
Mittelalterbands gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Neben Szenegrößen wie In Extremo, Subway to Sally und Schandmaul erblühte mit Nachtgeschrei vor nunmehr vier Jahren ein neuer Stern am Mittelalterhimmel. Die sieben Frankfurter versprechen „epischen Folk“ und haben bereits zwei Alben veröffentlicht. Mit Ardeo folgt nun der dritte Streich der Mittelaltertruppe.
Als Inspirationsquelle für das gesamte Albumkonzept der neuen CD, inklusive dem Albumtitel und des Artworks diente Nachtgeschrei die berühmte Legende vom jungen Griechen Ikarus, der aus Übermut versuchte bis zur Sonne zu fliegen und infolgedessen sein Ende fand. Der Albumtitel ist lateinisch und bedeutet „Ich brenne“ – Ob die Band mit ihrem neuen Werk Fans und Kritiker in feurige Begeisterungsstürme zu versetzen vermag, wird sich noch zeigen. Sicher ist jedoch, dass Nachtgeschrei mit diesem Album ein deutliches Statement abgeben: Sie wagen es höher zu fliegen als alle anderen und loten die Grenzen des Genres aus um zu zeigen, wie facettenreich und wandelbar sie sind.
Nachtgeschrei verzichten auf ein Intro und legen mit An mein Ende gleich ordentlich los. Sofort fällt die charismatische Stimme von Sänger Hotti auf, der diesem Song einen mitreißenden Schwung verleiht. Auf diese Weise geht es mit Kein reiner Ort rockig weiter. Im Anschluss dazu folgt mit Herzschlag mein persönliches Highlight der Scheibe, ein Song in bester Mittelalter- und Tanzmanier, dessen Refrain gleich in Ohr und Bein geht.
Danach läutet der Track Herbst den langsamen Teil der CD ein. Hier setzen Nachtgeschrei vor allem auf Gitarrensound, die mittelalterlichen Instrumente bleiben im Hintergrund. Das ändert sich beim Instrumental Ad Astra, das ausgewogener instrumentiert ist und sich so vom vorherigen Stück abhebt. Akkustische Gitarrenklänge leiten das Titelstück Ardeo ein. Das Lied lebt von der einprägsamen Stimme Hottis, der das Ikarus Thema des Tracks mit seinem emotionalen Gesang großartig illustriert und dabei von seinen Kollegen, vor allem von der Akkustikgitarre, tatkräftig unterstützt wird.
Ich hör nichts mehr ist dagegen eine eher durchschnittliche Nummer, die durch den lautstarken Einsatz der Instrumente teilweise überladen wirkt. Mit Soweit wie nötig und Lichtschimmer liefern Nachtgeschrei zwei feinste Mittelalterballaden zum Träumen. Textlich bleibt hier aber leider kaum etwas im Gedächtnis.
Das nachfolgende Lied Hinter deinen Augen nimmt dann nochmal an Tempo auf, reicht jedoch nicht ganz an den Opener Bis an mein Ende heran. Mit dem eher langsamen Der Reisende bekommt das Album einen würdigen Schluss, in dem Sänger Hotti erneut seine Fähigkeit, Stücke emotional zu vertonen, unter Beweis stellen darf.
Fazit:
Ihren Facettenreichtum haben Nachtgeschrei mit ihrem neuen Album auf jeden Fall erfolgreich unter Beweis gestellt. Von düster und melancholisch bis tanzbar und rockig ist hier für jeden Geschmack etwas dabei. Liebhaber von mittelalterlichen Klängen kommen dabei voll auf ihre Kosten.
Für meinen Geschmack wären jedoch weniger langsame Nummern und mehr rockige Stücke à la Herzschlag wünschenswert gewesen. Dennoch kann ich hier bedenkenlos eine Kaufempfehlung für alle Liebhaber des Genres aussprechen.
Trackliste:
- An mein Ende
- Kein reiner Ort
- Herzschlag
- Herbst
- Ad Astra
- Ardeo
- Ich hör nichts mehr
- Soweit wie nötig
- Lichtschimmer
- Hinter deinen Augen
- Der Reisende
Spielzeit: 50:05
Wertung:

Anspieltipps:
An mein Ende
Herzschlag
Erscheinungstermin:
26.11.2010
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