Wacken 2017 – Das Völkertreffen in Schleswig-Holstein

Wacken. Das ist immer Metal, nette Leute und leider auch Matsch. Dieses Jahr hielt es sich mit dem Regen einigermaßen im Rahmen, dennoch gehörten Gummistiefel auch zu den absoluten Must-Haves dieses Festivals. Mit Besuchern aus über 80 Ländern und ca. 150 Bands kann man das W:O:A mittlerweile als „Vereinte Nationen des Metals“ bezeichnen, wie Thomas so treffend bemerkte.

Bereits am Mittwoch, eigentlich Tag 0 des Festivals, konnten sich die Besucher auf der sogenannten W.E.T-Stage mit den Metal-Battle Teilnehmern in die passende Stimmung wiegen, ehe „Ugly Kid Joe“ und die legendären „Boomtown Rats“ die Bühne übernahmen. Sicher sorgte insbesondere letztgenannte Band für einen bleibenden Eindruck, da man sich hier in die Avantgarde-Zeit des Punks zurückversetzt fühlte. Der unverzichtbare „Mambo Kurt“ sorgte für den passenden Ausklang an diesem inoffiziellen Veranstaltungstag.

Der Donnerstag steht immer unter dem großen Motto der „Night to remember“. Bei diesem Spektakel spielen stets große Bands, die man nur selten in Deutschland zu Gesicht bekommt. Traditionell durften „Skyline“ das Festival eröffnen und überraschten mit einer genialen Setlist. Tracks von „iron Maiden“ und „Whitesnake“ stimmten die Fans auf die bevorstehenden Tage auf dem Acker ein. Im Anschluss wurde die „gute, alte“ Zeit des True-Metals zelebriert. „Ross the Boss“ hatte geladen und überzeuge mit den alten „Manowar“-Klassikern. Höhepunkt des Auftritts war ohne Zweifel die Aufführung des Stückes „Battle Hymns“. An diesem Track kommt ein Metalhead einfach nicht vorbei. Man spürte, wie sich der Hauch der Geschichte auf dem Gelände breitmachte. Eine weitere Hymne, die nicht wegzudenken ist, stellt „The Final Countdown“ dar. Daher enterten die Herren von „Europe“ die Bühne im Anschluss. Eine breite Auswahl ihrer gesamten Schaffensperiode wurde gebührend gefeiert, ehe schließlich der lang erwartete Everblack gespielt wurde, bei dem der geneigte Metaler natürlich auch die Instrumente mitsingt. „Status Quo“ gehören wohl zu den Pionieren der härteren Rockmusik. Die sympathischen Briten zauberten mit „Rockin all over the world“ oder „in the army now“ ein echtes Wohlfühl-Gefühl auf das prall gefüllte Gelände. Echte Legenden, die hier in Wacken wohl einen ihrer denkwürdigsten Gigs spielen durften. Eine ganz besondere Show boten „Accept“, die gemeinsam mit einem Orchester ihre Klassiker darboten und zeitgleich Songs des neuen Albums präsentierten. Ein Auftritt, dem es aber irgendwie an Drive fehlte, wenngleich das Orchester wirklich beeindruckend war. Etwas Jünger, aber bereits jetzt im Helden-Status sind „Volbeat“ allemal. Mit ihrem Elvis-Metal erspielten sich die Herren aus Dänemark die Fanherzen. In Wacken bot diese Band eine Darbietung der Extraklasse. Mit Pyro-Show und voller Spielfreude krönten „Volbeat“ die „Night to remember“.

Thank God it’s Friday. Auch wenn der Großteil der Fans sicher nicht mehr unbedingt den genauen Wochentag wusste, begann der Tag früh mit den Heroen von „Lacuna Coil“. Cristina und ihre Jungs heizten bereits am frühen Vormittag den Fans gehörig ein und bewiesen einmal mehr ihre Klasse. Diese Band muss zu einer besseren Uhrzeit spielen, hier stimmt neben einer guten Bühnenshow auch die musikalische Leistung, die viele Besucher leider verpassten. Einem echten Doppelschlag erwartete die Headbanger in Form von „Grave Digger“ und „Sonata Arctica“. Mit ihren Hits, wie „Excalibur“ oder dem unsterblichen „Rebellion“ setzten „Grave Digger“ ein großes Ausrufezeichen an diesem Mittag in der schleswig-holsteinischen Provinz. Die Symphonic Metaler von „Sonata Arctica“ konnten ein gut gefülltes Infield für sich verbuchen und lieferten eine ihrer besten Shows ab, die mit „Don’t say a word“ ein würdiges Ende fand. Eine Mittelalter-Band, die es geschafft hat die beiden Welten von Metal und Mittelalter zu verbinden, sind zweifelsohne „Saltatio Mortis“. Keine Frage, wenn Sänger Alea die Bühne betritt, gibt die Band Vollgas. Ein ganz besonderer Moment für die Fans ist stets das Crowd-Surfen des Frontmanns. Hier trägt man die Band wortwörtlich auf Händen. Ein beeindruckender Aufritt vor einer beeindruckenden Kulisse. Langsam senkt sich auch in Wacken die Sonne und in dieser Abendstimmung wäre etwas Klassik angebracht, um diesen Moment gebührend zu zelebrieren. Da kommen „Apocalyptica“ wie gerufen, die in diesem Jahr das 20. Jubiläum ihres Debütalbums „Plays Metallica by four cellos“ feiern. Mit ihren verzerrten Cello-Klängen erspielten sich die Finnen einen festen Platz im Metalzirkus und auch an diesem Abend wird lauthals bei „Nothing else matters“ oder „Battery“ mitgesungen. Ein denkwürdiger Auftritt, der die Sonne in den wohlverdienten Feierabend schickt. Nun bricht die Zeit der Headliner an. Mit „Marilyn Manson“ stand einer der ganz großen Namen auf dem Billing. Der Auftritt begann mit 15minütiger Verspätung und einer völlig vernebelten Bühne. Die ersten kritischen Stimmen wurden laut, als nach dem ersten Song die komplette Bühnenbeleuchtung und die Screens abgeschaltet wurden. Nach einer ca. 5minütigen Wartezeit kam dann „This is the new shit“ zur Aufführung, bei der Marilyn allerdings keine gute Figur machte. Kaum Stimmgewalt und ein lustloses Spiel sorgten dafür, dass zahlreiche Besucher das Infield in Richtung Zeltplatz verließen. Auch diesem Beitrag schloss sich eine weitere Pause an. Ein kleiner Lichtblick war lediglich „Sweet Dreams“, ehe wieder die Bühne verdunkelt wurde. Selten war das Infield zu diesem Zeitpunkt derart leer. An dieser Stelle muss einfach gesagt werden, dass „Marilyn Manson“ seinem Status als Headliner zu keinem Zeitpunkt gerecht wurde. Eine Entschuldigung an die Fans wäre mehr als angebracht gewesen, stattdessen verließ die Band wortlos die Bühne. Eine echte Enttäuschung, die man in dieser Form nicht erwartet hätte. Die Exoten des Festivals hatten die undankbare Aufgabe diesen Abend noch irgendwie zu retten. „ASP“ durften eins der begehrten Nachtkonzerte auf dem „Holy Ground“ bestreiten. Sicher nicht sonderlich einfach nach dieser Pleite direkt davor. Davon ließen sich die Herren jedoch nicht entmutigten und spielten ein Best-of Set, das den Abend tatsächlich noch retten konnte. Mit Anleihen des „Iron Maiden“-Klassikers „Hallowed Be Thy Name“ zogen sie auch die letzten Kritiker auf ihre Seite und präsentieren zwei brandneue Tracks, die dankbar aufgenommen wurde. Mit einem gemeinschaftlichen Gesang zu „Ich will brennen“ bekam der Freitag dann doch noch den grandiosen Abschluss, den sich jeder Metaler wünscht.

Gibt es Zeitlöcher? Diese Frage stellt sich immer am letzten Festivaltag. So schnell können 4 Tage in Wacken vergehen. Jedoch kann natürlich auch der Abschlusstag stets mit guten Bands und interessanten Shows aufwarten. „Beyond the black“ eröffnen den Tag eher ruhig. Sängerin Jenny zeigt einmal mehr ihre gesamte Power und sorgt bereits zur Mittagszeit für ordentlich Bewegung vor den großen Bühnen, ehe sich Max und Igor Cavalera mit ihrer „Roots“-Show einen aufsehenerregenden Auftritt sichern. Alte „Sepultura“-Klassiker gehen schließlich immer. Im Anschluss übernehmen die sympathischen Herren von „Heaven shall burn“ das Entertainment der Besucher und sorgen für riesige Circle-Pits, um die FOH-Tower. Ein Anblick, den man so schnell nicht mehr vergisst. Was wäre das „Holy Land“ ohne eine heilige Messe? Diese Aufgabe übernehmen „Powerwolf“ nur allzu gern und feuern ihre Hits dem begeisterten Auditorium um die Ohren. Spätestens, als bei „We drink your blood“ die gesamte Gemeinde einstimmt, ist auch dem letzten Kritiker klar, dass diese Band Headliner-Format besitzt. Einer der Großmeister des Metals ist „Alice Cooper“. Mit seinen Shows begeistert er stets Millionen und auch an diesem frühen Abend steht das Auditorium ehrfürchtig vor der Bühne, ehe der Erfinder des Schock-Rocks seinen Gig eröffnet. Höhepunkte sind „No more Mr. Nice Guy“ oder der Geniestreich „Poison“, der lauthals mitgesungen wird. „Amon Amarth“ spielen ihr Wikinger-Ass bewusst aus und präsentieren eine Show, die neben Pyro-Effekten auch einen Gastauftritt der Queen of Metal zu bieten hat. Doro legt hier einen legendären Auftritt hin, ehe sich mit „Avantasia“ das nächste Großprojekt ankündigt. Diese Band ist einfach einzigartig. Tobias Sammet hat das Unmögliche geschafft: Eine Metal-Oper mit den bekanntesten Sängern der Metalwelt zu einen und dieses Spektakel auch noch auf eine Bühne zu bekommen. Legendär und unverzichtbar für die Vielfalt im Bereich der harten Rockmusik. Gänsehautmomente sind bei „the story ain’t over“ mit Bob Catley garantiert und wenn die ersten Töne von „Farewell“ erklingen, bekommt auch der härteste Metaler Gefühle in der Herzgegend. Mit einem opulenten Feuerwerk zu dem Medley „Sign of the Cross /The seven angels“ beendet der Headliner des gesamten Festivals schließlich seine Darbietung. Nach den traditionellen Grußworten der Veranstalter, beenden „Subway to Sally“ das 28. Wacken Open Air. Im Schein der imposanten Bühnenbeleuchtung treten die Fans den Heimweg zu den Zelten an und freuen sich bereits auf die 29. Ausgabe.

Fazit: Wacken ist einfach ein Name, der immer für großartige Bands steht. Mit insgesamt 8 Bühnen hat man sich genug Platz geschaffen, um auch kleineren Bands eine Plattform zu bieten. Sicher hat auch Wacken Nachteile. So sind die Wege zu den Zeltplätzen teilweise weit und nicht immer gut zu passieren. Auch Überschneidungen in der Running-Order stören ab und an. Allerdings sind das Probleme, die ein so gigantisches Festivals mit sich bringt. Man darf nur hoffen, dass sich die Eintrittspreise in naher Zukunft nicht weiter erhöhen.

Text: Fabian Bernhardt

Fotos: Lena Behlmer

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