Im Jahr 2002 startete die Symphonic Metal-Band Delain ihre Karriere mit der Demo „Amenity„, gegründet von Martijn Westerholt, der bis 2001 Keyboarder in der Formation „Within Temptation“ seines Bruders Robert war. Nach Unterzeichnung des Vertrags bei Roadrunner Records begann im Juli 2005 die Arbeit am Debüt-Album „Lucidity“ (VÖ: 4. September 2006), zu dem mehrere Gastmusiker ins Studio geladen wurden.
Das zweite Album „April Rain“ erschien am 20. März 2009.
Am 16. April 2009 stellte sich Mastermind Martijn Westernholt den Fragen der Radio Dark Dimensions-Moderatoren elbin und Ralle im Rahmen des Konzerts, das Delain im kleinen Saal der Markthalle Hamburg, im MarX spielte.
Die Interviewübersetzung aus dem Englischen verdanken wir elbin (RDD), welche auch zusammen mit Ralle (RDD) Hintergründe und Fragen recherchierte.
Ralle: Hallo Martijn – Vielen Dank, dass ihr euch heute die Zeit genommen habt, um euch von uns ausfragen zu lassen. Wie geht es euch an diesem wunderschönen Tag in Hamburg?
Martijn: Erst einmal herzlichen Dank. Wir fühlen uns großartig, denn es ist schönes Wetter, die Sonne scheint an unserem ersten Tag der Tour in Hamburg. Ich habe gehört, dass heute Abend der HSV spielt und es ist eine kleine Herausforderung an diesem Abend Gäste anzulocken. Aber wir fühlen uns sehr gut sind und freuen uns auf die Tour.
Ralle: Wie schwierig ist es, auf einer derartig intensiven und umfangreichen Promotiontour durch Europa noch Zeit für sich selbst zu finden und sich an den Orten ein wenig umzusehen?
Martijn: Das ist eine gute Frage. Es ist schwierig, denn es gibt auf einer Tour so viele Dinge zu organisieren mit Bühnenaufbau, Soundcheck usw., dass doch wenig Zeit bleibt sich umzusehen. Aber heute Abend werden wir uns in Hamburg auf der Reeperbahn ein wenig umsehen. Es ist schön sich etwas umzusehen, wenn man reist, aber es ist schon eine zeitliche Herausforderung, denn die Show ist am Wichtigsten.
Ralle: Wie würdet ihr Delain jemandem beschreiben, der euch zum ersten Mal hört bzw. live erlebt?
Martijn: Ich würde sagen, wir machen Heavy Music, die melodisch ist und viele Kontraste in den Songs hat. Da sind sehr harte Riffs und sehr sanfte Passagen. Die Musik ist sehr kompakt, die Songs sind sehr kurz. Die Leute, die uns gern in die Ecke stellen wollen, wir würden jemanden kopieren, haben einige Schwierigkeiten. Sie stellen nämlich fest, dass unsere Musik etwas anders ist. In Melodie und Gesang. Ich würde sagen wir machen Pop Songs im Fairy-Heavy Sound.
Ralle: Wie geht ihr damit um, dass beim Begriff Gothic-/Symphonic-Metal aus den Niederlanden wahrscheinlich als erstes Within Temptation genannt wird?
Martijn: Nein es ist kein Problem. Es ist logisch, denn meine Wurzeln liegen bei Within Temptation. Normalerweis kann es ein Problem sein, wenn es irgendeine andere Band aus der Szene wäre, aber so ist es in diesem Fall nicht. Unsere Musik unterscheidet sich doch von der Musik von Within Temptation. Wir haben spezielle Elemente, die für uns typisch sind, wie z. B. der Wechselgesang. Wir haben eine Popstruktur, aber genauso auch Metaleinflüsse mit vielen Doppelbass-Einsätzen, die Within Temptation zum Beispiel nicht hat. Aber es ist schwierig und verständlich, dass die Leute so denken.
Ralle: Aber nachdem „April Rain“ jetzt seit gut 4 Wochen erhältlich ist, dürfte diese Art Vorurteile wohl der Vergangenheit angehören?
Martijn: Ja, es schafft etwas mehr Abstand auch in der Weise, wie es produziert und gemixt wurde. Es ist metallastiger und auch die Songs sind anders. Auch Charlotte (C. Wessels, Gesang; Anm. des Autors) hat eine sehr charakteristische Stimme und das ist genauso anerkennenswert. Ich würde sagen, dieses Album zeigt, dass Delain ihre eigene Identität hat. Wenn ich die Stimmen aus dem Publikum nach den Konzerten höre und die Rezensionen und Kritiken lese denke ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Ralle: Ihr habt bereits einige Auftritte in den Niederlanden und in Spanien hinter euch. Wie waren die bisherigen Reaktionen auf April Rain?
Martijn: Die Reaktionen waren wirklich einmalig. Wir hatten unser ausverkauftes Konzert im Melkweg, einem der bekanntesten Clubs in Amsterdam, NL. Es ist sehr schwierig für niederländische Bands diesen Club zu füllen. Das war ein sehr willkommener Sieg für uns. Wir hatten noch ein anderes ausverkauftes Konzert in Ahuus vor dem Release bei dem wir etwas ausprobiert haben. Die Leute kannten unsere neuen Songs noch nicht und die Resonanz war großartig. Die Songs sind lebensnaher.
Ralle: Mittlerweile gibt es auch in Deutschland zahlreiche CD-Kritiken und Rezensionen zum Album April Rain, die allesamt mehr als positiv ausgefallen sind. Wie sehr interessiert euch so etwas? Oder sagt ihr einfach nur, dass dies verschiedene Meinungen von verschiedenen Personen sind?
Martijn: Es ist wichtig zu wissen, was die Menschen denken. Es ist äußerst wichtig, die Musik zu machen, die einem gefällt. Das Geheimnis dabei ist, sich nicht durch die Meinungen anderer beeinflussen oder gar kompromitieren zu lassen. Wenn du die Musik machst, die du liebst, sie anderen gefällt, positive Reaktionen hervor ruft und diese anderen sagen, dass es wirklich gute Musik ist, nehme ich das als ein großes Kompliment entgegen. Das freut mich sehr.
Ralle: Gibt es ein zentrales Thema auf April Rain oder hat jeder Song auch seine eigene Geschichte?
Martijn: Wirklich beides. Jeder Song erzählt seine eigene Geschichte. Charlotte schrieb die Songs in mehr oder weniger autobiografischem Stil. Beispielsweise eine normale Alltagssituation, keine Märchen, wie sie von anderen Bands eingesetzt werden. April Rain soll zeigen, dass es immer zwei Seiten gibt die Dinge zu betrachten – einmal die negative Seite, aber genauso ist es möglich das Ganze positiv zu sehen. Nach dem Motto: „Das Glas ist halb voll oder halb leer.“ Es kommt immer auf die Sichtweise an und das ist etwas, dass sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album zieht. Charlotte ist auch ausgebildete Schauspielerin, was sich natürlich auch immer wieder auf die Songs auswirkt.
Ralle: Du warst auch Mitbegründer und Keyboarder von Within Temptation. Wie schwierig ist es für dich diesen Spagat jetzt mit Delain zu machen und dabei nicht als Kopie von Within Temptation zu gelten?
Martijn: Das ist nicht schwierig, denn als jemand mit eigenem Geschmack und mit eigenem Stil, den du mit in die Musik einbringen willst. Mein Bruder ist nun Mastermind von Within Temptation, zusammen mit Sharon (Sharon Janny den Adel; Anm. d. Autors). Mit Delain habe ich die totale Freiheit die Musik zu machen, die mir gefällt. Was bei Within Temptation nicht so der Fall war, da es mehr die Sache meines Bruders Robert war. Nun ist Robert dort Mastermind.
Ralle: In den Niederlanden seid ihr mittlerweile Stars und in Deutschland wurdet ihr mit Lucidity – auch wegen der zahlreichen Gastmusiker – als Geheimtipp eingestuft. Ist April Rain jetzt auch der ersehnte, endgültige Durchbruch? Weg vom Status eines Studioprojektes und hin zu einer faszinierenden eigenständigen Liveband?
Martijn: Absolut, wenn man bedenkt, dass die Resonanzen bei Lucillity sehr voreilig, mit Vorurteilen belegt waren und die Kritiken sowie Rezenzionen entsprechend unfair gehalten waren. Als Band braucht man Zeit sich zu entwickeln und die hat man uns nicht gegeben. Es ist unglaublich wichtig für uns, live spielen zu können um den direkten Kontakt zum Publikum zu haben und die Reaktionen hautnah miterleben zu können. Es ist wichtig um jedes einzelne Bandmitglied kennenzulernen, seine speziellen Stärken und Schwächen kennenzulernen um die Musik entsprechend anzulegen. Das war jetzt mit April Rain wesentlich einfacher, da wir jetzt bereits ein eingespieltes Team sind. Ich habe mich sehr über die ersten Kritiken gefreut und darüber, dass man auch öffentlich anerkennt, dass wir uns entwickelt haben. Darum denke ich, dass wir mit April Rain nun bewiesen haben, dass wir nicht nur eine Studioprojekt sind, sondern auch eine Liveband.
Ralle: Erzählt uns bitte ein wenig über die Videoproduktion zu eurer ersten Singleauskopplung April Rain. Wer hatte die Idee dazu?
Martijn: Wir fragen viele Skripte von verschiedenen Videoproduktionen nach und haben dann ein Script der Videoproduktion gelesen, die bereits für Kamelot und Avantasia einige Videos produziert haben. Das gab eine Sicherheit, was die Qualität des Videos angeht und die Kozept gefiel uns sehr. Das war ein Experiment, denn es war das erste Mal, dass wir mit Greenscreen und Animationen gearbeitet haben. Die animierten Teile wurden zuerst gedreht und anschließend kamen wir zum Einsatz. Insofern war es etwas riskant, denn man hat nur ein oder zwei Versuche es richtig zu machen. Aber wir haben es geschafft und wir lieben es. Als wir das Skript bekamen haben wir es natürlich noch etwas an uns angepasst und ein wenig umgeschrieben, aber ihr seht: Es ist gelungen.
Ralle: Was dürfen und können wir in Zukunft von Delain noch erwarten?
Martijn: Ein bisschen Urlaub wäre nett, aber ich muss sagen es ist sehr wichtig für uns viel live zu spielen. Das ist das Ziel, das wir uns selbst mit diesem Album gesetzt haben. Andere Länder und Märkte zu erschließen. Deutschland ist dabei das wichtigste Land für uns. Es ist ein sehr großes Land und Metal wird hier sehr gut aufgenommen. Aus Deutschland erhalten wir auch viel Unterstützung und sehr gute Resonanz, darum wollen wir noch ganz oft auftreten. Dann werde ich mit meiner Frau in Madrid Urlaub machen. Da sie Spanierin ist, haben wir dort gute Kontakte. Wir werden dann auch wieder hart arbeiten und aus dem vielen guten Material, dass wir haben auswählen.
Ralle: Was möchtet ihr abschließend den Fans von Delain und unseren Hörern noch mit auf den Weg geben?
Martijn: Ich möchte erstmal allen Menschen danken, die unsere Musik hören, denn ohne euch könnten wir gar nicht tun, was wir tun. Ohne unsere Fans würden wir es nicht schaffen und wir danken euch für eure Unterstützung. Wir haben eine sehr gute Fanbase und das ist sehr wichtig.
Interview-Führung: Ralle (RDD)
Recherchen: eblin, Ralle (RDD)
Übersetzung: elbin (RDD)
Verarbeitung für Schwarze News: BassTierchen