HIM

HIM Special – Diskografie (Review und Kritik)

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HIM Special – Diskografie (Review und Kritik)

Eine Dekade ist es mittlerweile bereits her, seit eine bis dato nur minder bekannte finnische Band mit einem Song namens „Join Me“ die Charts stürmte. Mit einem Schlag explodierte ihre Popularität, der Frontmann mit dem wohl klingenden Namen, Ville Valo, wurde zum Sexsymbol erklärt und eroberte mit androgynem Aussehen und geheimnisvollem Auftreten gepaart mit finnischem Charme die Herzen unzähliger weiblicher Fans. Anfangs ein mehr verschüchterter als charismatischer Frontmann, mauserte sich der heute mittlerweile 32-Jährige zum unterhaltsamen Gesprächspartner und professionellen Musiker.

Über die Jahre hinweg haben sich die Jungs von HIM in der ganzen Welt einen Namen gemacht, tourten sogar als erste finnische Band überhaupt durch Amerika. Grund genug, den Weg der erfolgreichen Skandinavier nachzuzeichnen und die bis dato sechs veröffentlichten Studioalben etwas näher zu beleuchten.

Vielen ist es gänzlich neu, dass diese Band schon lange vor der Join Me Singleauskopplung existierte: Bereits im Jahre 1995 gründete sich „His Infernal Majesty“, damals noch in anderer Besetzung, lediglich Sänger Ville, Basisst Migé Amour und Lily Lazer, der Mann an der Gitarre, waren damals schon mit von der Partie.

Greatest Lovesongs Vol. 666
Greatest Lovesongs Vol. 666

1998 erschien das Debütalbum „Greatest Lovesongs Vol. 666“, welches auf durchaus positive Resonanz im Kreise der Musikkenner stieß, jedoch weit weniger Popularität erlangte, wie die nachfolgenden Alben der Band.

Musikalisch gesehen klingt „Greatest Lovesongs Vol. 666“ noch sehr organisch, entpuppt sich als sehr gitarrenlastiges Werk, das keinerlei Härte vermissen lässt. Die gefühlvollen Vocals von Sänger Ville gehen sofort unter die Haut, bei näherem Hinhören strotzen die Songs vor Emotion und Tiefe. Über allen Tracks schwebt eine düstere Atmosphäre voller Verzweiflung und Hingabe, die von Anfang bis Ende glaubwürdig scheinen. Vor allem die Vocals faszinieren: Ville verfügt über ein breites Tonspektrum, das er immer wieder gekonnt ausschöpft.

HIM
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In sich ist der Erstling sehr geschlossen, alle Songs liegen auf etwa gleichem Niveau, passen gut auf eine Scheibe, haben jedoch trotzdem individuell etwas Besonderes. Besonders hervorzuheben möchte ich an dieser Stelle „When Love And Death Embrace“, das lyrisch eher schlicht gehalten ist, jedoch eine umso stärkere Wirkung hat. Eine wunderschöne und tieftraurige Ballade, die einen immensen Schmerz und gleichzeitig tiefes Verlangen auszudrücken vermag. Ein absolutes Gänsehautlied. Ebenso erwähnenswert ist das Cover des Blue Öyster Cult-Hits „(Don’t Fear) The Reaper“, das in Form eines Duetts mit der finnisch-englischen Schauspielerin Sanna-June Hyde aufgenommen wurde und durch eine schaurig-schöne Atmosphäre glänzt. Greatest Lovesongs Vol. 666 zähle ich nach persönlichem Ermessen zu einem der besten Alben, die HIM je gemacht haben, wobei mich gerade der recht rohe Sound und die direkten Songs ansprechen.

Nach Greatest Lovesongs Vol. 666 folgte der wohl bedeutendste Karriereschritt für die Band: Das Release von „Join Me“, Titelsong des Kinofilms „The 13th Floor“. Der Song wurde im Radio rauf und runter gespielt, der Bekanntheitsgrad der Band stieg explosionsartig an, plötzlich waren die Finnen in aller Munde. Das darauffolgende Album „Razorblade Romance“ stieg auf Platz 1 in den deutschen und österreichischen Charts ein, die Resonanz war überwältigend.

Razorblade Romance
Razorblade Romance

„Join Me“ mag den meisten mittlerweile zu den Ohren heraushängen, doch davon abgesehen ist der Song sehr eingängig und erzählt laut Ville eine moderne Version von Romeo und Julia. Diverse Gerüchte von Kritikern, die Band wollte mit dem Song Menschen zum Suizid motivieren, wurden vehement widerlegt. Ein sehr hörenswerter Track auf Razorblade Romance ist das wunderschöne Liebeslied „Gone With The Sin“, das vor allem von sehr tiefen und sinnlichen Vocals dominiert wird und eine warme und zugleich verzweifelte Atmosphäre hat. Ein weiteres Highlight ist die herzzerreißende Ballade „Bury Me Deep Inside Your Heart“, die von einer zerbrochenen Liebe erzählt und bei der eine unheimliche Gefühlsübermittlung stattfindet; man hört den Schmerz regelrecht heraus. Meiner Ansicht nach einer der besten HIM Songs. Dem entgegen steht das sehr rockige „Razorblade Kiss“, das sich vor allem Live immer wieder als Reißer entpuppt. Obwohl Razorblade Romance nicht ganz an das Vorgängeralbum anknüpfen kann, ist es ein absolut hörenswertes Stück der Bandgeschichte.

Mozartsaal, Mannheim 2008
Mozartsaal, Mannheim 2008

Nach dem großen Erfolg ihres zweiten Albums wurde die Band 2001 als „Beste Band“ mit dem Viva-Comet ausgezeichnet. Folgerichtig legten die Finnen bereits zwei Jahre nach Veröffentlichung ihres Erfolgsalbums ein neues Album nach, das den Titel „Deep Shadows And Brilliant Highlights“ trägt. Obwohl das Album in den deutschen und schweizer Charts auf die zweite Position vordrang, in Österreich sogar die Pole-Position einnahm, wurden erstmals Kritiker laut, die die neue Platte als „zu poppig“ empfanden. Durch den Stress, dem die Jungs nach dem Erfolg von „Razorblade Romance“ ausgesetzt waren, entstand das dritte Album quasi komplett im Tourbus und unter großem Zeitdruck. Außerdem gab es Schwierigkeiten mit dem Label, was die abfallende Tendenz von Deep Shadows And Brilliant Highlights etwas erklärt.

Deep Shadows And Brilliant Highlights

Dennoch ist das Album nicht schlecht und vor allem das traurige und sehr stimmungsvolle Liebeslied „Close To The Flame“ zählt meiner Meinung nach zu den schönsten Liedern, die je aus Villes Feder kamen. Er selbst sieht den Song als „sehr bedächtig“ und hält ihn für ein „Weihnachtslied“. Als ebenso schön kann „In Joy And Sorrow“ bezeichnet werden, eine Liebeserklärung und ein sehr aufbauender Track, wenn man gerade in einem tiefen Sumpf steckt. Das sehr poppige „Heartache Every Moment“ erweist sich ebenfalls als hörenswert. Bei „Deep Shadows And Brilliant Highlights“ wurde vermehrt auf Keyboardarbeit wert gelegt, die Gitarren wurden etwas vernachlässigt, was dem Album eine weiche und vielen „zu weichgespülte“ Atmosphäre verleiht.

Nach der eher mäßigen Resonanz von Deep Shadows And Brilliant Highlights legten die Musiker von HIM eine Schaffenspause ein, bis sie 2003, in neuer Besetzung, die bis heute so beibehalten wurde, mit einem Hammeralbum names „Love Metal“ zurückkehrten. Der Titel lässt sich auf den selbst kreierten Genrebegriff zurückführen, mit dem HIM ihre Musik bezeichnen.

Love Metal
Love Metal

Das Album ist das bis dato härteste HIM Album und mit Gitarren und Drums wurde hier nicht gespart. Herausheben möchte ich hier vor allem „The Funeral Of Hearts“, das Ville nach eigener Aussage für seine verstorbene Großmutter geschrieben hat. Ein sehr ruhiges und melancholisches Stück, das der einzige Ruhepol auf der Scheibe ist. Songs wie „Soul On Fire“ oder auch das harte „Buried Alive By Love“ schlagen da in eine ganz andere Kerbe: Die Härte, die auf Deep Shadows And Brilliant Highlights von vielen vermisst wurde, kehrt hier eindrucksvoll zurück. Auch hörenswert ist „The Path“, ein sehr schöner und zugleich epischer Track, der mit knapp siebeneinhalb Minuten der längste auf der Scheibe ist.

Es folgt aus Vertragsgründen ein letztes Album beim alten Label, ein Best Of, auf dem zwei neue Songs enthalten sind: „And Love Said No“, ein rockiger Song über eine zerbrochene Liebe und „Solitary Man“, ein Neil Diamond Cover.

Dark Light
Dark Light

Das 2005 veröffentlichte „Dark Light“ erschien bei Sire Records und ist bis heute das Album, mit dem ich mich am wenigsten anfreunden konnte. Mittlerweile habe ich jedoch die Vorzüge entdeckt. Die Songs haben eine ungewohnte Atmosphäre, eine ganz eigene Stimmung, sowie eine relativ starke und vielseitige Instrumentalisierung und sind sehr gefühlvoll. „Killing Loneliness“ ist dennoch ein schöner Track, zu dem Ville von einem drogensüchtigen Freund inspiriert wurde. Er beschreibt, wie Menschen sich mit anderen Menschen oder Dingen abgeben, von denen sie wissen, dass sie ihnen nicht bekommen, auf die sie trotzdem nicht verzichten wollen, um der Einsamkeit nicht ausgeliefert zu sein. Weiterhin sei „Under The Rose“ erwähnt, welches vor allem durch seinen tiefgründigen Text glänzt und sehr gut nach vorne geht.

Mit Dark Light eroberten HIM schließlich Amerika und tourten durch das ganze Land. 2007 folgte das bis dato letzte Release der Band: Venus Doom, das sich vor allem durch eine unumschweifte Härte und eine klare Linie auszeichnet und bis auf den dritten Rang der deutschen Charts vorstieß.

Venus Doom
Venus Doom

„Venus Doom“ ist – wie der Name schon erahnen lässt, ein ziemlich doomig geratenes Album. Nach dem akustischen Entzünden eines Streichholzes bratzen die Gitarren beim ersten Track, „Venus Doom“, ordentlich los und man bekommt einen ersten Eindruck, wie sich das weitere Album anhört. „Dead Lovers’ Lane“, einer der besten Tracks des Albums, besitzt einen straighten Aufbau und geradlinige Gitarren, kombiniert mit eingängigem Refrain. Ebenso erwähnenswert ist das 10-minütige „Sleepwalking Past Hope“, das besonders durch ein Gitarrensolo glänzt und eine schwermütige und getragene Atmosphäre offenbart. Villes Vocals sind ungewöhnt tief und die Stimmung der Songs düster, lediglich „Song Or Suicide“, ein rein akustisches Stück, leider viel zu kurz geraten, bricht aus diesem Schema aus. Insgesamt ist das Album gerade mit den ersten Longplayern der Band nicht vergleichbar, besitzt allerdings dennoch alle Eigenschaften, die HIM auszeichnen: Lyrics voller Verzweiflung, Hingebung, Melancholie und ein nahezu perfektes Zusammenspiel der Instrumente.

vilaki Fazit: Mag es an den vielen dunklen Tagen oder an den langen Wintern liegen: Finnen haben eine ganz eigene, wundervolle Art, eine Melancholie zu vermitteln, die als nicht nur negativ, sondern durchaus auch als positiv empfunden werden kann. Beispiellos und als eine der ersten Bands gelang das HIM, weshalb die Band zurecht in der ganzen Welt bekannt ist und ich sie als meine absolute Lieblingsband bezeichne, half mir die Musik doch durch die düsterste Zeit meines Lebens und machte mich gleichzeitig stark. Wenngleich vielen eingefleischten Metalheads der Sound zu „weichgespült“ ist und sie eine gewisse Abneigung hegen, lohnt sich das Hören auf jeden Fall, solange man nicht in der Erwartung daran geht, typischen Metal zu hören. Das Release des neuen Albums ist übrigens für Valentinstag nächsten Jahres geplant und wird unter dem Arbeitstitel „Love In Theory And Practice“ produziert. Ich freue mich bereits jetzt darauf – und auf die Tour, da HIM Live noch viel mitreißender sind als in normaler Audioform.

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