Synthetic-air-furt Festival…
Von einer Vision und deren Verwirklichung.
Ich gab Frank Rössel, dem Initiator des größten Deutschen Synthpop Festivals, die Möglichkeit, ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern.
Er tat es und wir bekommen somit einen Einblick wie solche Veranstaltungen entstehen und was die Macher des Events dabei antreibt.
Wir leben in der Musik in Schubladen. Auch wenn sich jede neue Band immer wieder klar davon distanzieren will, einer bestimmten Richtung anzugehören, bleibt das so. Wir tun es selbst und es wird mit uns getan. Elektronische Musik macht dabei keine Ausnahme. Im Gegenteil! Hier ist das Problem noch komplexer. Außenstehende, normale Menschen, vergleichen fast jede E-Popband mit Depeche Mode. Und obwohl es wohl jedem Musiker unseres Genres schmeichelt, mit seinen Helden verglichen zu werden, ist diese ewige Parallele ebenso ein Fluch. So erfinden sich die Künstler immer neue und fantastische Namen für das, was sie tun. Eines haben aber viele von ihnen gemein, nämlich dass sie sich ungern unter der Rubrik Synthpop eingeordnet sehen.
Woran liegt das? Depeche Mode, Kraftwerk, Erasure, alles große Namen, die nichts anderes machen als Synthpop – Popmusik mit Synthesizern. Und wenn man das noch weiterspinnt, so ist man schnell auch bei Namen wie Madonna, Katie Perry, Polarkreis 18 und so weiter, die letztlich in weiten Teilen ihres musikalischen Schaffens nichts anderes machen, als elektronische Popmusik.
Sicher gibt es viele Gründe dafür. Einer der Hauptgründe scheint mir jedoch das Problem zu sein, dass Synthpopacts, deren Namen nicht in großen Leuchtbuchstaben auf den einschlägigen Magazinen als Verkaufsgarant herhalten können, fast gar nicht mehr für Live-Shows gebucht werden. Und mit diesem Übel beginnt ein Kreislauf, der den Bands früher oder später den Boden unter den Füßen wegreißt. Ohne Live-Shows bleibt der Bekanntheitsgrad sehr gering, mit einem geringen Bekanntheitsgrad verkauft die Band nur wenige Tonträger, ohne Tonträgerverkauf bleibt die Musik der Band gefangen im Studio, auf nie besuchten Webseiten und auch auf Myspace wird sich trotz Freunde-Hascherei nicht viel für die Musiker ergeben. Irgendwann bleiben den Bands dann nur drei Möglichkeiten:
1. Sie sehen ein, dass ihre Musik ein Hobby bleibt und betrachten es solches. Das heißt sie investieren zwar etwas, wie bei anderen Hobbys auch, aber es bleibt beim Spaß für sie selbst ohne Außenwirkung. So wie zum Beispiel ein Briefmarkensammler eher eine stille Freude an seiner Sammlung genießt.
2. Sie verkaufen sich, indem sie ihrem Stil untreu werden, kommerzieller werden wollen. Sie verdingen sich für nichts bei Konzerten oder kaufen sich in das Supportprogramm vermeintlich größerer Bands ein. Geben also Geld dafür aus, um Live auftreten zu können!
3. Sie geben auf.
Alle drei Möglichkeiten sind für wahre Musiker aber inakzeptabel und tödlich, denn jeder Musiker möchte, seine Werke der Öffentlichkeit vorstellen, jeder Musiker möchte die Musik machen, die ihn selbst erfüllt und die aus ihm spricht, nicht die, die sich am besten verkauft. Und jeder Musiker beginnt mit dem Komponieren, Arrangieren, Texten, weil er muss, weil er gar nicht anders kann, und nicht, um aufzuhören.
Vor diesem Hintergrund entstand im Jahre 2007 die Idee ein Synthpop-Festival zu erschaffen. Ganz bewusst unter der Fahne des Synthpop, ganz bewusst auch mit bekannten und weniger bekannten Bands. Einziges Auswahlkriterium war und ist die Qualität der Musik und nicht die Platzierung in irgendwelchen Hitlisten. Da das Festival von Musikern, nicht von einer Konzertagentur mit finanziellen Interessen, organisiert wird, hat es den besonderen Charakter eines Freundschaftsfestivals. Alle Bands werden in gleich großen Buchstaben beworben, alle Bands erhalten das gleiche Auftrittsvolumen und das, was von den Einnahmen nach Abzug der Kosten übrig bleibt, geht zu gleichen Teilen an die Bands. So begannen wir im ersten Jahr mit befreundeten Bands und erhielten eine so positive Resonanz, dass wir einfach weitermachen mussten. Immer mehr Künstler und inzwischen auch Managementagenturen namhafter Künstler melden sich um einen Auftrittsplatz beim SAF. So wuchs das Festival zu dem, was es in diesem Jahr sein wird – ein Event über zwei Nächte mit 10 nationalen und internationalen Superacts des Synthpop und ein Highlight für jeden Fan synthetischer Popmusik. Ehrlich, engagiert, ein bisschen verrückt und dennoch mit einem großen Traum – dem Synthpop wieder ein Podium zu verschaffen, ihn aus den Studios zu holen, ihn zu feiern. Und wer einmal auf dem SAF war, der hat den Geist gespürt, der auch bei den ersten Auftritten von Depeche Mode in den kleinen Clubs von Basildon geherrscht haben muss, als rein elektronische Musik noch ganz neu und in den Kinderschuhen war. Genau wie damals blubbern sich die Bässe in die Herzen, zerschneiden die Sägezahnwellen die Luft und verbinden harmonische Gesangslinien das alles zu einem einzigartigen Klangerlebnis, das letztendlich ein Lebensgefühl ist.
Die Vision von einem reinen Synthpopevent der Superlative ist noch nicht zu Ende geträumt. Alles hat gerade erst begonnen. Für die Zukunft stehen noch einige Stationen auf dem Plan, ein SAF 4, dass vielleicht zu einem Open-Air mit Fanzelten wird, bei dem sich Freundschaften knüpfen, bei dem Künstler den Mut haben zu sagen:
„Ja! Wir sind eine Synthpopband! – Und wir sind verdammt stolz darauf!“
In diesem Sinne – „Synthesize your world!“
Ich danke Frank Rössel für die investierte Zeit.
Abschließend bleibt zu sagen, dass es natürlich einen ausführlichen Bericht über das SAF 3 geben wird.
Mehr Informationen zum SAF 3 gibt es hier.
©caroonde 2009