Früher waren Frauen mit Bart kurios, heute sind es Männer in Frauenkleidern.

Quo vadis Toleranz?

Zwar versucht sich die schwarze Szene von jeglicher Form des Kommerz zu distanzieren, aber dennoch wird den wenigsten Lesern entgangen sein, dass der ESC (Eurovision Song Contest) am gestrigen Abend einen revolutionären Schritt eingegangen ist – Conchita Wurst, ihres Zeichens österreichische Drag Queen, hat gestern Nacht den Grand Prix in ihr Heimatland gebracht. Gerade im Internet machen sich nun Kritikerstimmen breit, die vor schwulenkritischen Hasstiraden nur so strotzen. Wie ist das eigentlich mit der schwarzen Szene und der Toleranz gegenüber sexuellen Vorlieben? Eine Frage für die dieswöchige Kolumne.

In Indien wird seit 2011 das dritte Geschlecht, das der Hijra, offiziell anerkannt, die Gothic-Singlebörse „Schwarzes Glück“ hat schon etwas länger die Möglichkeit, Pansexualität als sexuelle Vorliebe im Mitgliedsprofil anzugeben – ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, denn jeder Mensch soll das Recht haben, seine Sexualität nach seinen Bedürfnissen auszuleben, egal ob er es mit Mann oder Frau treibt. Zwischen den Geschlechtern steht die Transsexualität, die Menschen ausleben, die im falschen Körper geboren wurden – davon gibt es übrigens mehr als man denkt, man sieht es den Menschen eben einfach nicht an. Eine abgeschwächte Form der Transsexualität bietet zum einen die Travestie, ein Showact, in der sich Menschen für einen Auftritt wie ein Angehöriger des anderen Geschlechts kleiden und auch so verhalten – bekannte Travestiekünstler sind etwa die Reeperbahn-Legende Olivia Jones, die mittlerweile operierte Lorielle London oder eben Conchita Wurst.

brimolAuch in der Szene bin ich in den letzten Jahren immer wieder auf Menschen (vorwiegend Männer) gestoßen, die sich im falschen Körper befanden (!) und/oder sich als, meist höchst aufgetakelte, Frau gekleidet haben und ihre androgyne bzw. feminine Seite herausgekehrt haben. Gleichzeitig kenne ich auch viele homosexuelle Menschen, die sich in der Szene bewegen, darunter auch viele Musiker (sei es szenetypische Musik oder Rock, Pop und Metal), denen man ihre Sexualität keineswegs anmerken würde – darunter etwa Brian Molko von Placebo, Michael Stipe (R.E.M.) und nicht zu Letzt Freddy Mercury. Hinzu kommt etwa Androgynität, wie wir sie von David Bowie kennen.

Ist es nicht die Vielfalt, die unsere Szene ausmacht? Denke man doch nur einmal an die BDSM’ler, die sich wie selbstverständlich in unseren Kreisen bewegen, und deren Handeln wir keineswegs verurteilen. Gleichzeitig gibt es innerhalb der schwarzen Szene so viele Menschen mit den unterschiedlichsten, skurrilsten Fetischen, deren Neigung den meisten herzlich egal ist. Gerade bei uns Gruftis trifft man doch auf einen großen Schmelztiegel der obskuren Sexualitäten, die ganz klar eine Daseinsberechtigung haben. Oder doch nicht?

Falsch gedacht: Auch bei uns gibt es schwarze Schafe, die sowohl eine klar homophobe, und somit stark konservative, Stellung beziehen und die Szene „sauber halten wollen“ – hierzu betrachte man nur einmal den NSBM (National Socialist Black Metal) der ähnliche „Hassmuster“ wie das konservativ fundamentalistische Christentum aufweist, und bei dem Schwulenhass unter anderem auf der Tagesordnung steht. Intoleranz gegenüber Schwulen und Leseben ist politisch gesehen rechts, daran führt kein Weg vorbei.

Conchita-WurstWir leben im 21. Jahrhundert und sollten gut genug aufgeklärt sein, um zu wissen, dass Homosexualität oder Transsexualität keine psychische Krankheit ist, sondern eine persönliche Entscheidung, die man nicht durch den Besuch beim Arzt behandeln kann.
Wir sollten Toleranz zeigen, weil wir alle Menschen sind.  Jeder das Recht hat seine Träume zu verwirklichen. Es ist doch egal ob schwul, hetero oder pansexuell, ob wir uns gerne in andersgeschlechtliche Kleidung schmeißen oder uns ein entsprechendes Pseudonym vorlegen. Genauso wie wir für unsere Szene einen angemessenen Respekt erwarten, sollen wir auch andere Menschen respektieren und sie nicht nach ihrem Aussehen oder ihrer Sexualität bewerten. Die inneren Werte zählen, und solange wir eine Person nicht persönlich kennenlernen konnten, sollen wir auch nicht voreilig über diese urteilen. Leben und leben lassen – da hat auch Tom Neuwirth, aka Conchita Wurst, ein Recht auf Anerkennung, ganz gleich ob einem der Song „Rise like a pheonix“ nun gefällt oder nicht.

Wer sich für das Thema Schwulenhass interessiert, kann sich ja mal dieses Video ansehen, da wird einem schnell klar, dass viele Menschen noch nicht im modernen Zeitalter angekommen sind, und immer noch sehr konservative Ansichten haben:

 

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