Freiburg - In einer Zeit (ep)

Freiburg – In einer Zeit (Review und Kritik)

Freiburg - In einer Zeit (ep)
Freiburg - In einer Zeit (ep)

Mit „In einer Zeit“ habe ich hier das Debüt einer äußerst jungen Band aus nordrhein-westfälischen Gefilden, den beschaulichen Dörfchen Herzebrock-Clarholz und Harsewinkel, vorliegen.

Freiburg“ nennt sie sich, huldigt damit den Hamburgern von Tocotronic und spielt folglich, wie sollte es anders sein, deutschsprachigen Indie-Pop.  Jetzt wo die Sonne nicht bloß zaghaft hinter den Wolken hervorlugt, sondern in ihrer ganzen Pracht die Herzen der Menschen erfüllt  (um mir mal den Pathos auf die Stirn zu malen),  ist das Scheibchen geradezu dafür prädestiniert,  an einem sommerlichen Abend,  wenn die Sonne sich am Horizont langsam hernieder senkt, mit einem kühlen Dosenbier in der Hand, gelauscht zu werden.  Roh und ungeschliffen kommt die minimalistische Produktion dieses Silberlings daher, und erinnert in seiner einfachen Machart, an das 1995 erschienene Debüt der Tocos – „Digital ist Besser“ oder „Eine Sonnige Nacht“ von Tomte,  wenngleich man in musikalischer Hinsicht deutlich härtere Töne anschlägt,  die starken Punk-Einflüsse sind hierbei nicht zu leugnen.


Lyrisch bewegt man sich hingegen auf gänzlich anderen Pfaden – Irgendwo versucht man Thees Uhlmann´sche Einflüsse in das Gewebe zu integrieren,  ohne jemals dessen Pathos zu erreichen. Die Texte strotzen manchmal nur so vor unfreiwilliger Komik, was zurückzuführen ist, auf eine gewisse Unbeholfenheit in Sachen Songwriting – Gerade deshalb strahlen die meisten Songs aber auch eine infantile Unbeschwertheit aus,  die einfach nur Spaß macht. Als Paradebeispiel nenn ich da „Tage ohne Sonne„,  eine Ode an den Sommer – an die Sonne und die gute Laune – schnell, laut und rotzig.

Beachtlich ist auch die Anzahl der vielen ineinander verwobenen Genreeinflüsse, da findet man an der einen Ecke The Cure-typische Gitarrenlicks,  an der anderen nistet man auf Pink Floyd und Tool´schen Gitarrenwänden.  Ein Persönliches Highlight stellt für mich der Titeltrack der EP dar, Melancholie im Up-Tempo Gewand gibt sich hier die Klinke in die Hand (was für ein toller Reim :-D), die lyrischen Ergüsse sind zwar an Klischees kaum zu überbieten und wirken angesichts des stellenweise sehr weinerlichen und lächerlich-„emoesquen“ Grundtenors wie präpubertäre Liebeskummer-Fantasien, aber wollen wir da nicht allzu hart ins Gericht gehen. Der Song hat was – wie The Cure (Bloodflowers, The Cure Ära) auf Speed und Dirk von Lowtzow-Genöle anstatt des wohlbekannten Robert Smith-Wimmerns. Zumindest mir gefällt es.  Und wenn wir schon beim Gesang sind – ¾ der Band sind auch am Mikrofon zu hören. Die Qualitäten sind dabei höchst unterschiedlich. Können Thomas Driftschröer (Gitarre) und Lars Borrmann (Schlagzeug) tatsächlich soetwas wie Gesang vorweisen (lassen wir unebenen, leicht schief angehauchten Töne mal beiseite ruhen),  kann Jonas Brinkrolf vor allem ein relativ raues, dreckiges, und daher punkig anmutendes Gesangsorgan für sich verbuchen – Singen im klassischen Sinne sollte er dann aber vielleicht doch den anderen überlassen. Dieses Defizit zeigt er sich vor allem bei dem Stück „Tragisch Schönes Wetter„, welches aber dennoch ein gewisses Ohr-Potential beherbergt. „Und wir laufen“ weist dann aber auch schon deutliche Tocotronic Anleihen auf, ist hier doch die Resignation und die (latente) Wut gegenüber gesellschaftlich bestehenden Konvetionen recht deutlich spürbar – oder wie von Lowtzow schon formulierte : „Aber hier leben, nein Danke“.

Martin "Rostig" Pilot
Martin "Rostig" Pilot

Fazit: Summa Summarum haben wir es hier mit einem überaus netten Debüt einer überaus symphatischen Band zutun,  lyrisch und gesanglich sicherlich noch hier und da, an der einen und der anderen Ecke ausbaufähig, aber da steckt wohl doch noch durchaus einiges Potential drin. Die ersten Gehversuche von Bands wie Tomte oder Madsen waren da schon weit dilletantischer. Und zumindest musikalisch geht es schon in die richtige Richtung – Eingängige Melodien treffen auf treibende Drums, gepaart mit einer Do-It-Yourself Attitüde, pendeln sie irgendwo zwischen frühen Oasis, Tomte, Modest Mouse und Tocotronic. Und Spaß machen tut sie, die Scheibe.


Tracklist:

01. Fehlerlos

02. In einer Zeit

03. Psychedelischer Rock

04. Supermann

05. Und wir Laufen

06. Tragisch schönes Wetter

07. Tage ohne Sonne



( 6 / 10 )
( 6 / 10 )

Anspieltipps:

– In einer Zeit

– Und wir laufen

Erscheinungstermin:

Bereits erschienen

Webpräsenz: Klick

About Rostig

Alter: 23 Beruf: Student Lieblingmusik: Querbeet Hobbys: Musik, Videospiele, Filme, Schreiberei, Kunst

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