Es gibt Momente im nicht gerade einfachen Leben eines Musikjournalisten, für die sich die ganze Scheisse einfach lohnt. Label-blabla, Idioten, für die Gästelisten für Konzerte maximal als Klopapier taugen, der damit verbundene Ärger, Vertriebsbeamte, die es nicht raffen, dass man nur frühe Reviews kriegt, wenn man früh genug CDs zum rezensieren schickt…
Doch dann kommen sie wieder, diese Momente, die Platten, die es tatsächlich schaffen, sogar dem müdesten und analytischsten Ohr eine Gänsehaut aufs Trommelfell zu zaubern: Ein Killing Joke-mäßiges Bassriff, die schrammelige, verzerrte Gitarre und dann diese Stimme, die mir schon soviele Stunden versüßt hat und oft schon das herausgeschrien hat, was ich dachte, was mich quälte…
Die Fliehenden Stürme schaffen es jedes Mal aufs neue, sei es mit einem großartigen Livedokument wie „Zimmer 12“, noch immer saugeilen CDs wie „Lunaire…“ und natürlich auch dem gerade erschienenen „Die Tiere schweigen“, mich zu berühren… Hach, da ist sie wieder, diese Melancholie, die sich live zu geballter Wut gegen irgendetwas, gegen sich selbst, Routine undsoweiter entwickelt und einen hinterher, wenn die Stille nach dem Bühnenorkan mit dem Gefühl zurücklässt, dass es doch alles keinen Sinn hat… Bis man das nächste Mal wieder diese Stimme hört.
Andreas Löhr, Sänger und Gitarrist der Band, ihr merkt es vielleicht schon, halte ich für ein Genie, für einen der besten Musiker, eine der größten Stimmen, die die „alternative“ Musikszene bereithält. Der düstere Wavepunk der Fliehenden Stürme, der bei aller Unperfektion so perfekt ist, wie er nur sein kann, ist genau die Plattform, die Löhr braucht, um sich in die Herzen der Hörer zu spielen, die Unperfektion, zu der man eigentlich viel häufiger den Mut haben sollte.
Musikalisch bietet auch „Die Tiere Schweigen“ nichts, was man von den Stürmen nicht gewohnt ist, von Klavieranklängen („In Sicherheit“) bis Punk („Maschinen“) bis hin zu semiakustischen Balladen („Sirenen“), Wave („Fehlgänger“) ist das ganze Fliehende Stürme-Wohlfühlprogramm aufgefahren.
Fazit: Nix neues bei den Stürmen, aber irgendwie kann diese Band bei mir nichts falsch machen. Jedes Trademark ist da, seit Jahren bewährt. Nun mag manch einer von Stagnation reden, doch „Die Tiere Schweigen“ ist, wenn dann schon Stagnation auf einem Niveau, das von vergleichbaren Bands wohl nie erreicht werden wird. Also kümmern wir uns gar nicht drum und freuen uns über ein weiteres tolles Album dieser tollen Band. Chapeau!
Tracklist:
- Turm
- Fehlgänger
- An einem besseren Tag
- Strahlen
- Spuren
- Sirenen
- Ende vom Anfang
- Maschinen
- In Sicherheit
- Niemals für Immer
http://www.shiveringjemmy.net/
VÖ: Bereits erschienen
Anspieltipps:
– Fehlgänger
– An einem bessern Tag
– Maschinen
– Spuren