Ivenberg - Wunden

Ivenberg – Wunden (Review und Kritik)

Ivenberg - Wunden

Erst nennen sie sich Black Metal. Dann schwenken sie doch lieber zum neologisierten „Modern Viking Metal“, mit dem sie diese Viking-Attitüde in die Moderne transferierten: Langbärtige Wikinger-Mentalität trifft auf moderne Probleme im Full Length-Album „Leben heißt Sterben“. (Wir berichteten!)
Aber scheinbar sind diese Zeiten vorbei! Laut der Bandbiografie erreichen sie mit ihrem neuen Studiokind „Wunden“ mal ganz, ganz frische Ufer: Reiner Melodic Death Metal, das soll ihr Gebiet werden. Die Frage und Aufgabe ist nun, ob sie das recht gute Vorgängeralbum übertreffen oder kläglich an den Erwartungen gescheitert sind. Für das Ergebnis: Weiterlesen!

Direkt am Beginn schlägt uns der Titelsong „Wunden“ entgegen. Der instrumentale Part ist zwar recht unübersichtlich und klingt schon etwas breiig, dennoch treibt sein Klang den Song tief in das Ohr des Hörers. Der Opener eines Albums sollte den Hörer tief in den weiteren Verlauf einbeziehen und ihn dafür interessieren und nicht, wie es hier geschieht, den Hörer unbegeistert zurücklassen. Der Titeltrack zeigt direkt den Querschnitt des Albums auf: „Auf die Fresse„-Lyrics im immer ähnlichen Songkleid. Viele Songs, die auf dem Album folgen, werden in dieses viel zu ausgefranste Korsett gezwängt werden – da wird vieles verloren gehen. Das positive, was ich hier direkt anmerken will, ist, dass nicht jeder Song im Albumbrei untergeht.

Die Band

Der „Parasit“ nistet sich nachfolgend in eurem Ohr ein. Was er hinterlässt, ist nicht wirklich aufregend. Es ist ein instrumental etwas ausgereifterer Song (Dieses Mal sogar mit einem Gitarrensolo), der aber mit viel vergeudetem Potential auf die Platte gepresst erklingt. Alleine textlich gesehen kann ich daran nichts erkennen, außer der „Wir mögen dich nicht„-Mentalität – erst recht nichts Positives. Diverse Zeilen könnte der Hörer als Beleidigung seines Geschmacks sehen, wie zum Beispiel: Ein Parasit – den nicht mal die eigene Mutter liebt!
Und wenn man alleine von dem Text an sich absieht, so hätten diverse Stellen mehr „Wow“-Effekt haben können. Eine Zeile wie „Du bist ein Parasit“ sollte ordentlich knallen und sich beim Hörer einbrennen.

Wenn dann aber im dritten Track der „Kalter Engel“ auf euch hinabsinkt, so erlebt ihr einen Höhepunkt dieser Scheibe. Rein instrumental gesehen ist es wieder mal nicht wirklich was besonderes, aber der Inhalt und die Thematik spricht an. Es ist im Prinzip eine Abrechnung mit einer illoyalen Geliebten, deren Verhalten nur so von Lüge und Verrat strotzte. Mit solchen, sehr realitätsbezogenen Texten kann man wohl mehr anfangen, als mit nicht so sehr poetischen Ergüssen über dubiose Parasiten. Es sei also empfohlen, den Text irgendwo parat zu haben, um sich diesen vollständig zu erschließen.
Die gegen Ende eingesetzte Frauenstimme rundet die hier erzeugte Atmosphäre ab und zeigt den wünschenswerten Umgang mit solchen Zwischenstücken – von denen hätte ich mir hier mehr gewünscht, sie hätten gut gepasst!

Sarkaz an der Gitarre

Wer endlich, endlich einen poetisch ansteigende Leistung im Album fordert, der wird in „Mein Traum“ fündig. Es scheint, als wäre der Fokus endlich mehr auf den Text gelegt zu sein. Eine wirklich freudige Änderung, denn hier sticht der relativ poetische Anteil mehr heraus und erfreut den textlich versierten Hörer. Das Konzept eines nach einem bunten Schicksalsfaden lebensüberdrüssige Ich kommt gut zur Vergeltung – besonders im Refrain, in dem der Wunsch nach dem Traum besungen wird. Instrumental aber leider wieder nichts großartiges: Es ist zwar einigermaßen passend, dennoch hätte es ruhig etwas melodischer ausfallen können.

Nach einigen Songs voller Krieg und annehmbarer Endzeitfantasie wird ein weiteres Albumhighlight angestimmt. Die Rede ist von „Traurige neue Welt„: Ein Song über ein psychisch leicht angeschlagenes, von äußeren Einflüssen deformiertes Individuum, welches zum letzten, konsequenten Schlag gegen sich und die Umwelt ausholt. Texte solchen psychischen Verfalls sprechen den einen oder anderen Hörer (mich eingeschlossen) sicherlich durchaus an – den abschließenden Suizid mit eingeschlossen. Instrumental dieses mal etwas aufregender und passender, der Song weiß durchaus zu gefallen. Das obligatorische Lachen zum Selbstmord, wovon ich wieder gern mehr gehabt hätte, wurde unterstützend zur Atmosphäre toll eingebracht!

Skaal

Fazit: „Click to enter Website, Fucker!“ So begrüßt uns der Internetauftritt der Band und so lassen sich die zum Teil etwas stillosen Lyrics beschreiben. Voll von Ergüssen wie „Arschloch!“ „Ficken!“ und „Scheiße!“ wissen solche Texte nur einen kleinen Teil der Hörerschaft zu begeistern – und das ist recht schade. Die Texte weisen zum Teil ein gutes Potential auf, wie zum Beispiel im Song „Mein Traum“, sodass es wirklich schade wäre, würden sie das nicht einmal in Zukunft voll ausnutzen – denn hier haben sie es nicht getan. Hier gibt es wirklich nur vereinzelt gute Songs und Textstellen: Als Gesamtwerk hingegen ist dieses Album weder grandios noch überragend – es ist verbesserungswürdig.

    Also, Ivenberg: Kriegt den Arsch hoch und nutzt endlich das aus, was ihr könnt!

Trackliste:

  1. Wunden
  2. Parasit
  3. Kalter Engel
  4. Mein Traum
  5. Der Anfang
  6. Amen
  7. Liebliche Stille
  8. Menschheitsalptraum
  9. Traurige neue Welt
  10. Es geht weiter
  11. Auch sie werden sterben
  12. Bis in Tod
( 5 / 10 )

Anspieltipps:
Kalter Engel, Mein Traum, Traurige neue Welt

Veröffentlichungsdatum:
13. März 2011

Ivenberg bei MySpace

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