Steinkind-Interview – „Jetzt wollen alle Kunst von uns!“

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Das Cover.

Zu Steinkind scheint es kaum zwei Meinungen zu geben. Entweder man liebt die Band, oder man hasst sie. Eine Meinung dazwischen scheint kaum möglich – Wo die Band mit ihrem Debütwerk „Von Hier im Jetzt“ bereits polarisierte, spaltete „Galle, Gift und Größenwahn“ die Massen komplett. Und doch war die Band, trotz aller Spötter, denen anscheinend eine riesige Masse an treuen Fans entgegenstehen, auch mit diesem Album unfassbar erfolgreich und machte enorm auf sich aufmerksam. Man kann fast schon von einem Hype sprechen, doch dafür sind Steinkind doch ein wenig zu ehrlich. Die treuen Fans freuen sich jedenfalls, wärend die Spötter umso lauter lachen werden. Wie gesagt… Man liebt sie oder man hasst sie. Meinungsbildend ist sicher auch dieses Interview.

Fenriz: Hallo Steinkind, vielen Dank, dass ihr euch bereit erklärt habt, uns ein paar Fragen zu beantworten. Zuallererst eine kleine Bestandsaufnahme: Brennt Deutschland immer noch?

Phil: Grundsätzlich hat sich die politische bzw. gesellschaftliche Landschaft seit der Entstehung von „Deutschland brennt“ nicht nennenswert verändert oder verbessert – im Gegenteil. Scheint also zeitloser zu sein als wir dachten.

F.: „Galle, Gift und Größenwahn“ ist ja bereits eine Zeitlang draußen. Wie wird das Album von den Fans denn so aufgenommen?

Sandor: Die Reaktionen waren und sind bis jetzt überwiegend positiv bis überragend. Natürlich gibt es hier und da auch eine andere Meinung und Reaktion aber das ist ja normal, richtig und logisch. Klar war uns natürlich auch, dass der Titel sofort provozieren würde und uns somit sehr angreifbar machen würde. Zig Wochen hintereinander in den DAC (aktuell Platz 5) zeigen uns, dass auch die DJs mit uns zufrieden sind, obwohl wir nicht mehr bei jedem Lied auf die Tanzfläche gezielt haben.

F.: Seit „Von Hier im Jetzt“ bis zur Veröffentlichung von „G, G & G“ ist in etwa ein Jahr vergangen. „VHIJ“ war ja irre erfolgreich und Songs wie „Deutschland brennt“, „Larissa“ oder „Trink mich“ waren und sind immer noch Tanzflächenfüller. Wieviel hat sich nach dem Erfolg für euch verändert?

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Steinkind

Phil: Das einzige was sich wirklich merklich bzw. spürbar verändert hat ist, dass man uns jetzt ernst nimmt. Die Leute schauen uns jetzt viel genauer auf die Finger. Vor „Galle, Gift und Größenwahn“ waren wir die Electroprolls, jetzt wollen alle plötzlich Kunst von uns. Kreativität, Innovation und solche Dinge. Eine Sache die uns bei unserem Debutalbum kein Mensch zugetraut hat und hätte. Das ist aber das wirklich Einzige was sich für uns verändert hat. Wir wohnen in den selben Buden, treffen uns mit den selben Leuten und Freunden, gehen in die selben Kneipen und Clubs und trinken das selbe ungesunde Zeug wie vorher. Wie gesagt, das einzige was sich für uns geändert hat, ist der Maßstab bzw. der Anspruch mit dem die Leute jetzt unser neues Zeug betrachten. Wer uns am Anfang belächelt hat, mutiert zum Schleimer oder versucht uns, wo es geht zu zerreißen – herrlich! Das ist aber unser kleinstes Problem, momentan können wir das alles noch locker toppen.

F.: Der Titel scheint gewissermaßen Programm zu sein. Zeilen wie „Ich bin das Ding, das die Clubs dominiert“ oder „Wer hat die dicksten Eier – Steinkind“ haben schließlich einen charmant größenwahnsinnigen Aspekt – Oder eine gesunde Portion Selbstironie.

Sandor: Es hat von allem etwas. Selbstironie auf jeden Fall, Größenwahn auf keinen Fall. Ein gesundes Selbstbewusstsein trifft es da vielleicht besser, das fing nur nicht mit „G“ an…. Ich meine wenn Du nicht überzeugt bist von dem was Du da machst, brauchst Du eigentlich gar nicht erst anfangen. Sind wir doch mal ehrlich, fernab von jedem persönlichen Geschmack den ich jedem gerne und völlig selbstverständlich zugestehe, bei dem Plunder der einem hier manchmal um die Ohren bläst, sind wir eine der besseren Alternativen. Wenn das jemand für Arroganz oder Größenwahn hält, sei ihm das gerne zugestanden. Für mich ist es ein Faktum.

F.: Ein ganz besonders gutes Beispiel für euer Selbstvertrauen ist der Opener „Kindgott“. Ich würde sagen, in dem Song steckt eine Menge Wahrheit. Oder andersherum gefragt: Wie ernst nehmt ihr euch selbst?

Phil: Auf keinen Fall nehmen wir uns als Personen zu ernst. Das verträgt sich weder mit unserem Charakter noch mit unserem Naturell. Andererseits wissen wir aber, was wir als Musiker können und wollen. Nehmen wir doch mal an, du wärst ein Pizzabäcker und bist fest davon überzeugt, die beste Pizza der Stadt zu machen. Nicht weil Du zu einer großen Klappe neigst, sondern weil die Zutaten stimmen, weil sie frisch ist, weil Preis und Leistung stimmen und weil das Ding letztendlich auch noch lecker ist. Dann stellst du dich doch nicht hin und schickst die Leute zu einem anderen Laden – oder? Das wäre ja idiotisch, wenn du überzeugt bist von dem was du machst, weißt du, dass es eine Frage der Zeit ist, bis dein Laden rammelvoll ist. So einfach ist das!

F.: „Galle und Gift“ versprüht ihr auch eine ganze Menge. Auf „VHIJ“ war es z.B. ein typischer Styler, der im Solarium wohnt („Gottkomplex“), nun sind es z.B. eine ganze Reihe von Namen, die ihr Fett in „Nie mehr“ wegkriegen, von Roland Koch, Michael Wendler, Oliver Geißen und Kevin Kuranyi (als Bochumer stimm ich da mal voll zu!) bis Roger Cicero. Ihr scheint ein sehr klar definiertes Feindbild zu haben – Beschreibt es doch mal.

Sandor: Feindbild ist vielleicht das falsche Wort. Es gibt halt Leute, über die ich mich wochenlang maßlos aufregen kann. Phil ist da um einiges gelassener als ich. Den bringt so leicht nichts zum überreagieren, jedoch empfindet er genauso. Wir mögen halt keine Menschen ohne Ecken und Kanten, die irgendwie so durchs Leben flutschen, nirgendwo anecken wollen und es Allen und Jedem recht machen wollen. Das fängt beim Styling an und hört bei dummen Gequassel auf. Keine Ahnung warum ich mich darüber so leidenschaftlich aufregen kann. Momentan bin ich noch ganz froh darüber…über was sollten wir sonst singen?

F.: „Disco-Anarchie“ handelt davon, dass ihr einen Club „überfallt“. Was für ein Horrorszenario ist euch denn in diesem fiktiven Club untergekommen?

Phil: So fiktiv ist dieser Club gar nicht. Stell dir vor, du kommst mit ein paar guten Kumpels, die alle schon ein bisschen angeschossen sind, in einen Club, wo sich alle Schmierlappen der Bundesrepublik versammelt haben um ihrer Vorstellung von Party zu frönen. Alle sind hip, alle sind gut gebaut, alle sind schön braun gebrannt und jeder hat die „Mens Health“ unter dem Arm klemmen . Du und deine Kumpels können nicht mehr raus, jemand hat die Tür vernagelt. Das ist die Strafe für all eure Sünden, das ist die Hölle auf Erden!

F.: Was ist denn eure Vision eines perfekten Clubs?

Sandor: Keine Ahnung ob es den perfekten Club gibt. Keine Ahnung ob es überhaupt irgendwas gibt, was perfekt ist oder perfekt sein sollte. Es ist wie mit Allem. Die Mischung machts. Riesen Spruch, oder?

F.: Ein weiterer Aspekt von Steinkind ist die Punk-Attitüde, die immer wieder durchkommt. Auf „VHIJ“ war es vor allem „Der Tag danach“, auf „G, G & G“ ist „Arsch rein“ der Song, der auch mit einer echten Gitarre aufwartet. Wie wichtig ist Punk für euch? Die Frage, was Punk ist, haben Die Ärzte ja bereits ausschweifend beantwortet („Punk ist…“).

Phil: Punk ist das Gegenteil von übertriebener Kunst, im positiven Sinne. Echt, ruppig, emotional und auf den Punkt. Das ist zumindest unsere Definition. Es geht nicht darum, mit Iro und Schmuddelhose durch den Bahnhof zu rennen, sondern um eine gesunde Portion Anarchie und Unbefangenheit. Mach ab und zu was du willst, nicht was andere von dir wollen. Genauso verhält es sich auch mit der Gitarre.

F.: Wie kam die Idee zu „Arsch rein“? Eine echte Gitarre gab es bei Steinkind ja schon, aber ein so offen punkrockiger Song ist neu für euch. Thematisch behandelt ihr ein gewalttätiges Ausbrechen aus der Routine und eine „No-Future“-Attitüde – „Mal seh’n, wo ich so lande, mal seh’n, was ich erlebe, mal seh’n, was so passiert…“. Wie wichtig ist es für euch, nie stillzustehen und euch weiterzuentwickeln?

Sandor: Ich denke Weiterentwicklung ist ein unbewusster Prozess. Man setzt sich nicht hin und nimmt sich vor, Mensch jetzt entwickeln wir uns mal weiter. Das passiert einfach. Entweder hat man Lust auf was Neues oder nicht. Hinter „Arsch rein“ steckt auch keine Riesenidee oder Botschaft. Es geht einfach um Dinge die man schon sein ganzes Leben vor sich herschiebt oder von denen man schon sein ganzes Leben träumt und sich nie getraut hat sie anzugehen und zu verwirklichen, entweder weil andere Dinge wichtiger waren oder weil man einfach nur Schiss vor den Konsequenzen hatte. Irgendwann kommt man dann an den Punkt, wo es heißt, Mensch hätte ich doch mal usw. Das Übliche halt, das kennen wir ja alle. Getrau Dir was und machs einfach, Arsch rein, Brust raus. Du bist Jemand!

F.: Wie wird die Gitarre Steinkind in Zukunft weiter prägen?

Phil: Das wird sich zeigen. Ich glaube nicht, dass uns die Gitarre prägen wird, schließlich sind wir keine Rockband. Letztendlich ist die Gitarre ein Instrument und somit Mittel zum Zweck, wie jedes andere Instrument auch. Wenn wir das Gefühl haben, ein Song bekommt durch die Gitarre den von uns gewünschten Biss oder Schliff, dann werden wir sie natürlich einsetzen. Wenn wir dasselbe Gefühl bei einer Maultrommel hätten, würden wir auch eine Maultrommel verbraten. Also jetzt bildhaft gesprochen. Die Gitarre rettet dich ja nicht vor mieser Musik. Sie macht hin und wieder Spaß und unterstützt unsere Rotzigkeit.

F.: Eine weitere Entwicklung und etwas, das es auf „VHIJ“ noch nicht gab, waren Balladen. „Weit, weit weg“ ist nun die erste Steinkind-Ballade und etwas, was ich euch ehrlich gesagt nicht zugetraut hätte. Thematisch behandelt ihr zwei Schicksale ganz normaler, abgestürzter Menschen, die zu alltäglich scheinen, als dass man sich mit ihnen beschäftigt. Wie ist dieser Song entstanden?

Sandor: Mich haben schon immer die Geschichten hinter den Gesichtern interessiert. Dir kommen am Tag weiß nicht wie viele Menschen entgegengelaufen und hinter jedem Gesicht steckt eine Geschichte. Hier leben Millionen von Menschen auf engstem Raum zusammen aber nicht miteinander. Keiner weiß irgendetwas von dem Anderen. Biografien werden begonnen und beendet. Jeder von uns hier hat ein bisschen Zeit auf diesem Planeten bekomen und versucht diese so gut wie möglich abzureißen. Manchmal geht es gut und manchmal eben nicht. Ich hab einfach nur mal versucht mir vorzustellen wie das ist, wenn du dasitzt, dir Dein Leben betrachtest und merkst, dass alles Scheiße gelaufen ist, durch was für Umstände auch immer. Wenn du dich weit weg wünschst um einfach noch mal von ganz vorne anzufangen und du aber weißt, dass du diese Chance niemals bekommen wirst. Ende, Schluss, Deine Zeit hier läuft ab. Wir wollen hier aber jetzt nicht zu pathetisch werden.

Phil: Bist du doch schon. 😉

F.: Generell behandelt ihr textlich viel Alltägliches und Trostloses auf sehr direkte Art und Weise, aber auch viel erschreckendes, was einem nicht auffällt, wenn man nicht gerade damit verprügelt wird, wie z.B in „Warum“, wo ihr die typisch deutsche Leck-mich-am-Arsch-mir-geht’s-gut-genug-Attitüde kritisiert. Woher nehmt ihr eure Inspirationen – Und wer von euch beiden ist für die Texte verantwortlich? Da ich selber oft im Osten Deutschlands bin, muss ich bei euren Texten immer wieder an die ehemalige DDR und ihre Relikte denken.

Phil: Wie Du ja schon bemerkt hast, inspiriert uns der Alltag sprich das ganz normale Leben. Schließlich sind wir ja ein Teil dessen und müssen uns tagtäglich damit auseinandersetzen. Wir machen halt nur Songs daraus. Wir schustern uns die Ideen gegenseitig zu. Sàndor kommt mit irgendwelchen Texten und ich versuche den dazu passenden Soundtrack zu finden um es mal so auszudrücken. Mir liegt das musikalische, ihm das lyrische. Wir setzen uns gemeinsam dran und versuchen unsere Vorstellungen unter einen Hut zu bekommen. Was dich aber jetzt bei den Texten an die DDR und ihre Relikte erinnert, ist mir ehrlich gesagt ein bisschen schleierhaft. Macht aber nichts. Solange du nicht ans dritte Reich denken musst, können wir damit leben.

F.: Erklärt mir doch mal „G-Punkt (Raul)“. Nur ein weiterer Song im Stile von „Larissa“ oder steckt da mehr hinter?

Sandor: Was soll schon groß dahinter stecken? Es ist witzig und gut gemacht. Es geht um einen sächsischen Callboy der sich zur Ankurblung seines Geschäftes als Spanier ausgibt. Ich hab da mal irgendwo so eine Annonce gelesen und mir versucht vorzustellen, wie dieser Typ so tickt. Mehr gibt’s da eigentlich nicht dazu zu sagen. Es macht einfach nur Spaß zu zuhören. Finde ich jedenfalls.
Phil: Ick och, er macht einfach gute Laune. Das ist es vermutlich was ihn etwas mit „Larissa“ verbindet. Mal sehen, vielleicht werden sie und Raul ja zum Traumpaar 2009… Außerdem, hast du schonmal ne Swingnummer über nen weiblichen Punkt gehört?

F.: In „Kindgott“ singt ihr: „Wir sind nur so, wie es sich sonst keiner traut“ und eure Musik ist jetzt nicht unbedingt das, was derzeit in schwarzen Clubs sonst läuft, vielmehr hört man billigen 4/4-Techno, mies produziert und mit miesen Texten, eine recht traurige Entwicklung. Seht ihr da ein Licht am Ende des Tunnels und wie wichtig ist es euch, euch davon abzuheben? Und zu welchen Bands habt ihr ein besonders „inniges“ Verhältnis? Besonders Melotron scheinen es euch da angetan zu haben.

Phil: Das Licht am Ende des Tunnels nennt sich Steinkind. Wir nehmen uns auch nicht vor uns bewusst von irgendwem oder irgendwas abzuheben. Das ist einfach so. Wir haben die selben Möglichkeiten wie alle Anderen. Jeder hat heutzutage die selben technischen Vorraussetzungen, zumindest was die elektronische Musik betrifft. Wir haben keine Spezialsynthesizer oder so was (zumindest keine unerschwinglichen). Wir haben zwei Stimmen und verwenden die selbe deutsche Sprache wie alle Anderen. Wir gehen halt nur anders mit diesen Dingen um und haben unseren Stil, statt anderen nachzueifern. Zu Melotron bleibt nur zu sagen, dass aus einem Privatding von Sàndor mittlerweile ein „Running Gag“ geworden ist. Wenn sich das Wort irgendwie lustig irgendwo einbauen lässt, machen wir es.

F.: Nennt mir doch mal ein paar eurer musikalischen Einflüsse.

Sandor: Das ist recht illuster bei uns. Es reicht von den Beatles & Queen bis zu Depeche Mode und hört bei NIN und Motörhead auf. Phil mag auch gern härteren Techno von früher.

F.:Ihr findet hauptsächlich in der schwarzen Szene, also vornehmlich in den Bereichen Gothic und Electro statt. Wo würdet ihr euch da einordnen und wie seht ihr die Szene derzeit?

Phil: Keine Ahnung wo wir da einzuordnen sind, das überlassen wir den Leuten die sich professionell damit befassen Dinge und Menschen einzuordnen. Wir sind da glaub ich auch nicht objektiv genug. Tja und mal wieder die immergleiche Frage nach der guten alten Szene. Es ist wie überall, wie in jeder Szene. Es gibt eine Menge Müll und es gibt wirklich gute Sachen. Fakt ist, dass sich die Szene zumindest anderen Einflüssen gegenüber (auch dank uns) geöffnet hat. Das kann man natürlich bewerten wie man will aber zumindest verhindert das den musikalischen Inzest, der dort seit Jahren betrieben wurde. Es wird nur in Zukunft schwierig sein, das alles noch unter dem Begriff „schwarz“ zu vereinen. Das sieht man ja jetzt schon, wenn man sich das Publikum in den Clubs ansieht. Bunt gemischt – wir finden das zumindest optisch interessant.
Schau mer mal!

F.: Wie oft und wo geht denn ein durchschnittliches Steinkind so feiern und wieviel vertragt ihr so?

Sandor: So oft ist das auch nicht mehr. Ist ja auch immer davon abhängig was gerade so ansteht. Wenn wir uns mit unseren Freunden und Kumpels treffen, kann es auch schon mal passieren, dass man in der Straßenbahn einschläft und stundenlang durch Leipzig fährt (schönen Gruß an Canay). Alles in Allem hält sich das aber in Grenzen. Meistens jedenfalls. Im Übrigen vertragen wir immer einen mehr als Du. 😉

F.: Ihr habt euch auf einer Feier kennengelernt, die recht chaotisch endete. Im Anschluss an diese Feier habt ihr zusammen 2 Tage in Untersuchungshaft verbracht. Ein programmatischer Anfang für Steinkind?

Phil: Nö, war halt Zufall und nicht der schlechteste wie sich im Nachhinein herausgestellt hat.

F.: Eine weitere kleine Episode mit der Polizei fand auf dem WGT 2007 statt, wo ihr an der Total-Tankstelle gegenüber dem Agra-Gelände einfach euer Equipment aufgebaut habt und losgespielt habt. Ich war selbst nicht dabei, aber der Auftritt wurde Erzählungen zufolge ein Riesenerfolg und ganz sicher auch ein Riesenspaß für euch. Warum habt ihr das getan? Ich vermute auch mal, das WGT ist für euch fürs erste gegessen.

Sandor: Ach Mensch, Steinkind und das WGT, aus dem Napf kommen wir wahrscheinlich nie mehr raus. Da ist auch viel aufgebauscht und dazugedichtet worden. Eigentlich war das alles recht simpel. Wir wussten, dass zum WGT ein paar tausend Menschen in der Stadt sind und wir wollten deshalb unbedingt spielen. Von seitens des WGT hat man uns keine Beachtung geschenkt, also haben wir uns die demokratischen Vorzüge unserer Gesellschaft zu Nutze gemacht, haben unser Zeug aufgebaut und haben einfach gespielt. Wir haben uns da auch nicht wirklich was Böses dabei gedacht. Wir wollten einfach nur spielen. Das Normalste der Welt für eine Band. Das WGT wird für uns jedoch nie gegessen sein, schließlich sind wir Leipziger und demnach dem Trubel zwangsläufig ausgesetzt. Ob jedoch Inmove irgendwann mal uns gegenüber nicht mehr den Kindergärtner sondern den Veranstalter durchscheinen lässt, bleibt abzuwarten.

F.: Generell bekommt man euch live ziemlich wenig zu Gesicht, obwohl ich mir vorstellen kann, dass Steinkind live sogar noch geiler ist als Steinkind auf CD. Woran liegt das? Seit ihr zu böse? Haben die Veranstalter Angst um ihre Biervorräte?

Phil: Die haben bestimmt Angst um ihre Frauen UND ihr Bier. Na nee, wir haben am Anfang sehr viel quer Beet und ohne Rücksicht auf (eigene) Verluste gespielt. Ab einem bestimmten Zeitpunkt kannst du das psychisch, physisch und finanziell einfach nicht mehr. Das ist der Punkt, ab dem du entweder eine Bookingagentur brauchst oder Helfer hast, die dir beim Organisieren unter die Arme greifen und alles in halbwegs geordnete Bahnen bringen. Momentan macht das der Alex für uns und das sehr gut. Wir planen ab Herbst diesen Jahres ausgiebig zu touren und viiiiiiele Auftritte nacheinander zu spielen. Nähere Infos kommen.

F.: Was müsste man tun, um Steinkind auch einmal in seiner Nähe live zu sehen?

Phil: Einfach ne Mail mit Interesse an: Booking@steinkind.com 
Dann werden die Rahmenbedingungen abgeklärt ud los geht`s oder auch nicht… 😉

F.: Wie wichtig ist euch der Erfolg mit Steinkind? Auf eurer Homepage schreibt ihr einerseits, dass Steinkind „die Rettung des Phil J, und des Sandor F.“ ist, aber andererseits, dass ihr die Band in professionelle Bahnen lenken wollt.

Sandor: Na das eine schließt doch das andere nicht aus, denke ich. Ganz im Gegenteil würde ich sagen. Was könnte uns denn besseres passieren, als mit der Sache die uns wirklich wichtig ist, so viel Erfolg zu haben, das wir gut damit über die Runden kommen?

F.: Auch beschreibt ihr euch als „ein Synonym für kindliche Angst, ein Synonym für notorische Lüge und Synonym für krankhaftes geliebt werden wollen.“, also als „Entwicklungsbedingte Persönlichkeitsstörung“. Euer Leben scheint mir daher nicht sonderlich harmonisch abzulaufen, oder täusche ich mich da?

Phil: Sagen wir mal so, das Leben von Stefan Mross und Stefanie Hertel war wohl um einiges harmonischer und gerader als das Unsrige. Jeder hat so seine Geschichte und macht seine Erfahrungen. Musik machen im Zeitalter von MP3s trägt auch nicht gerade dazu bei, dem Leben eines Musikers eine gerade Linie zu geben. Manchmal fragt man sich, warum man den ganzen Scheiß macht und soviel Energie dafür aufbringt. Die Anwort darauf, ist dann meistens: „Wir machen es für uns um mit uns selbst ins Reine zu kommen“.

F.: Seht ihr für das brennende Deutschland eigentlich einen politischen Feuerlöscher? Die CDU scheint es jedenfalls nicht zu sein.

Sandor: Ich bezweifle stark das es für gewisse Sachen eine politische Lösung gibt. Vielleicht sollte sich das Bewusstsein der Menschen ein wenig ändern. Vielleicht sollte man ein paar Dinge mehr hinterfragen, statt alles in sich hineinzufressen was einem so vorgeworfen wird. Ein eigenes Hirn wäre manchmal von Vorteil damit würde sich mancher, der sich als politischer Feuerlöscher ausgibt schon überflüssig machen.

F.: Was sind eure nächsten Pläne, sowohl live oder als DJ als auch musikalisch – In Richtung nächstes Album?

Phil: Wir nehmen es wie es kommt. Wir werden wie gesagt in Zukunft wieder viel live spielen und werden danach versuchen wieder eine noch bessere Platte als die momentane zu machen. Das Auflegen ist nur so Nebenbei um uns nicht ganz von unseren Wurzeln zu entfernen und den Menschen sehr nahe sein zu können. Da kann man auch mal checken, wie gewisse Dinge auf dem Tanzboden ankommen. Vielleicht wird es noch ne Single-Auskopplung geben. Mit Sicherheit wohl aber eine Special-Edition von „GG&G“.

F.: Dann bedanke ich mich hier an dieser Stelle, dass ihr meinen Marathon an Fragen durchgeackert habt. Habt ihr noch ein paar letzte Worte an unsere Leser?

Steinkind: Haltet durch und Steinkind zum Gruß!

Fenriz
Fenriz

F.: Dann noch einmal danke – Und hoffentlich sieht man sich auf dem WGT! Ich werde beim DJ-Set dabei sein und spendier euch ein Bier!

St.: Brauchst du nicht, eh du deins bekommen hast, sind wir schon dreimal fertig mit Austrinken 😉 hehehe

Interviewführung, Layout usw.: Alexander „Fenriz“ Schatten

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