Das M’era Luna Festival hat sich im Laufe der Jahre einen guten Ruf innerhalb der schwarzen Szene erarbeitet und lockt jährlich 25.000 Besucher auf den Flughafen in Hildesheim. Das Line-Up setzt sich aus Newcomern und wahren Legenden des Gothics zusammen und so kann es passieren, dass man neben den Durchstartern von „Elvellon“ auch den Alt-Meister „Joachim Witt“ bestaunen kann. Das Festival gilt als besonders friedlich und familiär. Das M’era Luna gilt neben dem WGT als wichtigstes Festival der schwarzen Szene.
Früh begann der erste Festivaltag, bereits um 11 Uhr betraten die Gewinner des Newcomer Contest „Elvellon“ die Bühne und heizten dem Publikum mit ihren Symphonic-Metal klängen ordentlich ein, ehe sich die Mittelalterfraktion auf den Doppelschlag von „Nachtgeschrei“ und „Versengold“ freuen konnte. „Nachtgeschrei boten eine gute Show und zeigten, dass ihr Neuzugang an der Drehleier die richtige Wahl war. Leider fehlte der großartige Song „Windstill“, aber alles in allem war es ein gutes Set. Die Spielleute aus Norddeutschland, Versengold, zeigten sich gut gelaunt und spielfreudig wie immer, obwohl das Thermometer unaufhaltsam auf die 40 Grad zusteuerte. Nichtsdestotrotz wurde gefeiert, getanzt und als dann „Drey Weyber“ gespielt wurde, gab es für die Massen kein Halten mehr. Versengold schafften es erneut das Publikum in einen Rauschzustand zu versetzen und bestätigten ihren Ruf als exzellente Live-Band. Mit „Spielbann“ stand ein Geheimtipp auf der Running Order. Die Jungs schafften es mit ihrer Mischung aus Metal – und Gothicklängen den Hangar in einen Hexenkessel zu verwandeln. Ein interessanter Auftritt, dem hoffentlich noch viele weitere folgen werden. Eine weitere außergewöhnliche Band sind wohl ohne Zweifel, Coppelius. Es gibt kaum eine andere Band, die dem Steampunk eine musikalische Begleitung geben kann. So haben die Herren von Coppelius sich einen guten Ruf erspielt, der auch dieses Mal verteidigt wurde. Mit einer Mischung aus älteren und neuen Songs konnten sie die Fans überzeugen. Butler Bastille erfüllte auch bei diesem Gig die hohen Erwartung vollständig. Die Berliner Band „Ost+Front“, die bereits durch einige Skandale in der Vergangenheit auffällig wurde, ließ es sich auch beim M’era Luna nicht nehmen, ihre Show mit der Nationalhymne der DDR zu beginnen und zu beenden. Ob es nun politische Überzeugung oder einfach Provokation sei sollte, bleibt dahin gestellt. Die Reaktionen des Auditoriums waren jedenfalls sehr gespalten. Ansonsten bot die Playliste alles, was diese Band ausmacht. Höhepunkt war unumstritten „Schlag mich“, ein wahrer Fanliebling, der bei jedem Konzert abgefeiert wird. Eine sichere Bank sind immer die Jungs von „Lord of the lost“. Eine Band, die insbesondere bei jüngeren Fans sehr hoch im Kurs steht und mit ihrer Show die Menge einfach begeistern kann. Was wäre das M’era ohne „Dry the Rain“ oder dem Outro „credo“ von Chris Harms und seinen Mitmusikern. Wunderbare Stimmung im Publikum und mörderische Hitze hatten es sich nun auf dem gesamten Gelände gemütlich gemacht. Mit den „Deathstars“ stand nun eine Metalband auf dem Programm, die das Auditorium zum Headbangen animierte. Mit ihren Songs „Metal“ oder auch „All the Devil’s Toys“ blieben keine Wünsche der Hard `n Heavy Fraktion offen. Etwas ruhiger wurde es mit „ L’ame immortelle“, die mit ihrer düsteren Lyrik die Massen schon seit Jahrzenten in ihren Bann ziehen. Sonja zeigte sich bei diesem Auftritt in Bestform und schmetterte legendäre Songs, wie „Bitterkeit“ oder „Stumme Schreie“ dem begeisterten Publikum entgegen. Mit ihrem Hit „5 Jahre“ beendete die Band ihren Gig.
„Saltatio Mortis“ haben in den letzten Jahren einen wahren kometenhaften Aufstieg hingelegt. Das letzte Album kletterte bis auf Platz 1 der Deutschen Charts und die Band war bei vielen Festivals vor Ort, um ihr Können auch live unter Beweis zu stellen. Mit neuen Songs im Gepäck vom kommenden Album „Zirkus Zeitgeist“ schafften es die Spielleute auch dieses Mal die Fans auf ihre Seite zu ziehen. Ob nun das neuere Stück „Wo sind die Clowns“ oder das legendäre „Prometheus“ die Band zeigte sich in bester Spiellaune und übertrug die gute Stimmung ins Auditorium. Echte Urgesteine der schwarzen Szene sind wohl ohne Zweifel „Blutengel“. Keine andere Band hat die deutschsprachige Szene in dieser Form beeinflusst. Mit Songs wie „Lucifer“ oder „Bloody pleasures“ schufen Chris Pohl und seine Mitstreiter Meilensteine der Gothic-Szene. Wenig verwunderlich also, dass diese Band frenetisch empfangen wurde. Neben den neuen Songs „ich bin dein Gott“ und „the war between us“ kam auch der Everblack „Engelsblut“ zur Aufführung und erschuf ein Gemeinschaftsgefühl, wie es eben nur Blutengel schaffen. Nach „reich mir die Hand“ wurde die Band in den verdienten Feierabend entlassen. Der Schockrocker „Rob Zombie“ lud danach zum geselligen Beisammensein ein und bot den Fans eine großartige Show, die mit zwei Coverversionen von „School‘s out“ und „Blitzkrieg Bop“ beendet wurde. Ein wirklich ungewöhnlicher Auftritt, der den Besuchern noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Die Ehre des Headliner-Slots übernahmen „ASP“ aus Frankfurt. Mit ihren Songs haben sie eine ganze Generation von Grufties geprägt und holen nun mit einem neuen Album zum nächsten Angriff auf die Herzen der Fans aus. Als kleinen Vorgeschmack wurde an diesem Abend der erste Song der neuen CD präsentiert. „Astoria“ passt zu ASP und klingt nach einem zeitlosen Klassiker, der sich gut in die Bandhistorie einfügen wird und das Zeug zu einem Fanliebling hat. Eine gelungene Zusammenarbeit mit der Band „Spielbann“ wurde mit dem Song „Werben“ präsentiert, der die Fans zum Tanze bot. Nach dem legendären „ich will brennen“, ohne den ein ASP Konzert nicht vorstellbar ist, gab es noch eine Überraschung in Form einer Akustik-Version vom Track „Schwarzer Schmetterling“. Ein emotionales Ende eines grandiosen Konzertes. Nachdem die letzten Klänge verklungen waren, machten die Fans sich auf den Weg zu den Zeltplätzen oder ließen den Abend auf dem Mittelalter-Markt zu den Klängen der Band „Pestilenzia“ ausklingen. Der späte Abend bot einige Verlockungen und so gab es neben einer Feuershow auch noch die Möglichkeit im Disco-Hangar zu EBM und Industrial durch die Nacht zu tanzen.
Der Sonntag begann mit dem Newcomer „Schwarzer Engel“, der bereits durch einige Alben und als Vorband für ASP für Furore sorgte. Mit dem neuen Album „Imperium I“ im Gepäck wurde eine packende Show präsentiert und der Beweis erbracht, dass man sich um den Nachwuchs im Gothic-bereich keine Sorgen zu machen braucht. Die „ Dope Stars Inc.“ Zeigten sich bei besten Sonnenschein von ihrer Schokoladen-Seite. Die Rocker um den Sänger Victor Love begeisterten die Massen mit ihren Klängen, die irgendwo zwischen 80er Gothic und aktuellem Metal einzuordnen sind. Nach diesem Auftritt betraten die Mittelalterrock-Pioniere von „Tanzwut“ die Bühne. Teufel und seine Mannen haben sicherlich schon einiges erlebt und so manchen Sturm überstanden. Mit dieser Begeisterung konnte die Band jedoch nicht rechnen, fast wie ein Messias wurden die Spielleute willkommen geheißen. Kein Wunder, man hatte mit dem Album „Freitag der 13.“ Schließlich einen Volltreffer gelandet und die Menge gierte nach den neuen Songs. Mit „Brot und Spiele“ kam dann auch sogleich der erste Song der CD zur Aufführung. Frenetisch abgefeiert und zu allen Schandtaten bereit, wurde bei dem legendären Track „Meer“ ausgelassen gefeiert, ehe der ebenfalls neue Song „Brüder im Geiste“ das Auditorium in Verzückung versetzte. Besser kann man einen Nachmittagsslot kaum ausnutzen. Eine dichte Aneinanderreihung von Hits und neuen Lieblingsliedern ließ die Spielzeit wie im Fluge vergehen. Eine wahre Legende betrat die Bühne. Joachim Witt verlieh dem M’era Luna 2015 den Hauch der Geschichte. Ein wirklich denkwürdiger Auftritt des Altmeisters, der mit seinen Hits „Der goldene Reiter“ und „Die Flut“ sowohl junge als auch ältere Fans beeindrucken konnte. Eine Band, die mittlerweile unverzichtbar zu diesem Festival gehört, sind „Mono Inc“. Mit ihren Alben spielten sie sich in die schwarzen Herzen der Fans. Lediglich das aktuelle Album löste sehr gespaltene Reaktionen aus. Vielleicht war auch das der Grund, dass eher ältere Songs zur Aufführung kamen. Neben „Symphony of Pain“ auch der Klassiker „Voices of doom“, der es jedes Mal schafft das Publikum zum Mitsingen zu animieren. Der neue Song „Tag X“ wurde wohlwollend zur Kenntnis genommen, jedoch war „Get some sleep“ der emotionale Höhepunkt der Setliste.
Die umstrittene Band „Nachtmahr“ gab sich im Anschluss die Ehre für ihre Fans zu spielen. Die Band, die durch Songs wie „Mädchen in Uniform“ bekannt wurde und gerne mit Militär-Ästhetik spielt, hatte einige Demonstranten auf den Plan gerufen, die in der Aufführung dieser Show eine Gefahr sahen. Jedoch wurde das Banner kaum beachtet und die schwarzen Seelen tanzten ausgelassen, sogar vor dem Hangar am großen Bildschirm bildete sich eine tanzwütige Meute. Der Höhepunkt war wohl „Liebst du mich“, als die Masse kollektiv sich in einen Tanzrausch versetze, um bei „Can your Fee the Beat“ die letzten Reserven zu mobilisieren. „Mädchen in Uniform“ bot den krönenden Abschluss dieses Gastspiels. Die Sonne senkte sich und ließ den Besuchern etwas Zeit sich zu erholen. Mit den „Einstürzende Neubauten“ stand eine Band der ersten Stunde auf dem Billing. Die Berliner musizieren seit den frühen 80er Jahren miteinander und verfolgten stets einen experimentellen Stil und werden oft von aktuellen Gothic-Bands als Idole genannt. Ein sehr ruhiges Set, das eher einer Geschichtsstunde glich, als einem lautstarken Konzert. Trotzdem muss man festhalten, dass die Herren es immer noch draufhaben, die Mengen zu begeistern. Den Headliner-Slot füllte am zweiten Tag die Band „Nightwish“. Einen derart großartigen und opulenten Gig bekam man auf dem M’era eher selten zu Gesicht. Sängerin Floor und ihre Mannen brannten ein Feuerwerk aus alten Songs und neuen Tracks ab, das sich gewaschen hatte. Auch die Pyroshow konnte sich sehen lassen, riesige Feuerbälle oder Nebelkanonen, die direkt hinter der Band platziert waren, trieben den Besuchern die Schweißperlen auf die Stirn. Ob nun „She is my sin“ oder „ Endless forms most beautiful“, jeder Track wurde frenetisch bejubelt, bei „Amaranth“ gab es kein Halten mehr, das schwarze Meer gab sich dem gemeinsamen Feier-Rausch hin. Der emotionale Höhepunkt war „Ghost Love Score“, ehe sich die Band mit einem Pyrofeuerwerk und „Last Ride of the day“ von ihren Fans verabschiedete. Die letzten Klänge verhallten, jedoch ging die Party auf dem Zeltplatz bis in die späte Nacht weiter.
Fazit: Das M’era Luna hat zu Recht sich seinen Platz im schwarzen Terminkalender erkämpft, jedoch könnte man noch Einiges im Bereich der Organisation bei An- und Abfahrt verbessern. Außerdem wären bei solchen Temperaturen zusätzliche Wasserstellen sicher nicht zum Nachteil gewesen. Das Bühnenprogramm bot für jeden Geschmack, lediglich die teilweise extrem kurzen Spielzeiten der Bands sollte man noch einmal überdenken. Ebenfalls völlig unverständlich bleibt, weshalb man für den Disco-Hangar noch zusätzlich Eintritt bezahlen muss. Alles in allem kann man allerdings festhalten, dass das Festival aufgrund der friedlichen und freundlichen Besuchern, sowie den Bands eine Empfehlung wert ist.