Life Cried – Banished Psalms (Review und Kritik)

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Life Cried - Banished Psalms

Okay, das ist fies. Als ich bei Komor Kommando alle Krankheiten, die derzeit bei Clubmucke einzufangen sind, feststellen konnte, freute sich der Gothrock-Teil in mir bereits auf den Tod des in den Clubs totgespielten, aktuell angesagten Industrial, der, wie jede große Trendwelle, von billigen Trittbrettfahrern und minderbemittelten Posern wie [X]-Rx zerstört wurde und gerade seine Ehrenrunden dreht. Doch ein Album, das alle Klischees, die man so finden kann, so konsequent umgeht wie das Zweitwerk von Life Cried, „Banished Psalms“, ist mir seltenst untergekommen. Krachig, wenig anbiedernd, stampfend und düster – Eigentlich genauso, wie Industrial eigentlich sein sollte, aber immer seltener ist.

Im Zuge der Technofizierung, die sich so allmählich am Overkill totläuft, klingen Life Cried wie eine willkommene Abwechslung. Hier sind nicht Agonoize, sondern eher Tactical Sekt oder :Wumpscut: die Hauptreferenz – Sprich wohl durchkomponierte, tanzbare Düsternis statt Schweißerbrille auf und Bassdrum auf die 4 für den nächsten sicheren Clubhit und lifecried_400Experimentierfreude statt Nummer sicher, Atmosphäre statt Sterilität. Dazu tragen die verzerrten, aber immer noch emotionalen Vocals ebenso einen Teil bei wie die immer wieder eingestreuten Piano-, Spieluhr- und Streicherklänge, die dem Ganzen einen sehr tiefen und teilweise düsteren Touch geben, den ich bei sovielen Electro-Acts, die sich teilweise ungerechtfertigter Weise in der Szene herumtreiben und eigentlich nur 08/15-Hardstyle spielen, vermisse.

Und das ist wohl das ganz besondere an Life Cried, einer der wenigen Bands, die es schaffen, Industrial tatsächlich eine Seele einzuhauchen und nicht nur als Gebrauchstanzmusik dastehen zu lassen. So schaffen es z.B. Songs wie „Preacher“ oder „Dressed in Filth“, teilweise überlang, es zu echten Knallern – Auch wenn das ein oder andere Lied verzichtbar ist, beispielsweise die zwar netten, aber doch schnell vergessenen Zwischenspiele „Alone“, „Derelict“ und „Procession, Rigor Mortis“, weiß das Album im Großen und Ganzen zu gefallen, und das gar nicht mal schlecht. Über eine Albumdistanz von ca. einer Dreiviertel Stunde zu unterhalten schaffen viele Bands nicht – Manche scheitern sogar an der üblichen EP-Länge.

Fenriz
Fenriz

Fazit: Und so, als eine willkommene Abwechslung zu dem ganzen Einheits-Utz Utz, der derzeit in den Clubs totgespielt wird, verlässt diese Scheibe, die zeigt, dass Industrial nicht ganz so tot ist wie das Clubgeballer. Frank Zappa sagte einmal über Jazz, dass er zwar nicht tot sei, aber seltsam rieche. Ich mutmaße nun einmal, dasselbe über Industrial zu sagen: Auch wenn jede weitere Klischee-TBM-Band auf den Spuren von Combichrist oder Noisuf-X ein weiterer Nagel im Sarg der Clubmusik ist, so gibt es auch wenige gute Bands, die noch ein wenig daran rütteln könnten, dass der Sarg noch nicht ganz in der Erde verschwindet. Allerdings bin ich – Trotz der Qualität des Albums – überzeugt davon, dass gegen die Masse und ihren Durst nach dem immer gleichen Mist nix zu machen ist. So wäre das Album zusammen mit anderen wenigstens ein schöner Abgesang.

Tracklist:

  1. Another Sacrifice
  2. Bloodstained
  3. Dressed in Filth
  4. Bound in Hate
  5. Alone
  6. Preacher
  7. More to Tarnish
  8. Procession, Rigor Mortis
  9. Solemn
  10. Forbidden
  11. Derelict
( 7,5 / 10 )
(7,5 / 10)

VÖ: Bereits erschienen
www.lifecried.net
www.myspace.com/lifecried

Anspieltipps:

– Bloodstained
– Dressed in Filth
– Preacher
– Forbidden

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