Review: Aesthetic Perfection “Til Death“

Wenn man das neue Aesthetic Perfection Album “Til Death“, das am 7.2. weltweit via Metropolis Records veröffentlicht wird, nur mit einem Wort beschreiben wöllte, würde man Gefahr laufen, wichtige Teile des neuen Longplayers zu übersehen. Denn AP präsentieren sich vielseitiger denn je. Zwar findet man auch auf dem vierten Longplayer “Til Death“ immernoch die für Aesthetic Perfection typischen Industrialbeats mit wutentbranntem Gesang, doch Aesthetic Perfection zeigen sich allgemein melodischer und musikalisch konventioneller, was die vielen Synthpopelemente und der Hang zur Harmonie, wo einst der Wahnsinn des Chaos vorherrschte, nur zu gut beweisen.
Man kann “Til Death“ ohne größeres Bedenken als eins der innovativsten Alben in der Industrialszene betrachten – doch gehören Aesthetic Perfection überhaupt noch zu diesem Genre? Viel eher sollte man die Formation um Daniel Graves als alleinstehendes Kunstprojekt anerkennen, denn Aesthetic Perfection haben in den letzten Jahren bewiesen, dass man sie nicht in die Schublade des teilweise ziemlich monotonen Industrials stecken kann.

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“Til Death“ beginnt mit dem martialisch angehauchten “Happily Ever After“, das wie eine Kampfansage daherkommt und die Frage aufwirft, ob man einem anderen Menschen gegenüber so devot sein kann, dass man auch die schlimmsten Zeiten mit diesem bestreiten kann – es wird Abstand genommen von dem romantisierten Liebesbegriff, denn das Leben ist nicht perfekt, kein Märchen.
Überraschenderweise wird dieser angespannte, düstere, beengende Einstieg durch die mittlerweile wohlbekannte Außenseiterhymne “Antibody“ aufgelockert. Der Hauptteil des Albums ist gefüllt voller pfiffiger, clever komponierter Popsongs, mal etwas trashig wie in “Lights Out (Ready to go)“, mal etwas schwerer anmutend wie in “Death Rattle“ oder mal im Walzerrhytmus wie in “Showtime“ und alle haben sie die unverkennbaren, bezaubernden Synthpopelemente gemein, die zeitweise an The Birthday Massacre erinnern.
Trotzdem findet man auch alte Aesthetic Perfection-Elemente in fast jedem Lied wieder, die ausgeklügelten, treibenden Industrialelemente, die Screams, und die treibende Kraft des Aggro Tech, die innere Konflikte und eine gewisse Machtlosigkeit unterstreichen sollen.
Man kann sagen, dass ein gewisser Dualismus zwischen Hell und Dunkel, Gut und Böse das Album bestimmt– die alte AP-Seite, die mit Dunkelheit und Aggression verbunden ist, verschmilzt mit der neuen AP-Seite, die freundlicher, verträumter und romantischer wirkt.
Daniel Graves entfaltet auch seine Gesangsmöglichkeiten zu einem bis jetzt unbekannt gewesenen Grad und zeigt sich gesanglich so vielseitig wie noch nie. Die Lieder sind durch die harmonische und poppige Songstrukturen eher zugänglich und man will nichts lieber als bei der nächsten Party zu seinem/r Lieblings-DJ/ane zu rennen und diese/n zu bitten, das Album in Dauerschleife zu spielen.
Der angesprochene Dualismus, der charakteristisch für “Til Death“ ist, zeigt sich wahrscheinlich am besten in “The New Black“ – der Song beginnt mit den üblichen ekstasischen Industrialbeats und Daniels teils verzerrten Screams, um dann in einen poppigen Chorus mit Dubstepelementen(!) überzugehen. Aesthetic Perfection beweisen erfolgreich, dass grundverschiedene Musikrichtungen miteinander vermischt werden können.
Geschlossen wird das Album mit der ruhigen Industrialballade “Lovesick“, welches durch seine verträumte Synthieelemente brilliert und in dem Graves in zerbrechlich akzentuierten Gesang über die Misserfolge im Leben singt und doch bittet, am Leben und an der Liebe festzuhalten. Somit hinterlässt das Ende des Albums den Hörer in einer verträumten, melancholischen Stimmung, die einem trotzdem Hoffnung und Mut zuspricht.

“Till Death“ wirkt erwachsener, vernünftiger, kalkulierter – eine Entwicklung, die sich sehen lassen kann. Es ist erfrischend, einen Industrialact zu beobachten, der sich weiterentwickelt und von der Wut etwas Abstand nimmt. All diejenigen, die Aesthetic Perfection “Stilverrat“ vorwerfen, verstehen anscheinend nicht, worum es in der Kunst geht: sich weiterzuentwickeln, zu reifen. Und das haben Aesthetic Perfection mit “Till Death“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Tracklist:

  1. Happily Ever After
  2. Antibody
  3. Lights Out (Ready to go)
  4. Death Rattle
  5. Big Bad Wolf
  6. Showtime
  7. Oh, Gloria!
  8. The Dark Half
  9. The New Black
  10. Lovesick

Anspieltipps: Happily Ever After, Antibody, Lights Out (Ready to Go), The New Black

Bewertung: 8/10

Homepage: http://aesthetic-perfection.net/

 

About Alex Ultra-Riot

Anstrebende Bachelorette in English Studies und Politik&Gesellschaft. Verirre mich gerne auf gedanklichen Pfaden und bin immer auf dem Weg zu etwas Größerem, Besserem, Schönerem.

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