Da bekommt man die Chance das neue Album der Lieblingsband aus Grufti-Anfangszeiten, mit diversen, bisher unveröffentlichten Tracks zu rezensieren, freut sich, entpackt, wundert sich ein wenig, dass sich im Ordner schon eine Fast-Rezension befindet, schmeisst die Songs in die Playlist… und dann wundert man sich richtig. Hmmm. Alles zwischen 2 und 3 Minuten? Hat da jemand einen Fehler gemacht? Man fragt nach und erfährt, dass das alles so seine Richtigkeit hat. Man ärgert sich. Dann hört man dann doch mal rein, immerhin könnte es ja sein, dass man doch die ein oder andere nette Entdeckung macht – und dann ärgert man sich richtig…Da es (mir) leider nicht möglich ist, eine ausführliche Review anhand von 3-minütigen Snippets zu schreiben, werde ich hier also lediglich das vorhandene Material rezensieren:
- Seele in Not (Urversion): Die Version befindet sich auf dem 1991 veröffentlichten Erstlingswerk „Angst“. Unterschiede sind nicht zu hören. Der Song ist immer wieder schön und erzeugt Gänsehaut durch das Zusammenspiel von verzerrten Schreien, dumpfen Orgelklängen und Tilos Gesang.
- Requiem (Ursersion): Hier sind die ersten 3 Minuten ebenfalls äußerst atmosphärisch und fügen sich sehr gut hinter Seele in Not (was nicht verwunderlich ist, es war ja ursprüngich auch auf der gleichen CD)
- Seelenübertritt: Ich bin mir sicher, dass das Lied irgendwann nach den mir zugestandenen 3 Minuten auch irgendwann mal besser wird. Ich hoffe es zumindest. Tilos Stimme klingt lethargisch und verzerrt, die Melodie schläft vor lauter Selbstlangeweile fast ein und dann ist’s auch schon wieder vorbei.
- Schuld und Sühne: Halleluja! Ein Lichtblick! Wenn man dieses rein elektronische Stück hört, dann mag man kaum glauben, dass es eines der ersten Ersten war, die Herr Wolff anfang der 90’er geschaffen hat. Harte Beats, elektronische Sounds, krächzende, verzerrte Stimme, Samples… Hört sich an wie eine Mischung aus Alten Pitchfork, Feinde auf Valium, Neubauten und Wumpscut. Unerwartet, aber sehr geil.
- Dreht euch: Schönes Intro… (hier Flüche nach Belieben einfügen) Nee echt, wirklich schönes Intro… Frage mich ob das Lied auch so schön weitergeht. Würde euch auch gerne davon berichten.
- Dem Ende entgegen: Es scheint ein sehr rockiges, eben durch die frühphase Lacrimosas geprägtes Lied zu sein, elches sich langsam steigert. (Oder auch nicht, nichts genauen weiß man nich)
- Schakal: Ehrlich gesagt… ich habe nie verstanden warum Anne Nurmi singen darf. Es klingt in meinen Ohren einfach furchtbar. Und dann wird auch noch das Intro von „Schakal“ damit versaut, dass sie irgendwas auf Finnisch brabbelt. Dann folgt noch eine Minute Song, und dann wars das auch schon wieder.
- Vermächtnis der Sonne (Urversion): Auf dem 1995’er Album „Inferno“ befindlich hat auch diese Version langes Intro. wieder nur eine Minute Song. Zumindest eine schön und interessant arrangierte Minute.
- Ein Hauch von Menschlichkeit (Late Night Remix): Ganz anders als auf der „Echos“ von 2003 hört sich das Lied an, als wäre es von Wolfsheim geremixed worden. Noch ruhiger und mit elektronischer Melodie unterlegt. Mehr davon!
- Morgen: Sehr ungewohnt mal eine Akustikgitarre in einem Lacrimosastück zu hören. Ich wollte grade schon „gelungen“ schreiben, da fing Thilo auf seine ihm ureigene Weise an zu singen. Ein wenig weniger Leidensschwingungen auf den Stimmbändern täten dem Song gut. An sonsten gibts an den paar Minuten nichts weiter auszusetzen.
- Schönheit straft jedes Gefühl: „Es tut mir ssoooooosseeehhhrlleeeiiiiid!“ Also wenn Thilo gequält singt… ok, aber wenn dann Anne auch noch reinquiekt… nee! Um es mal sachlich auszudrücken: die 3 Minuten sind etwas zu viel Leid, und die Melodie ist auch irgendwie nichtssagend. Tut mir schrecklich leid, aber so ist es.
- Ein Fest für die Verlorenen: Fängt sehr interessant und ungewöhnlich an, solch ein Intro hätte man eher von Deine Lakaien erwartet. Leider auch wieder ein wenig zu viel Leid und Frau Nurmis Stimme erzeugt ein fieses Pseudoecho. Nichts Tolles, aber man kann es sich anhören.
- Mantiquor: Rockige, abwechslungsreiche drei Minuten. Mehr zu hören wäre auch hier schön gewesen.
- Der Verlust: Kurzes, ruhiges Intro, welches dann in alter Lacrimosa-Manier immer rockiger wird. Gesang, Melodie, Drums, alles stimmig und zeitweise mit einer ohrwurmverursachenden zweiten Melodie unterlegt. Schön!
- Déjà vu: Sehr ruhiges, langsames Stück, schöne, zum träumen anregende Melodie. (Ihr wisst schon, zumindest in den ersten 3 Minuten.)
- Sellador: Erstaunlich elektronischer Song mit verzerrtem Gesang, der eine wunderbare Atmosphäre in das Stück zaubert. Dann setzen Streicher und Schlagzeug ein, das ganze wechselt dann weider ins Elektronische… Eins muss man Herrn Wolff lassen, er hat ein Händchen für gelungene Arrangements. „Da gibt es mehr zu sehn“ passt hier. Ich hoffe da gibt es auch mehr zu hören!
- Ohne dich ist alles nichts: Leider kein Knaller zum Abschluss. Ruhig, orchestral, Herzschmerz, Geigen und Gitarren. Gegen Ende der drei Minuten kommt dann ein wenig Schwung in das Stück, allerdings gibts wirklich deutlich bessere Lieder von Lacrimosa.
Fazit: Es tut mir wirklich in der Seele weh so etwas über eine meiner absoluten Lieblingsbands zu schreiben, aber… Dieses Album kommt mir irgendwie vor als hätte man ein paar Klassiker und einige „Reststücke“ ausgegraben, auf eine CD geklatscht und dann vergessen. Ich mag Herrn Wolf damit vielleicht Unrecht tun, aber mir kommt es nunmal so vor. Auch, dass Hall of Sermon meint den Rezensenten nur Snippets zuzusenden ist nicht gerde etwas was man mit Wohlwollen hinnimmt. Musikalisch gibt es auf „Schattenspiel“ leider nur wenige Lichtblicke. Schade. Sehr sehr schade.
Veröffentlichungsdatum: 07.05.2010
Anspieltipps: Schuld und Sühne, Ein Hauch von Menschlichkeit, Der Verlust
Website: http://www.lacrimosa.ch