Nocturnal depression – Reflections of a sad soul (Review und Kritik)
Spürst du es? Den Selbstzweifel, den Hass, welchen du dir entgegenbringst, die totale Depression? Ein Abgrund, dunkler noch, als du ihn je erblicken durftest. Der Sog, der dich tief hinab zieht, ohne Halt, ohne Hoffnung. Du nimmst keine Rücksicht mehr, weder auf dich, noch auf andere, es ist dir schlichtweg egal. Es kümmert dich nicht. Wichtig ist nur der Schmerz, das Blut, das langsame Vergehen. Doch du suchst in dieser letzten Stunde Begleitung, nein, nicht von Menschen, welche dich nur hindern wollen.
Du suchst die Nähe nach etwas Tieferem, welches dich in deinem Vorhaben bestärkt, ein eisiger Kuss, der dir den Weg weist, den Weg nach Draußen, raus aus dieser elenden Hülle. Diese Nähe findest du in „Reflections of a sad soul„, dem neuesten Album aus der französischen Selbstmord-Schmiede Nocturnal depression.
Das kurze „Intro“ stimmt den Todeslüsternen darauf ein bis zum Äußersten zu gehen. Eine verzerrte Stimme bringt dir näher dein elendes Selbst doch endlich zu beenden, was durch die bedrohlich wirkenden Ambientparts nur bestärkt wird. Es gibt keinen Weg zurück, du greifst zur Waffe und richtest sie auf dich. Du reflektierst noch einmal dein Leben, erkennst keinen Sinn mehr. Deine trauernde Seele fordert ein Ende und so verwendest du die Waffe, wofür du sie schon vor Wochen gebrauchen wolltest.
Du erkennst keinen Tunnel, du findest keine Erlösung. Einzig die Totenglocke begleitet dich auf deinem letzten Gang. „The whispering spectrum“ schleppt sich eines Todesmarsches gleich durch karge, minimalistische Riffs, exzessiert diese bis an die Schmerzgrenze. Ein Stück, was dem Funeral Doom sehr nahe kommt, dich packt und in ewige Verdammnis zerren möchte. Der Refrainpart ist durch seine gute Leadgitarrenmelodie ein wahrer Höhepunkt der Verzweiflung, fiebert man doch auf dem Weg dorthin extrem mit.
Ganz anders „Fading away in the fog„. Zwar weiterhin minimalistisch, doch durch Blasts und ausgedehnte Double-Bass Parts wesentlich abwechslungsreicher. Nach zwei Minuten folgt ein Riff, welches so eindringlich nordisch klingt, wie man es in der Form kaum mehr zu hören bekommt. Ein doomlastiges Zwischenstück bringt uns zur Langsamkeit zurück, um daraufhin wieder blastend zu zeigen, dass dich die Depression nicht nur im nahezuhen Stillstand erreicht. Hier bemerkt man dann auch, dass gerade der Bass eine sehr abwechslungsreiche Rolle in der Musik Nocturnal depressions spielt.
Mit dem anschließenden Instrumental-Stück „Solitude and despair“ versteht es das selbsternannte Selbstmord-Orchester dich ganz tief zu treffen. Du bist vollkommen allein. Kein Mitgefühl oder gar Mitleid. Du wolltest es auch nicht, es reichen dir die wenigen, fast still stehenden Tonfolgen. Schlagzeug und Bass setzen ein, du fühlst langsam deine letzten Herzschläge. So viel hast du noch nie darin gespürt, wie im Moment.
Der vollkommene Stillstand, das Blut gefriert in deinen Adern. Der Schmerz lässt nach, deine Empfindungen schweifen nur noch an einem Punkt. Frieden! „Her ghost haunts theses walls“ führt den Minimalismus gekonnt fort. Mit tieftrauriger Akustik beginnt das Stück, zieht dies neben relativ einfachen Gitarrenriffs bis zum Schluss durch und steigert sich gegen Ende bis in absolute Ekstase.
Wie in Trance wandelt auch „Nevica“ seine 12 Minuten dahin. Langsam, kaum Änderungen, bis auf die eine oder andere Akustikpassage. Und so geht auch das letzte unbetitelte Stück unbeirrt seinen finalen Gang.
Der ein oder andere wird beim Hören in purer Langeweile verfallen. Wer jedoch in einer todesnahen Stimmung zu „Reflections of a sad soul“ greift, wird in diesem Album den Trieb nach Schmerz und dem Ende noch tiefer erleben. Der Minimalismus, die endlose Qual und Trauer, der tranceartige Zustand wetzen die Schneide deines Messers schärfer als manches Wort es jemals vermag.
Fazit:
Ein Tripp hinab ins unterste menschliche Bewusstsein. Nocturnal depression bündeln alles, was es an negativen gegen sich selbst gerichtete Emotionen gibt, in diesem einstündigen Werk. Die Wenigsten werden wohl damit wirklich etwas anfangen können, wer aber depressiven und suizidalen Black Metal liebt, wird „Reflections of a sad soul“ vergöttern.
Trackliste:
- Intro
- The whispering spectrum
- Fading away in the fog
- Solitude and despair
- Her ghost haunts these walls
- Nevica
- Untitled
Anspieltipps:
– The whispering spectrum
– Fading away in the fog
Erscheinungsdatum:
24.11.2008
www.nocturnaldepression.cjb.net/
www.myspace.com/nocturnaldepression