Wacken 2016 – Das erste Festival im All

Das legendäre „Wacken Open Air“ zelebrierte in diesem Jahr seine 27. Auflage. Wie es sich gehört, einmal mehr ausverkauft und natürlich mit dem norddeutschen Wetter versehen. Statt wie angekündigt, kam es im Laufe des Festes doch zu teilweise erheblichen Regenschauern, die der guten Stimmung aber keinen Abbruch taten.
Bereits am Anreisetag zeigte sich einmal mehr die gute Organisation der Festivalmacher, obwohl es hier zu einigen Pannen kam. Die Ordner waren freundlich, waren teilweise aber durch die Witterungsbedingungen überfordert. Der Mittwoch sollte laut Ankündigungen der führenden Wetterdienste als der unfreundlichste Tag der Metal-Party gelten. Bereits an diesem offiziellen Tag 0 spielten im „Wackinger“-Bereich einige Bands auf. So verschwand der Zeltaufbaustress zwischen Piratenliedern und mittelalterlichen Weisen. Den Ausklang des Abends zelebrierte „Eric Fish& Friends“, die mit ihrer Akustik-Show die Fans begeisterten.
54°01`41″N, 9°22`12″ O, diese Koordinaten lassen jedes Metalherz höherschlagen. Bezeichnet diese Zeichenfolge doch den Standort des Infield, dass am Donnerstag endlich eröffnet wurde und damit das Festival offiziell eröffnete. Die Ehre die Metalheads auf dem „Holy Ground“ zu begrüßen, hatten einmal mehr „Skyline“, die bereits im ersten Wacken-Jahr aufspielten. Allerdings überzeugte der diesjährige Auftritt nur wenig. Weder die klassische Wacken-Hymne fand ihre Aufführung und auch die ausgewählten Cover-Versionen stießen auf gemischte Reaktionen im Publikum. Dafür wurde den Fans jedoch eine legendäre „Night to remember“ geboten, die man in dieser Form noch nie geboten hat. „Saxon“, die Urgesteine der britischen Rockmusik schrieben Rockgeschichte, als sie zu ihrer Hymne „The eagle has laded“ einen Wetterballon in die Stratosphäre stiegen ließen, der mittels Kamera Bilder aus dem All direkt auf die Leinwände des Open-Air übertrug. Ein Augenblick, den wohl niemand vergisst, der dabei war. Die Zeitreise setzte sich mit „Foreigner“ fort. Die 80er Jahre wurden zelebriert und es zeige sich deutlich, dass auch der geneigte Metalfan seine Freude an dem Stadionrock dieser Epoche hat. Ein weiterer Vertreter dieser Spezies sind auch „Whitesnake“, die im Anschluss die Bühne enterten. Mit Hits wie „Here I go again“ oder „In the still of the night“ hatten sie das Auditorium sofort auf ihrer Seite. Der unbestrittene Headliner des Festivals waren zweifelsohne die NWOBHM-Heroen von „Iron Maiden“. Ein Name, wie ein Donnerschlag. Diese Band verbindet sämtliche Sub-Genres des Metals und eint die Fanmasse, wie keine andere Band. Zum Abschluss ihrer „The Book of Souls“ hatte man Wacken auserkoren und lag mit dieser Einschätzung genau richtig. Mit Ihren Hits wie „Speed of light“ oder „Death or glory“ begeisterten sie die 75.000 Fans, die sich vor der Bühne eingefunden hatten. Natürlich fanden auch ältere Tracks wie „Powerslave“ oder das unsterbliche „Blood brothers“ den Weg auf die Setliste. Mit „Wasted years“ wurde der erste offizielle Wacken-Abend beschlossen. Ein grandioser Ausklang, der opulenter nicht hätte ausfallen können. Dieser Abend blieb übrigens nicht nur den anwesenden Fans vorbehalten, sondern war auch im Live-Stream zu bewundern, der mit über 550.000 Zuschauern einen neuen Rekord für sich verbuchen konnte.
Der Freitag begann verregnet, jedoch ließ es die Fans sich nicht davon abbringen, ihre Helden von „Orden Ogan“ auf der Partystage einen sonnigen Empfang zu bereiten. Bei bestem True-Metal und eiskaltem Bier zeigt sich nun mal Wacken stets von seiner besten Seite. Eine echte Pause war den Besuchern nicht vergönnt und so vertrieben „Beyond the black“ die letzten Müdigkeitserscheinungen und präsentierten sich gewohnt spielfreudig. Eine Band, die sich im Laufe der letzten Jahre rapide weiterentwickelten, sind wohl „Equlibrium“. Mit ihrem Sänger Robse stehen die Jungs stets im Mittelpunkt und präsentierten neben guten alten Tracks auch Songs aus dem neuen Album. Während „Prey“ noch verhaltend aufgenommen wurde, fand zu „Born to be epic“ eine wahre Metal-Schlacht statt. „Blut im Auge“ beendete dann das umjubelte Gastspiel auf dem Heiligen Acker. „Eluveitie“ sind derzeit auf der Suche nach sich selbst. Nachdem 3 Mitglieder die Band überraschend verließen, sucht man derzeit nach Ersatz. Kein Grund jedoch, um das Wacken nicht trotzdem ordentlich durchzuschütteln. Die Schweizer Pagan-Metaler legten einen guten Auftritt auf die Bühne. Als Gastsänger stand Liv Kristine bereit, um den Hymnen „Call of the mountains“ und „Rose for epona“ ihre Stimme zu leihen. Der Everblack „Ignis Mona“ versetzte auch den letzten Headbanger in Ekstase. Mit der ehemaligen „Nightwish“-Sängerin Tarja wurde das Bühnenprogramm fortgesetzt. Das Highlight des Konzertes war das Duett zwischen Tarja und Alissa von „Arch Enemy“. Eine interessante Kombination dieser einzigartigen Stimmen. Bitte mehr davon. Den Schlussakkord unter diesen denkwürdigen Tag setzten zwei Männer, die wohl stellvertretend für den Metalstandort Deutschland stehen. „Kai Hansen &Friends“ rockten das nimmermüde Publikum mit ihren schwermetallischen Klängen durch. Bevor jedoch Bettruhe angesagt war, übernahmen „Unisonic“ die Aufgabe, den Metalheads ein Gute-Nacht Lied darzubringen. Hinter dieser Band steck niemand geringeres als Michael Kiske, der jüngst mit „Avantasia“ große Erfolge verbuchen konnte. Nach „I want out“ dimmten sich die Lichter langsam und die Fans zogen sich zum Erfahrungsaustausch an die zahlreichen Bars zurück.
Wenn die Zeit doch nur immer so schnell vergehen würde, wie auf dem Holy Ground. Der letzte Tag des Metal-Erdbeben kündigte sich einmal mehr mit einem Mini-Gewitter an und sorgte bei den Schlamm-Liebhabern für helle Freude. Zum Ende des wohl berühmtesten Dorf-Festes der Welt sollte es aber auch noch musikalisch ordentlich krachen. „Dragonforce“, die für ihre verspielten Auftritte vergöttert werden, bereiteten eine gute Basis für die letzte Runde „Wacken 2016“. Es wurde episch, als „Symphony X“ die Bühne für ihre Show in Flammen setzten. Eine wahrhaft denkwürdige Show, die durch viel Bombast zu überzeugen wusste. Da Erholung im klassischen Sinne eh überbewertet ist, übernahmen die Metalcore-Freunde von „Callejon“ die Party-Stage und zeigten, wie man Tracks wie „Schwule Mädchen“ oder „Schrei nach Liebe“ in ein hartes Gewand kleiden kann. Nach „Porn from Spain 2“ wurde der zweite Wacken-Auftritt der Jungs schließlich gebührend beendet. Nun schloss sich eine denkwürdige Nacht in Schleswig-Holstein an. „Steel Panther“, die mit ihrer Persiflage-Show auf den 80er Jahre Hair Metal als die Sensation der letzten Jahre gelten, die „True Metal Stage“ enterten und ihre zweideutigen Texte dem begeisterten Auditorium darboten. Ob nun „Gloryhole“ oder „Asian Hooker“, hier kam jeder auf seine Kosten. Etwas ungeschickt war allerdings die Auswahl der Mädels, die auf die Bühne durften. So entpuppte sich ein Mädchen als minderjährig und so wurde die Show etwas abgespeckter fortgesetzt. Als dann jedoch „Party all day“ erklang, war dieser Fauxpas bei den meisten Fans bereits wieder vergessen. Es entwickelte sich eine ausschweifende Party. Darf man den Ankündigungen glauben, dann spielten „Twisted Sister“ ihre letzte Deutschland-Show aller Zeiten im Anschluss. Wer diese Band nur von „We’re not gonna take it“ kennt, bekam hier ein Best-of der Superlative geboten. Bester Metal, wie man ihn nur lieben kann. Ein wirklich legendäres Konzert, das hoffentlich gebührend auf Blu Ray gebannt werden wird. Die nächste Band konnte durch eine Veränderung auf der Sängerinnen-Stelle viele neue Sympathien sammeln. Die Rede ist natürlich von „Arch Enemy“, die von Alissa unglaublich kraftvoll beshoutet werden. Den Auftritt als Hohepriesterin des Metals meisterte die blauhaarige Sängerin exzellent. Mit welcher Power diese Frau die Lyrics dem Auditorium entgegen schreit, ist mehr als beachtlich. Nach den Gruß-Worten der Veranstalter, begann mit „Dio Discipline“ ein Konzert, das man wohl bereits heute als historisch bezeichnen kann. Die Band, die aus Mitgliedern der letzten Bühnen-Crew vom legendären Ronnie James Dio besteht, zauberte die Hits des verstorbenen Altmeisters auf die Bretter der Metalwelt. Das wirklich beeindruckende an diesem Gig war, dass Ronnie James Dio via Hologramm mit die Bühne rockte. Dem geneigten Metalfan stellte sich nach diesem ungewohnten Erlebnis die Frage, ob man hier bereits die Zukunft der Metal-Konzerte gesehen hatte.
Fazit: Das „Wacken Open Air“ ist trotz aller Kritik immer noch das tonangebende Festival im Metalbereich. Nirgendwo bekommt man diese Masse an guten Bands, die allesamt ihr Best-of Programm spielen. Nirgends bekommt man einen derart große Mittelalter-Bereich, der durch die besten Marktbands beschallt wird und nirgends bekommt man ein ähnliches Hard-Rock Einkaufsparadies, wie den Metalmarkt geboten. Wacken ist derart groß, dass ein einziger Besuch nicht ausreicht, um alles zu erleben. Mittlerweile hat das kleine Dörfchen sogar eine Brauerei, die hervorragendes Craft-Beer an den Mann bringt und dadurch für Abwechslung sorgt. Metalherz, mehr als Wacken brauchst du nicht.

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