Sinnflut - Epik

Sinnflut – Epik (Review und Kritik)

Sinnflut - Epik
Sinnflut - Epik

Sinnflut sind zweifelsohne die letzten (mir bekannten) Vertreter der Neuen Deutschen Todeskunst. Eben dieses Subgenre, welches Anfang der 90er Bands wie Lacrimosa, Sanguis et Cinis, Relatives Menschsein oder Law of the Dawn zum Vorschein gebracht hat. Das Leipziger Brüdergespann Manuel und Magnus Bartsch sind seit 1998 musikalisch aktiv und haben sich im deutschen Gothic-Underground einen klanghaften Namen gemacht. Schon am 13. Juni 2008 erschien das 5. Album „Epik“ (und wenn man den „Gefüge“-Zweiteiler getrennt sehen möchte, ist es schon das 6. Album) über das Label Biohazzard Records. Rückblickend lässt sich sagen: „Epik“ war die beste Veröffentlichung in der deutschen Gothic-Musik im Jahre 2008. Höchste Zeit, das aktuelle Werk auch in den „Review-Altar“ der schwarzen News zu verewigen…

Wurden Sinnflut früher lediglich als Kopie alter Lacrimosa-Tage belächelt, bewiesen die Leipziger spätestens mit den Alben „Das Vermächtnis“ und „Gefüge“ ihre musikalische Eigenständigkeit. Dieser Weg wird auf dem aktuellen Tonträger fortgesetzt. Insgesamt acht Fragmente bilden sich in genau 60 Minuten Laufzeit zu einem wohlgeformten Ganzen. Nachdem der Hörer im Intro mit rhythmischen Morsezeichen in die passende Stimmung gebracht wird, vergeuden die Brüder im ersten regulären Song „Eine Last voll Glück“ keine Zeit mit Experimenten und zeigen den geneigten Hörer die wirklichen Attribute der Neuen Deutschen Todeskunst. Bands wie Adversus oder ASP haben ja in der Vergangenheit mehrmals die Bezeichnung für die Promotion ihrer fragwürdigen Erzeugnisse missbraucht und beschmutzt. Bei Sinnflut dagegen dominieren von Anfang an das melodische Piano, die rituellen Schlagzeugrhythmen und der genretypische Glockenschlag. Im Laufe des Albums wird eine wahre Instrumentariumsvielfalt aufgezeigt. Streicher, Oboenklänge, Orgel und verschiedene Schlagzeug bilden mal ein orchestrales, tiefgehendes Gesamtbild um wenig später den minimalistischen Wechselspiel zu weichen. Beeindruckend in dieser Musik ist dabei der Fakt, dass die gesamte Musik elektronisch erzeugt wurde. Lediglich die Gitarre wurde eingespielt. An vielen Stellen hat man aber wirklich das Gefühl echte Instrumente zu hören. Die gesamte Musik wirkt keinesfalls kalt und steril, sondern warm und organisch. In den Songs hört man durchgehend die große Liebe zu Detail.

Manuel und Magnus Bartsch
Manuel und Magnus Bartsch

Musik der Neuen Deutschen Todeskunst zeichnete sich durch die melancholische und manchmal recht morbide Grundstimmung aus. Sinnflut machen da keine Ausnahme. Die Texte sind traurig, nachdenklich, melancholisch – keinesfalls depressiv. Die musikalische Untermalung ist düster und trifft genau das was ich unter Gothic-Musik verstehe. Keine Frage, selbst Sopor Aeternus übertrifft man auf „Epik“ in Sachen Melancholie. Ein Lob muss ich auch an Manuel und Magnus in Sachen „Gesang“ aussprechen. Man merkt deutlich, dass die Beiden in den fünf Jahren zwischen „Gefüge“ und „Epik“ deutlich an ihre Stimme gearbeitet haben. Immer noch hat Manuel die deutlich dunklere und Magnus die eher hellere Stimme. Und genau diese Symbiose sorgte schon immer für den unverkennbaren Stil von Sinnflut. Die beiden wechseln dabei zwischen Sprechgesang (entfernt Vergleichbar mit Oswald Henke) und einen wohltuenden melodischen Gesang voller Intensität, Eindringlichkeit und Empfindsamkeit. Als Gastsängerin fungiert übrigens Natalie Pereira (ehemalige Frontfrau der Formation „The Blue Season“), die noch mal eine ganze eigene Note in das Album bringt.

Fazit:

Für mich sind Sinnflut der Inbegriff für die gute alte Gothic-Musik. In dieser Musik kommt das Lebensgefühl auf phänomenale und eindringliche Weise zum Vorschein. Vergesst all die Schlagerprojekte und ach so düsteren Bands in den „unabhängigen“ Szenezeitschriften. Sinnflut zelebrieren die Grundessenz dessen, was man in den späten 80ern und frühen 90ern unter Gothic-Musik verstanden hat. Und das Beste: die Texte haben Inhalt und sind weit davon entfernt sich immer wieder selbst zu rezitieren – wo hat man das in der heutigen deutschen Gothic-Musik schon? Daher kann es auch nix anderes als eine beherzte Höchstwertung geben! Sinnflut haben es sich verdient und ich hoffe, dass die Jungs aus Leipzig noch lange so weiter machen – denn solange wird es auch noch gute Gothic-Musik Abseits von modernen und schwachsinnigen Genre-Klischees geben!

Tracklist:

1. Intro
2. Eine Last voll Glück
3. Wenn es leise wird
4. Mir ist das Bild
5. Sie atmet nicht einmal
6. Wortkarg
7. Wie ein Gewittern
8. Spiegelverkehrt


 

(10/10)
(10/10)

VÖ: bereits erhältlich
Label: Biohazzard Records


Anspieltipps:

– Wenn es leise wird
– Sie atmet nicht einmal
– Spiegelverkehrt


Homepage von Sinnflut


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