netra - Mélancolie urbaine

netra – Mélancolie urbaine (Review und Kritik)

netra - Mélancolie urbaine

Es gibt viele netra im Internet: Einen Ortsteil vom Ringgau, eine Norddeutsche Erdgas Transversale, oder auch eine Band, die Black Metal und Trip Hop vereint.

„Die WAS vereint?“ werden Hartgesottene jetzt unken.

Ganz recht, und diese Kombination macht in netra’s Falle sogar viel Sinn, denn dem 2003 gegründeten Kollektiv geht es in seiner Musik um den Rückzug der Natur und der städtischen Depression, und so macht sich der Trip Hop-Aspekt hier richtig gut.

Eine Besonderheit gibt es noch zum vorliegenden Album: Es wurde eigentlich schon vor 5 Jahren aufgenommen, und wird nun mit der Vertragsunterzeichnung bei Hypnotic Dirge Records veröffentlicht.

Hypnotisch ist auch der erste Song auf „Mélancolie urbaine“, der da auf den Namen „City Light“ hört. Er beginnt mit einer Aufnahme von Polizeisirenen und einem sehr langsam gehaltenen Klavierstück. Überhaupt ist langsam, beziehungsweise lethargisch oder schleppend das dominante Tempo dieser Platte.

Am Anfang triphopst ein Elektroschlagzeug zwischen den Klaviertönen herum, aber ab der zweiten Minute ist Schluss mit Lustig, und das im dopppelten Sinne: Der Schreihals der Band zeigt uns, woraus er gemacht ist, das akustische Schlagzeug legt dynamisch gleich 5 Level auf einmal zu, und die Gitarren haben den Klavierpart übernommen.

netra - Promofoto

Insgesamt geben sich netra keine große Mühe, die beiden beherrschenden Stilelemente – Black Metal und Trip Hop – krachen ungebremst aufeinander wie Natur und Stadt.

Danach zieht das Tempo dann etwas an, bleibt aber immer noch eher gemäßigt. Zum Anfang klang es, als hätte eine Garagenband ein Depeche Mode-Album im Hintergrund laufen lassen, aber „La Page“ entfaltet erst nach mehrmaligem Hören seinen kratzigen Charme.

Und genau so geht es eigentlich auch auf dem Rest des Albums weiter, immer wieder schreddern sich Gitarrenbretter durch Synthie-Teppiche, der Gesang ist mal clean, mal schlicht und ergreifend Geschrei. Einzig der Schlusstitel „Blase“ hebt sich davon noch ein wenig ab, indem er eine düster melancholische Stimmung aufbaut, wie sie minimalistischer fast nicht sein könnte. Das Ende ist dann die schlimmste Konsequenz der „Mélancolie urbaine“ – der Suizid. Man könnte eine Art Geschichte dahinter vermuten, die sich aus den einzelnen Schnipseln in den Stücken zusammensetzt, aber diese wäre dann dennoch sehr abgehackt und lückenhaft, deswegen will ich mich hier nicht in mögliche Interpretationen verlieren.

Fazit:

Keine Frage, es ist Kunst auf höchstem Niveau, was netra da veranstalten. Und genau deswegen hat das Material wohl bei mir auch Schwierigkeiten, sich im Gehörgang fest-zubeißen. Jedoch sollte man sich die Musik der Gruppe auf jeden Fall zu Gemüte führen, sie regt zum Nachdenken an und ist dabei teilweise sogar noch entspannend.

Dafür, dass es noch zu sehr frühen Zeiten der Band entstanden ist, ein sehr gutes Album.

Titelliste:

1.     City Light

2.     La Page

3.     Outside…Alone

4.     Through The Fear

5.     Terrain Vague

6.     Outside…Maybe

7.     Blase

(7 / 10)

Anspieltipps:

Man muss das Gesamtwerk hören, wer wenig Zeit hat, dem ist „La Page“ zu empfehlen.

Erscheinungstermin:

16. Dezember 2010

http://www.myspace.com/emlazh

About Spjelke_Ulv

Check Also

Rezension: Funker Vogt – Element 115

Was Wäre Wenn – Wenn die Menschheit einem Irrglauben erlegen ist und die Götter der …