Gothics sind keine Satanisten! – Oder vielleicht doch? Teil 3: Schnittstellen von Satanismus und Gothic + Buchrezension: Das Satanische Leben

Ein satanistischer Altar oder gruftige Wohnungsdeko? Ästhetische Überschneidungen. (Quelle: http://www.churchofsatan.com/images/MO3.jpg
Ein satanistischer Altar oder gruftige Wohnungsdeko? Ästhetische Überschneidungen. (Quelle: http://www.churchofsatan.com/images/MO3.jpg)

Die gemeinsamen Ursprünge in der Literatur des 19. Jahrhunderts wurden bereits aufgeführt, aber auch was die Ästhetik anbelangt, gibt es gewisse Ähnlichkeiten:

LaVeys Rituale weisen zahlreiche Elemente der Gothic-Ästhetik auf: Totenköpfe, schwarze Kerzen, Pentagramme, lange schwarze Roben, etc., die man auf Gothic Partys auch vermehrt auffindet. Und ist nicht der Besuch einer Gothic-Party irgendwo auch eine Art Ritual? Ist Tanzen nicht irgendwo ein ritueller Akt, mit dem ganz viele Emotionen verbunden werden?  Sind nicht die Symbole, die in der Gothic-Kunst häufig verwendet werden, auch Projektionen von Emotionen, Gedanken und vielleicht auch Ängsten? In der Gothic-Literatur waren sie es auf jeden Fall!

Auch bei den Interessen gibt es Gemeinsamkeiten: Viele Gothics und auch viele Satanisten interessieren sich für Literatur, Philosophie und Kunst und sind auch selbst in diesen Bereichen tätig. Für die Gestaltung eines schönen Outfits für einen stilvollen Gothic-Abend braucht es nicht weniger Kreativität, als für die Inszenierung eines Rituals.

Anton LaVey und seine Lebensgefährtin Diane Hegarty zelebrieren ein Ritual - auch hier: düstere Ästhetik, die viele Gothics ebenfalls ansprechen dürfte! (Quelle: http://www.churchofsatan.com/images/anton-lavey-ritual.jpg
Anton LaVey und seine Lebensgefährtin Diane Hegarty zelebrieren ein Ritual – auch hier: düstere Ästhetik, die viele Gothics ebenfalls ansprechen dürfte! (Quelle: http://www.churchofsatan.com/images/anton-lavey-ritual.jpg)

Und auch in puncto Lifestyle haben Satanisten und Gothics einen gemeinsamen Nenner: Beide Gruppen lassen sich nicht gern vom Maistream beeinflussen und sich vorschreiben, was sie zu lieben und zu hassen haben, was sich dann auch mal in einer recht ungewöhnlichen Lebensgestaltung äußern kann. Auch gemein ist beiden Gruppen eine Tendenz zur Selbstinszenierung und zum Auffallen in der Öffentlichkeit.

Marilyn Manson und Anton LaVey (Quelle: http://1.bp.blogspot.com/_UF9hxkSSg3Y/RbjsCkbMCGI/AAAAAAAAABg/UORZrhi7UmU/s320/r_satan17.jpg)
Marilyn Manson und Anton LaVey (Quelle: http://1.bp.blogspot.com/_UF9hxkSSg3Y/RbjsCkbMCGI/AAAAAAAAABg/UORZrhi7UmU/s320/r_satan17.jpg)

Letztendlich gibt es auch noch Künstler, die mehr oder weniger in beide Kategorien fallen und somit eine zeitgenössische Schnittstelle bilden. Einige Künstler der Schwarzen Szene* sind Mitglieder der Church of Satan oder bekennen sich öffentlich zu LaVeys Konzept und nehmen satanistische Inhalte in ihre Texte mit auf (z. B. Marilyn Manson, King Diamond, Dani Filth, Alkaline Trio, Moonspell).

*Die im Beispiel aufgeführten Bands  als „Gothic“ zu bezeichnen, wäre sachlich falsch, aber sie werden in der Schwarzen Szene, von der „Gothic“ eine Teilkomponente ist konsumiert. Die Grenzen zwischen „Gothic“ und anderen Sub-Szenen, die zusammen die „Schwarze Szene“ bilden, sind mittlerweile ohnehin so stark verflossen, dass sich kaum noch ein Szenegänger nur einem einzigen Subgenre eindeutig zuordnen lässt.

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Das Satanische Leben, Buchcover mit Nancy Steklar (Quelle: www.esoterick.de)
Das Satanische Leben, Buchcover mit Nancy Steklar (Quelle: www.esoterick.de)

Meine kleine Serie über Satanismus im Zusammenhang mit Gothic möchte ich mit dieser Buchrezension abschließen. In „Das Satanische Leben“ schreiben bekennende Satanisten und Mitglieder der Church of Satan über sich, ihre Lebensgestaltung, ihre Lebenseinstellung oder erzählen Geschichten aus ihrem Leben und haben auch den einen oder anderen nützlichen Ratschlag.

„Das Satanische Leben“ ist eine Sammlung von Essays, die von Mitgliedern der Church of Satan aus englischsprachigen Ländern geschrieben und u. a. vom Verleger Lars Peter Kronlob selbst ins Deutsche übersetzt wurden. Auch hier hat sich wieder herauskristallisiert, dass Menschen, die sich zum Satanismus hingezogen fühlen, oft auch eine Affinität zur Schwarzen Szene oder zumindest zu szenekompatibler Kunst haben.

Sehen wir uns zunächst das Covermodel genauer an, welches dem Einen oder Anderen bereits bekannt vorkommen dürfte: Genau! Es ist Nancy Steklar, die gerade eine Villa zum fantasievollen „Café Salon 1900“ im Stile der Gründerzeit umbaut und damit die niedersächsische Stadt Offenwarden zu einer Touristenattraktion macht. Auf dem Original-Cover befindet sich das Emblem der Church of Satan und ein Portrait von LaVey. Verleger Lars Kronlob beantwortete die Nachfrage folgendermaßen: „Ich habe bereits 2 Titel mit LaVey auf dem Cover, und hätte das Motiv für überstrapaziert gehalten. Es geht ja in dem Buch um die Umsetzung der Philosophie von Individuen, und da Nancy sowohl Satanistin ist, als auch eine interessante und gutaussehende Frau, die auf dem Foto zusätzlich noch eine spezielle Ästhetik darstellt, die in Kreisen von Satanisten als ansprechend erachtet wird, habe ich sie gefragt, ob ich das Foto verwenden kann.“

Und jetzt wollen wir uns noch einigen der Autoren zuwenden, die auch für die Schwarze Szene interessant sein dürften:

Shiva Rodriguez bei der Arbeit (Quelle:
Shiva Rodriguez bei der Arbeit (Quelle: http://www.shivarodriguez.com/)

Shiva Rodriguez ist professionelle Maskenbildnerin mit einem delikaten Schwerpunkt: Horror! Sie schminkte für „Dangerous People“ , der 2013 in den USA erschien und auch an dem Steifen „PredatoryMoon“, der nächstes Jahr zunächst in die amerikanischen Kinos kommt, ist die Künstlerin beteiligt – um nur mal zwei von zahlreichen Beispielen zu nennen.
Aber nicht nur das. Shiva Rodriguez hat auch einen Roman veröffentlicht: „The Gallows Follower“ spielt in einer vergangenen Epoche und erzählt von einer außergewöhnlichen Frau mit einem außergewöhnlichen Beruf in der Familientradition: Dem Beruf des Henkers.

Der Essay, den sie in diesem Buch veröffentlicht, gibt der Weisheit „Wer etwas will, findet Wege, wer etwas nicht will, der findet Gründe“ einen sehr zum Nachdenken anregenden Inhalt: Wie viele Menschen lassen sich von ihrer Außenwelt verunsichern, die ihnen versucht, einzureden, ihre Vorhaben seien „Verrückt“, „nicht machbar“ oder „unrealistisch“. Shiva Rodriguez‘ Werdegang könnte wohl vielseitiger und verrückter kaum sein. Und? Ist sie daran gescheitert? Nein! dieser Essay ist ein Appell an alle, ihre Wünsche auszuleben, denn wir haben nur dieses eine Leben.

Wer mehr über Shiva Rodriguez und ihre Kunst erfahren möchte, kann sich hier auf ihrer Website einmal umschauen. Freunde von kreativer Splatter-Maskenbilderei werden ihre Freude haben.

Künstler Corvis Nocturnum (Quelle: http://www.corvisnocturnum.com/embracingthedarkness/)
Künstler Corvis Nocturnum (Quelle: http://www.corvisnocturnum.com/embracingthedarkness/)

Der nächste Beitrag stammt von einem Mann, der sich selbst den Künstlernamen Corvis Nocturnum gegeben hat.

Auch hinter diesem Namen verbirgt sich ein Künstler und Schriftsteller, der dutzende Bücher verfasst hat, unter Anderem über die Schönheit von Friedhöfen, über Vampirismus und über die gruseligsten Orte der Welt. Auf seiner Homepage kann man sich auch seine malerischen Kunstwerke ansehen. Eine vollständige Galerie trägt den Titel „Gothic“ und ist wirklich sehr sehenswert. Hier gelangt ihr zu seiner Homepage.

Sein Essay handelt von gegenseitiger Abhängigkeit in einer menschlichen Gesellschaft, Gruppenzwang, Herdenmentalität und schlechter Massenunterhaltung in den Medien. Ein Genuss für jeden Gesellschaftskritiker!

Ein weiterer Autor dieser Sammlung ist Joel Gausten, der früher mit den Bands „The Misfits“ und „Undead“ zusammengearbeitet hat. Heute ist Gausten Verleger, der auch für einen Teil der Schwarzen Szene recht interessant sein dürfte: Die Metalheads! „From Satan to Sabbath“ ist eine Interview-Sammlung mit Stars des Metal-Universums wie Ozzy Osbourne , Napalm Death, Celtic Frost u.v.m.). Wer sich für das Schaffen von Gausten interessiert, kann sich ja mal auf seiner Website umsehen.

Sein Essay erzählt seinen Werdegang und wie er es mit dem, was Satanisten als „Magie“ bezeichnen, geschafft hat, trotz widriger Umstände (leichte Zerebralparese und damit verbundene psychische Probleme) zu einem passablen Schlagzeuger zu werden und, wie er auch als Journalist und Autor erfolgreich wurde.

Schriftstellerin Scarlet Norton (Quelle: http://www.scarletnortonduperre.com/)
Schriftstellerin Scarlet Norton (Quelle: http://www.scarletnortonduperre.com/)

Als Nächstes hätten wir dann die Schriftstellerin Scarlet Norton, deren Buchtitel für sich sprechen: Nightmare Stalkers & Dream Walkers, Dying to Live, Diabolic Tales, Bloody Kisses etc. Die düsteren Cover-Artworks runden das Bild ab. Freunde von düsterer Literatur dürften hier fündig werden. In den USA ist sie eine Bestseller-Autorin, die bereits mit 13 Jahren ihr erstes Werk veröffentlichte. Hier gelangt ihr zu ihrer Homepage.

In ihrem Essay schildert sie ihren Werdegang als Horrorautorin in einer Zeit, in der Frauen dazu verdammt waren, schnulzige Liebesromane und Kinderbücher zu schreiben. Sie setzte sich durch und wurde eine erfolgreiche Autorin und Verlegerin, jedoch keine Feministin.

Als Letztes sei noch Les Hernandez erwähnt. Informationen über diesen Autor konnte ich leider nicht finden, aber ich möchte ihn hier dennoch explizit erwähnen, da er seinen Essay der Musik gewidmet hat. Aus diesem Essay stammt auch die Leseprobe, die der Verleger stellvertretend für das ganze Buch ausgewählt hat. Hier geht es auch um Metal und andere Genres der Schwarzen Musik – die nach Auffassung des Autors gar nicht immer so satanistisch sind, wie Außenstehende immer glauben.

Wie also ersichtlich wird, fühlen sich viele Menschen zu beidem hingezogen, zur Schwarzen Szene und zum Satanismus. Natürlich gibt es auch viele Satanisten, die kein Schwarz tragen und keine Schwarze Musik oder Metal hören und anders herum dürfte es noch gewichtiger sein: Kaum ein Goth, Metaller oder Schwarzromantiker bezeichnet sich selbst als Satanist – nun jetzt, da die Missverständnisse geklärt sind, werden es vielleicht ein paar mehr. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich in den Essays in „Das Satanische Leben“ auch der eine oder andere schwarze Szenegänger wiedererkennt.

 

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About Mustaveri

Alter: 28 Beruf: Übersetzerin (freiberuflich) Lieblingmusik: Metal (Death, Dark, Black, Thrash, Symphonic, Gothic) Hobbys: Musik, Sport, Schreiben, Kunst, Kochen

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