Mein Verhältnis zu italienischen Bands war immer ein wenig… gespannt. Ausser den wirklich tollen Goth/Deathrockern von Madre del Vizio kam der Hauptoutput aus dem Umfeld der grausamen Flachköpfe von Dope Stars Inc., und auch Rhapsody of Fire, das Aushängeschild der italienischen „alternativen“ Musik, sorgen bei mir regelmäßig für Kotzreiz. Von Leuten wie Tiziano Ferro und wie sie sonst alle heißen, will ich gar nicht reden. Ausserdem erinnert mich die Band hauptsächlich daran, dass ich demnächst mal meine Italienisch-Hausaufgaben machen sollte, da meine Lehrerin – Halbitalienerin – mir sonst den Kopf abreißt. Aber ehe ich das tue, widme ich den Italienern von MAV meine Aufmerksamkeit. Diese sind – zum Glück – eine Band, die eher an die erwähnten Götter von Madre del Vizio erinnern als an die Bands des talentfreien Gelpotts Victor Love.
Nun, Madre Del Vizio sollten einem Großteil der Leser nix sagen. Also: MAV spielen Gitarrenwave mit sehr dezenten Minimal-Electro-, Batcave- und Deathrockeinflüssen. Das ganze wird mit klagendem Gesang in abwechselnd italienischer und englischer Sprache verziert. Das klingt nett nach 80ern und zeugt von einer guten musikalischen Frühbildung. Nicht umsonst fällt immer der Name von Madre Del Vizio, jener legendären deutsch-italienischen Band, die mit Deathrock-Songs in italienischer Sprache sich eine kleine, aber feine Kultgemeinde aufbaute. Als Referenzen nennt die Band auf ihrer Myspace-Seite allerdings Bands wie Joy Division, The Cure, Bauhaus, Current 93 oder Depeche Mode. Die üblichen Verdächtigen also, was aber auch nicht zwingend schlecht sein muss.
Naja, schlecht sind die Refernezen tatsächlich nicht: Von einer an Depeche Mode erinnernden Synthielinie wird der erste Song „Akynetik“ eingeleitet, das ganze mischt sich mit einem recht minimalen Wave-Rock-Fundament mit Referenz an die üblichen Verdächtigen. Ein guter Song mit nettem Refrain und einem coolen Tanzappeal – Mission erfüllt und den Referenzen keine Schande gemacht. Doch auch dem Pop („Vuoto“, das mit schönen Streichern ausgeschmückt wurde, oder „Insana Insonnia“), Electro („Il Crepuscolo Della Conscienza“) oder dem Post-Punk – „In My Brain“ oder mit dem schwer an The Cure erinnernde „Lamento“ – gehuldigt. Vor allem letztgenannte Songs würde ich als persönliche Highlights festhalten, sie beweisen doch am besten, was MAV können und was sie noch erreichen können, wenn sie in dieser Richtung weitermachen – Das Talent haben sie auf jeden Fall. Überraschenderweise wirkt die italienische Sprache hier sogar charmant und nicht, wie befürchtet, abschreckend.
Fazit: Eine vielversprechende Debüt-EP einer Band, die mir vielleicht helfen könnte, meine Abneigung gegen Musik aus Italien loszuwerden. Vielseitig und dabei zu keiner Sekunde zerfahren präsentieren sich MAV und wissen genau, was der geneigte New Wave/Post-Punk-Fan wünscht: Gute, eingängige Melodien, poppige Songaufabauten und dezente Melancholie. Wer also den 80ern hinterherheult, aber dennoch mit beiden Füßen im Heute steht, sollte mit der Band etwas anzufangen wissen. Auf die erste Full-Time-CD bin ich gespannt, denn das Talent, das die Band hier zeigt, beeindruckt doch. Auch wenn einige Songs ausbaufähig sind, die Band sollte man auf jeden Fall im Auge behalten.
Tracklist:
- Akynetik
- Lamento
- Il Crepuscolo Della Conscienza
- Vuoto
- Insana Insonnia
- In My Brain
- Dianes Dream
Veröffentlichung: 29.05.2009
http://www.myspace.com/bandmav
Anspieltipps:
– Lamento
– In My Brain