichten, seien sie richtig erzählt oder nicht, sind ein wichtiger Kernpunkt der gesamten Erzählweise dieser Ereignisse. Für die Leser unter euch, die mit der Geschichte wenig betraut sind: Varg Vikernes hat Kirchen angezündet und einen Mord begangen – dafür sitzt er in diesem Gefängnis. Er ist im Grunde der größte Teil der Menschen, die diese zweite Welle mit ihren Taten geprägt haben. Ob es eine Prägung im guten Sinne war, sei dahingestellt. Was Varg erzählt und aufdeckt, möchte ich an dieser Stelle nicht preisgeben, dem Leser und potentiellen Besucher dieses Films sei nicht alles verraten, aber Count Grishnackh (wie Vikernes sich nennt) weiß von jedem Ereignis etwas zu berichten.

Dead, Ex-Sänger Mayhem
Dead (Ex-Mayhem)

Ebenfalls in diesem Film zu sehen sind Hellhammer, Drummer von Mayhem und Frost, der Trommler von Satyricon. Hellhammer war damals praktisch wie Vikernes, Faust und Fenriz „hautnah“ dabei, als sich diese Ereignisse abspielten. Hellhammer persönlich war es zum Beispiel, der die Fotos des suizidtoten Dead, ehemaliger Sänger von Mayhem, entwickelte, die dann später als Cover von Mayhems „Dawn of the Black Hearts“ verwendet wurden. Frost jedoch war diesen Verbrechen recht fern und nimmt im Film eine andere Rolle ein. Er arbeitet mit einem norwegischer Maler zusammen, Bjarne Melgaard, welcher innerhalb der Kunst sehr oft und intensiv mit schwarzmetallenen Musikern zusammenarbeitet und beispielsweise Cover gestaltet. Gegen Ende des Films vollführt Frost für Melgaard eine Show vor Publikum, die es in sich hat. Ich möchte nicht zuviel verraten, aber es fließt Blut. Diese Show heißt übrigens „Kill me before I do it myself„.

Es ist zu beobachten, dass jeder, der in diesem Film von den Ereignissen der zweiten Welle erzählt, eine gewisse Rolle ausfüllt. Angefangen mit Fenriz. Mit ihm haben wir einen Musiker, der mit Darkthrone prägend für diese Musik und auch ein Bekannter der Auslösenden war und es somit miterlebt hat. Gleichzeitig aber ist er die Person, die im Vergleich zu den Anderen harmlos wirkt und der einzige Musiker ist, der den Zuschauer nicht mit Geschichten oder Taten schocken kann. Jedoch erfreut er immer wieder mit netten, alten Geschichten aus der Historie Darkthrones.
Ihm gegenüber gestellt ist Varg der Kernpunkt, der wichtigste (noch lebende) Mensch dieser Ereignisse. Er ist der, der alles miterlebt hat und mittendrin im Geschehen war. Er hat die Kirchen abgebrannt, er hat seinen ehemaligen Bandkollegen erstochen und er hat im Prinzip den ganzen Wandel der Szene und der Musik unfreiwillig ins Rollen gebracht. Ob er es will oder nicht, er war der Anfang einer Kettenreaktion, die die satanisierte Szene des heutigen Black Metals hervorbrachte. Hellhammer passt in ein ähnliches Muster, denn er, als Mitglied von Mayhem, hatte täglich Kontakt mit den wichtigsten Menschen der 2. Welle. Dazu passend wird er in Euronymous‘ (ehemaliger Gitarrist von Mayhem) altem Shop, Helvete, bzw. in dessen Keller interviewt. Also praktisch bei Ground Zero.

Frost… Frost ist anders. Bjarne nannte ihn einen dunklen Engel, der verloren in unserer Welt existiert. Ob das nun Image ist oder nicht, Frost steht mehr für das Resultat der Ereignisse der zweiten Welle. Er scheint ganz von dieser Lebensweise vereinnahmt und verdeutlicht seinen Ernst, indem er recht selbstdestruktiv handelt, um das zu unterstützen, was er für richtig hält: Melgaards Kunst.

Skaal

Fazit: Meine Meinung fass ich kurz. Dieser Film ist kein überproduzierter Blockbuster oder gar hollywoodreif. Er zeugt übersichtlich und gut von der Geschichte dieser extremen Musik und lässt den Zuschauer verstehen, wieso die Musik heute so ist, wie sie ist. Die wichtigsten Leute werden befragt und bis auf einige Stellen, die wenig mit der Hauptsache zutun haben, ist der Film ein absolutes Highlight meines Filmjahres 2010.

„Until the Light takes us“ Trailer

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