Wir waren für Euch auf dem neuen Festival „Rock im Revier“. Ursprünglich als „Grüne Hölle Rock“ geplant, sollte es auf dem Nürburgring stattfinden. Leider waren sich Veranstalter und Betreiber des Rings nicht einig, weshalb man kurzerhand eine neue Location finden musste. Die Wahl fiel auf die Veltins-Arena in Gelsenkirchen und somit wurde auch der neue Name kreiert. Doch wie war es denn nun?
Die Veranstalter hatten knappe 2 Monate Zeit ein komplettes Festival neu zu organisieren. Das war an manchen Ecken auch definitiv zu spüren. Viele Helfer und Supervisor waren nicht wirklich auf das Festival geschult. Insbesondere am Donnerstag vor dem Festival suchten Besucher vergebens nach Auskunft bezüglich reservierter Tickets oder auch Campingplatz. Aber zumindest war das Personal durchgehend sehr freundlich, auch wenn nicht geholfen werden konnte. Sehr positiv ist die Verkehrsanbindung hervorzuheben. Mit ÖPNV ist die Arena super zu erreichen und zwar von quasi allen umliegenden Städten des Ruhrgebiets. Und auch Autofahrer dürfen sich nicht beschweren – es gibt mehr als genug Parkplätze (60.000 Fußballfans müssen ja auch irgendwie unterkommen) zu annehmbaren Tagespreisen.
Direkt am ersten Tag standen zwei Headliner der Superlative zu Buche: Faith No More und Metallica. Erstere meldeten sich dieses Jahr mit einem neuen Album zurück und die Fans waren mehr als gespannt auf den ersten Auftritt auf deutschem Boden seit langem. Was man nach dem Festival bestätigen konnte: Die Halle war am ersten Tag brechend voll. Schon vor Faith No More war es kaum möglich, in den zweiten Wellenbrecher vorzudringen. War aber auch nicht schlimm, denn die Stimmung war auch hinten überragend. Hauptsächlich Männer und Frauen mittleren Alters feierten zu großen Hits wie „Midlife Crisis“ oder „Epic“ und lagen sich der Ballade „Easy“ in den Armen. Ein großer Moment. Ebenso groß der Auftritt von Metallica. Die glücklichen Gewinner des Meet & Greet durften mit den Metal-Helden zusammen auf der Bühne stehen und schnell wurde klar, dass James Hetfield und Konsorten auch nach Jahrzehnten noch Spaß wie am ersten Tag haben. Es wurde sogar eine Weltpremiere gefeiert: Zum ersten Mal spielten Metallica „The Unforgiven II“ live auf einem Konzert.
Der zweite Tag war musikalisch deutlich alternativer. Wer mittags schon zu Triggerfinger auf dem Gelände war, konnte sicher gehen, für den Rest des Tages eingeheizt zu sein. Die Jungs aus den Niederlanden brachten die kleine, aber feine Menge zum Kochen. Auch Bonaparte lieferten eine saubere Show ab und brachten etwas Avantgarde in das ansonsten doch eher rüde Festival. Als besonderes Schmankerl haben wir uns an diesem Tag Babymetal gegeben. Wer diese Band nicht kennt, sollte sich mal bei YouTube erkundigen. Vom Prinzip her wird J-Pop mit Heavy Metal verbunden. Das sieht dann so aus, dass 3 süße Japanerinnen im Schulmädchenlook mit Heidi-Klum-Switch-Stimmen zu harten Gitarrenriffs trällern und dabei eine perfekt einstudierte Performance abliefern. Entertainment pur. Auf derselben Bühne kamen direkt im Anschluss Eisbrecher. Wer sich diesen Übergang ausgedacht hat, hatte zumindest Humor. Wobei – von der Tiefgründigkeit der Texte dürfte das ähnlich sein…aber lassen wir das besser. Eisbrecher erzeugten wie gewohnt eine Bombenstimmung und schmetterten einen Gassenhauer nach dem anderen. Alex Wesselsky alias „Der Checker“ weiß, wie man das Publikum bei Laune hält.
Direkt nach Eisbrecher ging es wieder in die große Arena zu Incubus. Was sofort auffiel: Es war wesentlich weniger los als am ersten Tag. Auch wenn Incubus ein sauberes Konzert spielten, war die Stimmung leider nicht so überragend. Dies schafften erst wieder Muse, welche ein Feuerwerk vom Allerfeinsten zündeten. Die Stimme des Sängers Matthew Bellamy klingt live genauso klasse wie auf einem Tonträger. Vermutlich sogar besser. Die Setlist bestand in Bandbreite aus der kompletten Diskographie der Briten. Die berühmtesten Hits durften natürlich auch nicht fehlen. Es war ein Fest, bei dem an alles gedacht wurde. Das Publikum war außer Rand und Band. Danke Muse, für dieses bewegende Konzert.
Der letzte Tag stand unter dem Motto Oldschool-Heavymetal mit viel Glamour. So kann man denke ich mal Bands wie Accept, Judas Priest und KISS ganz gut zusammenfassen. Vor allem Glamour war viel zu finden, fing der Tag doch mit Kissin‘ Dynamite an. Eine deutsche Metalband aus dem schwäbischen Raum, die defintiv Elemente des Glamrock in ihrer musikalischen Ausprägung haben. Der Sänger war gut drauf, hat Spaß gemacht und kann man definitiv empfehlen. Mit Beyond the Black und Epica traten gleich 2 Symphonic Metal Bands hintereinander auf. Leider wurden diese von Regen begleitet. Echte Festival-Fans werden dann erst richtig warm. Beyond the Black sind noch als Newcomer anzusehen. Man hat der Band um Sängerin Jennifer Halten angemerkt, dass sie sehr glücklich waren, überhaupt dabei zu sein. Das Publikum hat das sehr gut aufgenommen. Die dürfen sich wieder blicken lassen. Mit dem Regen näherte sich auch der große Showdown um Judas Priest und KISS.
Deren „Vorgruppe“ in der Arena waren Five Finger Death Punch. Eine geniale Live-Band. Die Zuschauerzahl war auch wieder höher als am zweiten Tag und es brodelte schon gewaltig. Die Anspannung, dass später 2 echte Größen der Rock’n’Roll-Geschichte auftreten werden, war spürbar. Und dann kamen Judas Priest. Man sah dabei vielen Gästen an, dass plötzlich eine über Jahren antrainierte Maske abfiel und wieder die Jugend der frühen 80er Jahre zum Vorschein kam. Rob Halford hat an Ausstrahlung nichts verloren. Wenn das keine Einstimmung für KISS war, dann gibt es wohl keine. Die Urväter des Glamrock kamen sehr pünktlich auf die Bühne. Perfekt inszeniert, lieferten die 4 Masken aus New York einen Auftritt der Superlative ab. Viele Menschen kamen an diesem Tag mit KISS-Masken zum Festival und vermutlich wurde niemand enttäuscht. Einzig und allein Paul Stanley’s Stimme gibt ein bisschen Anlass zur Sorge. Klang der schon immer so kratzig? Aber egal – die Show war phänomenal.
Hat das Festival eine Zukunft? Wird sich zeigen. Natürlich gab es hier und da noch Probleme mit der Organisation. Auch sind die Wege zwischen den Bühnen leider sehr lang, was bei dem einen anderen Besucher sicherlich auch die Stimmung etwas gedrückt hat. Die Atmosphäre in der Schalkearena ist sicherlich auch gewöhnungsbedürftig. Nicht umsonst wird das Stadion auch öfter mal als die „größte Turnhalle Deutschlands“ bezeichnet. Dennoch kamen die Besucher auf ihre Kosten. Das Festival war überaus entspannt. Das lag vermutlich auch am Altersschnitt, der deutlich über den Konkurrenzfestivals „Rock am Ring“ oder auch „Southside/Hurricane“ liegen dürfte. Bei Bands wie Metallica, Faith No More, Judas Priest und KISS auch unschwer verwunderlich. Und das wichtigste: Die Bands des übergenialen Line-ups haben alles gegeben und „Rock im Revier“ damit unvergesslich gemacht!