Lantlôs - .neon
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Lantlôs – .neon (Review und Kritik)

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Mit „.neon“ veröffentlicht die ursprünglich deutsche, mit dem Beitritt des mehr oder minder bekannten, aber nichtsdestotrotz doch recht genialen französischen Musikers „Neige“ nunmehr aber internationale Kombo „Lantlôs“ ihr mittlerweile zweites Album. Musikalisch kann man es dem Post Black Metal zuordnen, und thematisch handelt es sich – wie bei vielen Werken dieses jungen Genres – um eine reichlich düstere Erkundung negativer Gefühle wie Melancholie, Trauer, Einsamkeit und Verzweiflung vor der Kulisse der modernen Welt, für die das titelgebende Element Neon, welches dank zahlreicher Leuchtreklamen in der Großstadt allgegenwärtig ist, als Symbol stehen mag.

Da Post Black Metal lediglich ein Sammelbegriff ist, dem üblicherweise all jene Bands und Projekte zugeordnet werden, die einst mit Black Metal begonnen, sich aber weiterentwickelt und stilistisch von diesem entfernt haben, bedarf die Musik von Lantlôs freilich einer genaueren Beschreibung. Darum sei gesagt, dass es sich bei den sechs Musikstücken des vorliegenden Albums grob um eine Mischung aus Black Metal und Postrock handelt, die musikalisch ein ums andere Mal Assoziationen mit Neiges Projekt Alcest und – besonders in punkto Thematik und Atmosphäre – seiner mittlerweile aufgelösten Band Amesoeurs aufkommen lässt. Ich persönlich fühlte mich zudem des Öfteren auch an die Hamburger Musiker von Fäulnis erinnert. Der Text des Albums ist übrigens, der deutschen Herkunft der Band und ihres französisch wirkenden Namens zum Trotz, zum größten Teil Englisch gehalten.

Eröffnet wird das Werk durch ein Stück mit dem ebenso originellen wie vielsagenden Titel „Minusmensch“. Der Anfang präsentiert sich, getragen von spärlichen Gitarrenklängen und Schlagzeug, noch ruhig und bedächtig, bevor sich das markante Screaming von Neige dazugesellt und auch die Musik durch treibende Riffs und Blastbeats ihre Verwandschaft zum Black Metal deutlich macht – um in der Mitte des Liedes plötzlich wieder ruhig zu werden und nach kurzer Zeit wieder von Neuem loszubrechen. Das Lied verbreitet bereits eine recht kalte und bedrückende Atmosphäre und stellt damit einen gelungenen Einstieg in das Album dar.

Lantlôs
Lantlôs

Der folgende Track „These Nights were ours“, mit etwas weniger als fünf Minuten Spieldauer das kürzeste Stück des Albums, ähnelt dem Opener betreffs des musikalischen Aufbaus recht stark. Wieder ist der Anfang ruhig und akustisch, wieder beginnen nach kurzer Zeit die Blastbeats, wieder gibt es einen ruhigen Abschnitt in der Mitte des Stückes – die durch das Lied verbreitete Atmosphäre jedoch ist eine völlig andere. Während der Opener noch düster und deprimierend war, kann man hier nun auch deutlich positivere Gefühle, fast schon Euphorie, heraushören.

Es folgt „Pulse/Surreal“, welches einmal mehr ruhig und melancholisch beginnt, wobei erstmals auch – gelungener – Klargesang zum Einsatz kommt. Zur Mitte hin schwillt die Musik jedoch wieder an und beinhaltet dann auch wieder Screaming, um dann am Ende wieder allmählich ruhiger zu werden und dann zu verklingen – in der Atmosphäre des Liedes ist vornehmlich Leidenschaft herauszuhören. Dieser Leidenschaft steht auch die Atmosphäre des darauffolgenden, sehr gelungenen Tracks „Neige de Mars“ (Schnee des März), der musikalisch durchgängig sehr Black Metal-lastig daherkommt, in nichts nach.

Im Vergleich zu den anderen Liedern doch recht ungewohnt ist der von stampfendem, gleichförmigen Schlagzeug geprägte Beginn des vorletzten Stückes „Coma“. Sie sind eine gute Metapher auf die durch den Titel schon angedeutete „komatöse“ Gefühllosigkeit einer tiefen Depression, die auch im Text des Liedes behandelt wird. Und dem entsprechend bleibt die musikalische Gestaltung bis auf wenige kurze Unterbrechungen bis zum abrupten Ende auch treibend, gnadenlos und verzweifelt.

Der abschließende Titeltrack „.neon“ wird im Wesentlichen von zwei Dingen geprägt: zum Einen durch den langsamen Rhythmus und zum Anderen erstmals durch eine weibliche Stimme, die in gesprochener Form von den psychischen Eindrücken in ihrem Leben berichtet. Dummerweise stellt Letzteres auch die schwächste stimmliche Leistung auf dem, in dieser Hinsicht verhältnismäßig makellosen, Album dar. Die Stimme wirkt irgendwie gekünstelt und gestellt; letzten Endes einfach nicht wirklich überzeugend. Dennoch kann auch der Titeltrack ansonsten in musikalischer und im Grunde auch atmosphärischer Hinsicht mit den anderen Liedern des Albums ganz gut mithalten.

Fazit:
Bei „.neon“ handelt es sich um ein Album, welches auf gekonnte Art und Weise tiefe negative Gefühle – für so was bin ich ja immer zu haben – musikalisch vertont. Kein Wunder, Sänger Neige ist schließlich vom Fach und so erinnert Lantlôs mehr als einmal an verschiedene andere Projekte, an denen er beteiligt ist. Dies jedoch ist gewiss auch seinem markanten Screaming geschuldet. „.neon“ ist ohne Zweifel musikalisch eigenständig, letztlich dürfte Bandgründer „Herbst“, den ich bisher wohl versehentlich ein wenig unter den Teppich gekehrt habe, auf die musikalische und lyrische Gestaltung auch deutlich mehr Einfluss genommen haben als der erst auf diesem Album zur Band gestoßene Neige. Wie dem auch sei – „.neon“ weist keinen einzigen musikalischen Ausfall auf und ist damit Liebhabern schwermütiger Musik definitiv zu empfehlen.

Tracklist:

  1. Minusmensch
  2. These Nights Were Ours
  3. Pulse/Surreal
  4. Neige De Mars
  5. Coma
  6. .neon
8/10

Anspieltipps:
– These Nights Were Ours
– Neige De Mars
– Coma

Veröffentlicht: 11.06.2010

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