Ich werfe jetzt einfach mal die waghalsige Behauptung in den Raum, dass der beste Black Metal derzeit aus Kanada kommt. Dem Land des roten Ahorns haben wir Bands wie Sorcier des Glaces, Monarque, Forteresse oder Neige et Noirceur zu verdanken. Dementsprechend schnell habe ich bei der Promo ihres Landsmannes von „Ov Hollowness“ zugeschlagen, dessen zweiter Langspieler mit dem Titel „Drawn to Descend“ im Juli über Hypnotic Dirge Records, zu uns rübergeschwappt kam. Bei den aufgezählten Bands sowie der Bezeichnung „Ambient Black Metal“ hatte ich allerdings etwas völlig anderes im Sinn gehabt, als die Scheibe die uns Alleinunterhalter Mark R. mit dieser Veröffentlichung präsentiert.
Wobei es natürlich Schwachsinn wäre, Bands anhand ihrer Herkunftsländer pauschal über einen Kamm zu scheren. Tatsächlich kann ich Ov Hollowness mit keinem der ansässigen Kollegen wirklich vergleichen. Vielmehr klingen die ein oder anderen Titel, als wäre der Herr R. auf Diebestour in Norwegen gewesen. Vermutet man hinter dem Einmann-
Projekt ein weiteres 3-Riff DSBM Projekt, ist man dabei gehörig auf dem Holzweg und unterschätzt den Künstler ungemein. „Drawn to Descend“ erweist von Anfang an, als unerwartet vielschichtig. Kein Post-Rock, keine Trends, dafür in den beiden Stücken „Old and Colder“ und „The Darkness“ spürbare Hard-Rock Einflüsse, die aufgrund der Texte dennoch eine depressive Grundstimmung nicht vermissen lassen. Und auch die Bezeichnung „Ambient“ ist eher irreführend und dürfte sich wohl eher auf den Erstling beziehen, denn auf dieser Scheibe kommen Synthies wenig bis gar nicht zum Einsatz.
Stattdessen geht man einen erwähnt klassischen Weg. Neben wunderbarstem Black´n´Roll werdem einem hier durchaus auch mal sphärische Riffs geboten. Und im Stück „Winds Forlorn“ zollt der Mann dann wohl auch Immortal und ihrem Krächzer Abbath ordentlich Tribut. Hier sogar mit kurzem Cleangesang der mich dann doch an Post-BM Größen wie Austere erinnert und dem vorangegangenen, kalten skandinavischem Feeling einem unerwartet guten Abbruch tut. Eine wirkliche „Mitte“ oder seinen eigenen Stil scheint der Mann dabei über die volle Länge der Scheibe leider nicht zu finden, was dem ganzen einen sehr gesunden Abwechslungsreichtum beschert und mehr als einmal die Ohren spitzen und aufhorchen lässt. Wirklich meckern könnte man höchstens über die etwas stiefmüttlich behandelten Drums. Hier wirkt der Mann etwas leblos und kann nicht wirklich überzeugen. Wer allerding schon immer mal wissen wollte, was passiert wenn Hard Rock mit Immortal und Post Black Metal mischt, sollte darüber hinweg sehen können und ein Ohr riskieren.
Fazit: Mark R. geht los, klaut sich Riffs und Gekrächze von Abbath, die Black´n´Roll Attitüde von Darkthrone und den cleanen Gesang von Austere und fertig – „Drawn to Descend“ erblickt das Licht der Welt. Tatsächlich kommt mir auf diesem Album nahezu alles irgendwie bekannt und doch anders vor. Selbst wenn man einzelne Teile der Scheibe schon zig fach von anderen Bands gehört hat, in dieser Konstellation bekam man solche Töne noch nicht auf die Ohren. Auch wenn ich mir über den Langzeitspaß mit der Scheibe natürlich noch kein Urteil anmaßen möchte, kann ich nur sagen dass besonders die im Review angesprochenen Titel direkt gezündet haben und ich mich damit in zumindest einer Pauschalisierung durchaus bestätigt fühlen kann: Aus Kanada kommt zur Zeit einfach der beste Black Metal!
Titelliste von „Drawn to Descend“
- Old and Colder
- Drawn to Descend
- Desolate
- Winds Forlorn
- Drone
- The Darkness
Anspieltips:
> Winds Forlorn
> The Darkness
Erscheinungstermin:
29.07.2011
http://www.myspace.com/ovhollowness