Sin Reaper- Das Exklusivinterview mit Regisseur Sebastian Bartolitius und Filmkritik

Am vergangenen Freitag wurde die Johanniterburg in Kühndorf zum Schauplatz der offiziellen Filmpremiere des deutsch produzierten und auf Englisch gedrehten Horrorfilms „Sin Reaper“.  Dark News war für euch vor Ort.

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Die Location hätte nicht besser gewählt sein können, handelt es sich bei der  Burg doch um den Originaldrehort des Films. Gegen 18 Uhr füllten sich der Burghof und die Empfangshalle mit der Filmcrew, geladenen Gästen, der Presse und Anwohnern des Dorfes, die zum Teil als Komparsen mitgewirkt hatten. Nach einer Führung über das wunderschöne, ehrwürdige Anwesen und zu den einzelnen Drehorten hieß es schließlich: „Film ab“:

Samantha, kurz „Sam“, quält. Auf Anraten ihres Psychiaters und Freundes Doktor Hoffmann macht sie sich schließlich auf die Suche nach den Ursprüngen ihrer Visionen. Ihr Weg führt sie nach Deutschland zu einem alten Kloster in Wallenhausen. Dort findet sie sich plötzlich in ihren schlimmsten Alpträumen wieder. Gemeinsam mit vier anderen Jugendlichen muss sie um ihr Überleben kämpfen, da es der selbsternannte Gotteskrieger, der „Sin Reaper“, auf sie abgesehen hat.

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Samantha findet sich in ihrem Alptraum wieder

Sin Reaper versucht an das klassische Slasher-Genre wie in Freitag der 13. anzuschließen. Das Killer-Design kann sich dabei durchaus sehen lassen, das Konzept geht auf und ist in sich absolut stimmig, wenn nicht sogar brillant- Der in eine Mönchskutte gehüllte Killer trägt eine Maske mit kreuzförmigem Sehschlitz und schwingt eine eiserne Waffe in Form eines dreidimensionalen Kreuzes. Die Botschaft ist deutlich: Hier wird der Glaube zum Töten instrumentalisiert. Regisseur Sebastian Bartolitius stellt klar, dass es hier ausschließlich um eine Kritik an dieser Instrumentalisierung geht und nicht um Religionskritik an sich: „Ich möchte nicht, dass mich jemand falsch versteht. Mir ging es nur darum anzuprangern, wie verwerflich es ist, Religion für Gewalt und Kriege zu missbrauchen“, positioniert er sich vor der Premiere.

Die Charaktere in Sin Reaper haben eine für Slasher ungewöhnliche Tiefe, was als sehr positiv zu bewerten ist. Zu Beginn glaubt man die üblichen, naiven, stereotypen Teenies vor sich zu haben, erkennt dann aber mit der Zeit, dass es sich hier um agierende und denkende Charaktere handelt, die sehr detailliert gezeichnete Interaktionen zeigen und eine eigene Persönlichkeit entwickeln. So möchte man gerne wissen, wie es z.B. mit Jenny und R.J. weitergeht, zwischen denen sich eine ganz besondere Chemie entwickelt. Leider ist einem gleichzeitig schmerzhaft bewusst, dass es sich bei den Teens in erster Linie um Slasherfutter handelt und ihre Screentime stark begrenzt ist. Doch gerade diese Tatsache macht ihr Dahinscheiden umso schmerzhafter:  Zu gerne hätte man erfahren, wie sich die kleinen Geschichten zwischen den Protagonisten weiterentwickeln.

Auch auffallend ist, dass die Figuren tatsächlich „realistisch“ handeln und nicht stereotypisch wie in vielen anderen Horrorfilmen. Beim Auffinden ihrer toten Kameraden reagiert jede Figur anders, keiner jedoch mit stupiden One-Linern oder unrealistischer Coolness. Man glaubt die im Film inszenierte Gefahr und das Entsetzen der Protagonisten jederzeit.

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Sam ist das Entsetzen ins Gesicht gschrieben

Häufiger macht sich das Gefühl breit, dass hier zwei Filmkonzepte kollidieren- das Drama und der Slasher. Man würde gerne mehr über die Charaktere erfahren, manche Storyelemente werden auch nicht ausreichend zu Ende erzählt. Dafür finden sich ausgedehnte „Durch das Gemäuer-schleich-Sequenzen“, die zwar der Stimmung dienlich sind, nicht jedoch der Handlung. Was das Killerkonzept und die ihm zu Grunde liegende Idee angeht, so hätte es etwas konsequenter angewendet werden können. Häufig ist nicht klar, für welche Sünde die einzelnen Figuren getötet werden oder ob er den Aufenthalt der Jugendlichen in den heiligen Hallen an sich schon als Sünde ansieht.  Hätte man eines der Konzepte- die Einzelgeschichten oder die Geschichte des Reapers- vermehrt in den Mittelpunkt gestellt und konsequent auserzählt, hätte der Film sicherlich davon profitiert.

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Ziemlich Badass:  Adrian Tauss als Matthew Ellis

Was den Film trotzdem auszeichnet ist, dass er mehr ist, als ein stupider Slasher. Doch genau das könnte ein Problem für ihn werden, da Sin Reaper an vielen Stellen gezielt gängige e Klischees. Für alle anderen ist Sin Reaper erfrischend anders als die meisten seiner Slasher-Kollegen.

Als Fazit lässt sich sagen- für ein Low-Budget Erstlingswerk ist Sin Reaper eine solide Arbeit. Der Film ist unterhaltsam, spannend und hat sogar ein wenig Tiefgang.  Das Schauspiel ist gut und insbesondere im Fall des von Adrian Tauss gespielten Matthew Ellis zeitweise sogar einfach grandios.  Trotz der hier und da etwas holprig wirkenden Dialoge und oben genannten Schwächen ein schöner Film mit brillantem Killerdesign.

Wer den Film gerne erwerben möchte kann das hier tun, in der Blu-Ray Fassung auch erhältlich in 3D:

http://www.amazon.de/Sin-Reaper-blu-ray-inkl-Bonusmaterial/dp/B00E97YNVC/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1382726148&sr=8-2&?keywords=sin+reaper

Sowie online my MyVideo unter den Top Filmen: http://www.myvideo.de/watch/9258194/Sin_Reaper

 

DN hat im Anschluss mit Regisseur Sebastian Bartolitius gesprochen. An manchen Stellen wurde das Interview in Absprache stark gekürzt, insbesondere bei Lobeshymnen auf die Crew oder Nerdausbrüche über Lance Henricksen  😉 Wer das Interview in voller Länge lesen möchte, kann der Redakteurin gerne eine Mail zukommen lassen.

 

DN: Das Killer-Design ist absolut genial. Wie kam der Sin Reaper zu Stande?

Sebastian Bartolitius: Zunächst mal freut es mich sehr, dass Dir das Design gefällt, da sind wir nämlich selbst tatsächlich ein wenig stolz drauf :o)  Ein mittelalterlicher Handlungsort für die Geschichte bot sich einfach sehr an, weil es so etwas in den USA zwangsläufig nicht gibt, was vor allem Vertriebsseitig einen reizvollen Aspekt darstellt.

Nachdem schnell klar war, dass wir die Geschichte in einem ehemaligen Kloster spielen lassen wollten, kam uns sofort die Idee zu einem „ideellen“ Mörder. Einem Mönch im festen Glauben etwas absolut richtiges, wichtiges, sogar Heiliges zu tun. Da drängte sich mir eine von Kreuzrittern inspirierte Maske förmlich auf. Und das Kruzifix umfunktioniert zu einer tödlichen Waffe schien mir einfach ein perfektes Symbol für das Thema unseres Films zu sein.  Ursprünglich dachte ich an eine Art Morgenstern mit dem Kruzifix an Stelle der Stahlkugel, aber Nico (Sentner, Produktion) und Matthias (Haag, Produktion) haben mich dann zum Glück schnell in Richtung Streitkolben geführt.

Die Waffe (Das „Crossmace“) hat mein Produktionsleiter Matthias Haag designed und von Markus Henning bauen lassen. Es ist gotisch angehaucht, einfach weil es uns das so gefällt 🙂 Zudem wirkt es so noch grausamer, weil sich durch die Form automatisch quasi Widerhaken an jeder Klinge ergeben. Matthias selbst hat eine Latex-Version mit Kernstab gebaut, die wir immer verwendet haben, wenn jemand wirklich getroffen werden sollte oder mit der echten Waffe ein zu großes Verletzungsrisiko bestanden hätte. Die ist nämlich verdammt schwer, stabil und wirklich mit Vorsicht zu genießen. Zu guter Letzt hatten wir Dank unseres Set-Designer Sebastian Heck  noch diverse Varianten aus Holz. Die konnten wir zersägen, um sie z.B. teilweise in Opfern stecken zu haben.

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Der Sin Reaper- Geniales Killerdesign

 

DN: Was gefällt dir besonders an dem Film?

Sebastian Bartolitius: Die Musik, die Carsten Benninghoff für uns komponiert und umgesetzt hat finde ich einfach nur großartig! Einige Stücke höre ich mir öfters einfach so an, weil sie mir so sehr gefallen.

Zudem gefallen mir die wunderbare Location und die Bilder, die Michael Arnieri und Tobias Utz (1. und 2. Kameramann) dort für den Film eingefangen haben. Mit einem solch eingeschränkten Budget fast 2 Wochen lang nachts zu drehen, war nicht gerade anspruchslos und es gelingt ihnen wirklich, einige sehr stimmungsvolle und „verstörend schöne“ Momente zu erschaffen. Die Von Eichborns, denen die Johanniterburg gehört, waren unglaublich zuvorkommend und geduldig, ließen uns die ganze Zeit über mit der gesamten Crew dort wohnen und gaben uns Zugang zu praktisch jedem Winkel des Gemäuers. Jede im Film gezeigte Geheimtür, versteckte Gänge und Treppen mitten in den Mauern sind 100% echt!

Die Charaktere bedeuten mir sehr viel und ich mag ihre (wenn auch teilweise nur angedeuteten) Character-Arcs. Samantha tut mir einfach nur leid und die Art, wie sie sich entwickelt war mir sehr wichtig. Sie wird grandios verkörpert von Helen Mutch, mit der zu arbeiten schlichtweg brillant war.

(Ab hier folgt ein grandioser Monolog mit Lobeshymnen auf den ganzen Cast.) 

DANKE an Euch alle!!!

Und dann war da natürlich noch mein Held seit Kindheitstagen Lance frakkin´ Henriksen! Der Wahnsinn, dass wir ihn bekommen haben! Er war die erste Person, die mir für Dr. Hoffmann in den Sinn kam und wir haben noch darüber gescherzt „das macht dann Lance Henriksen, ja is klar…“ Niemals hätte ich da ernsthaft dran geglaubt, aber unser unermüdlicher Vertriebler, Co-Produzent und Worcaholic Nico Sentner hat sich über Wochen und Monate mit zweiunddrölfzig Agenten, kiloschweren Regularien und noch mehr zermürbendem Schranz und Firlefanz auseinandergesetzt und uns diesen Traum am Ende tatsächlich erfüllt. 

(Ab hier folgt die Fortsetzung der Dankesrede, sowie ein enthusiastischer Lance Henriksen Nerd-Ausbruch.)

Aber eigentlich war ich ja gerade bei Lance… Gott war ich nervös vor unserem ersten Telefonat, doch Lance war von vorneherein so locker, cool, witzig und trotzdem 100% bei der Sache, dass die Arbeit mit ihm einfach nur großartig war. Man sollte meinen, dass eine Ikone wie er lediglich am Set erscheint, ihren Text abspult und das war´s. Aber nein: Wir haben viel Zeit vor und nach dem Dreh verbracht, er kannte das komplette Drehbuch und hat sehr viel zur Geschichte, Ausdrucksweise etc. seiner Figur beigesteuert und gemeinsam mit Helen ein wunderbares, gemeinsames Spiel erschaffen.

Das hatte ich so nicht erwartet und es hat mich einfach nur glücklich gemacht.

Hazuki Kato  Paulina Bachmann  Andrew James Porter   Patrick J. Thomas   Adrian Rolf Tauss

Hazuki Kato, Paulina Bachmann, Andrew James Porter, Patrick J. Thomas, Adrian Rolf Tauss

DN: Was Lag dir bei der Umsetzung des Films besonders am Herzen?

Sebastian Bartolitius: Die Anti-Religionsmissbrauchs-Message lag mir extrem am Herzen und wir alle wollten einen Killer mit einer wirklichen Motivation haben. Niemanden „nur“ geistesgestörten, der sich wahllos durch gesichtslose Opferlämmer metzelt.

Außerdem war es mir wichtig, dass die Figuren nicht „wissen, dass sie in einem Slasher sind“. Nicht jede Frau kreischt automatisch schrill und nicht jeder Mann mutiert automatisch zum Krieger, wenn jemand BUH macht.

 

DN: Was unterscheidet SR von anderen Filmen des Genres?

Sebastian Bartolitius: Ich denke, dass wir erfolgreich einige der gängigen Klischees umschifft haben, die im Prinzip jedem Slasher-Freund zum Halse raus hängen. So gibt es z.B. keinen obligatorischen Kiffer, keine Schlampen-Jungfrauen-Sporttyp-Konstellation mit Sexparty-Plan und keine coolen Reaktionen auf in Wahrheit furchtbare Ereignisse. Leider mussten wir uns in vielen Punkten aber auch den Vertriebsvorgaben beugen, gerade was die „every 10 minutes a kill“-Regel angeht. Das Drehbuch und auch der finale Schnitt des Films wurden penibel danach getrimmt, diese einzuhalten, was mich während des gesamten Entstehungsprozesses sehr gestört hat. Wir haben Biografien für jeden einzelnen Charakter geschrieben und hätten viel in petto um sie zu vertiefen. Das meiste davon musste aber von Script-Version zu Version immer mehr weichen und ein Teil des Restes wurde zwar gedreht aber letztlich aus dem Film geschnitten. So gibt es natürlich auch Figuren im Film, die ganz offensichtlich nur dem Zweck dienen in Minute XY jemanden zum Umbringen zu haben. Meiner Meinung nach ziemlich bescheuert und kontraproduktiv aber leider unausweichlich. Aber zum Glück gelingt es den Darstellern in meinen Augen in der wenigen Zeit die sie haben, die in Wahrheit vorhandene Tiefe ihrer Charaktere oftmals dennoch deutlich zu machen. Thank God for the cast!

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DN: Was würdest du bei deinem nächsten Film anders machen?

Sebastian Bartolitius: Oh, eine Menge 🙂 In erster Linie würde ich viel mehr auf mein Herz und meinen Bauch hören und mich weniger von äußeren Zwängen beeinflussen lassen. Die Szenen und Aspekte im Reaper bei denen das der Fall war, gefallen mir persönlich mit Abstand am besten. Ich bevorzuge jederzeit eine Szene auf der Schwelle zum Kitsch gegenüber einem emotionsleeren, unmenschlichen Vakuum. Der Dreh ist nun schon 3 Jahre her und war mein erster Versuch, 90 Minuten am Stück zu erzählen. Natürlich gibt´s da Luft nach oben, was meine Arbeit angeht. Die gesamte Entstehung des Reapers war eine unglaublich lehrreiche Zeit für mich und der nächste Film muss in meinen Augen weniger „stop and go“-Feeling haben und noch mehr als dieser gefühlt anstatt nur geschaut werden können. Das wäre mein sehnlichstes Ziel.

Ein Problem des SIN REAPER liegt in meinen Augen darin begründet, dass der Film konstant gegen sich selbst kämpft indem er versucht, gleichzeitig zwei verschiedene Dinge zu sein. Eine dramatische Geschichte über einen verstörten Charakter und ein blutiger 10-Kleine-Negerlein-Slasher. Ich denke, eine stärkere Fokussierung meinerseits auf einen der beiden Aspekte hätte dem Film gut getan. Beworben und besprochen wird der Reaper nahezu exklusiv mit Labels wie Slasher oder sogar Splatter, was eine falsche Erwartungshaltung kreiert und mit Sicherheit nicht unwesentlich zur Enttäuschung von Hardcore Horrorfans führt, denen der Film als Millionen teurer Megaslasher mit Lance Henriksen in der Hauptrolle verkauft wird. Nennen wir das einfach mal einen „Verkaufsförderlichen Euphemismus“. Heutzutage wird dem Kunden leider eher die Verpackung schmackhaft gemacht als deren Inhalt…

DN: Hast du schon ein neues Projekt geplant?

Sebastian Bartolitius: Ich habe mich in letzter Zeit vornehmlich auf Auftragsarbeiten konzentriert, aber Ideen für kommende Filme unterschiedlichster Genres gibt es zu Hauf, und einige davon werden mit Sicherheit das Licht des Projektors erblicken 🙂

 

DN: Message für die DN Leser?

Sebastian Bartolitius: Glaubt nicht jeder Marketingzeile…

Und glaubt vor allem keinen Messages in Interviews!

Moment, was? …

Dark News bedankt sich ganz herzlich für dieses interessante und ausführliche Interview!

Es gibt eine von Sebastian Bartolitius signierte DVD zu gewinnen! Einfach den bei Facebook angegeben Link über Dark News teilen und schon seit ihr in der Verlsoung 🙂 Viel Glück!

Manuel Johnen Sebastian Bartolitius  Helen Mutch  Matthias Haag  Lance Henriksen  und Nico Sentner

Manuel Johnen, Sebastian Bartolitius, Helen Mutch, Matthias Haag, Lance Henriksen, und Nico Sentner

 

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About Juno

Alter: 27 Beruf: Magister in Orientwissenschaften mit Jura und Politik, derzeit Zweitstudium Kunst-Musik-Medienwissenschaften, arbeite nebenher in einem Programmkino. Hobbies: Schreiben, schneidern, Klamotten entwerfen, orientalischer Tanz und Modern Dance, uvm. Lieblingsmusik: Von Metal und Rock bis hin zu Elektronischem sehr vieles. :)

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