Aeternitas stehen seit zehn Jahren für innovative Musik irgendwo zwischen Gothic-Rock und Musicalelementen. Schon mit dem Debüt „Requiem“ (das es kostenlos zum Jubiläum gab) bewiesen sie ihre hohe Kreativität. Das vorliegende Highlight-Album zu ihrem Musical „Rappacini’s Tochter“ wurde mit vielen Vorschusslorbeeren veröffentlicht, schließlich gewann das Werk im November 2008 den Deutschen Rock und Pop Preis für das beste Musicalalbum. Kollege Gussi hat ja schon die dazugehörige DVD rezensiert. Ich selbst habe sie (noch) nicht gesehen. Also fühle ich mich einfach mal für den kritischen Blick berufen. Der kritische Blick auf das was so ein Musical wirklich ausmacht – nämlich die Musik. Darf ich um Eure Aufmerksamkeit bitten?
Der eben genannte und sehr geschätzte Kollege Gussi hat in der ebenfalls eben erwähnten Rezension ja schon alles Wichtige zu der Geschichte erzählt. Ich muss jetzt also nicht noch einmal darauf eingehen. Also, zu allererst sei erwähnt das es „Rappacini’s Tochter“ in zwei Versionen gibt. Die Highlight-Version und die Gesamtwerk-Version mit zwei CDs. Natürlich liegt uns geneigten Musikjournalisten nur die eine Version vor. Ihr könnt es Euch denken: die mit den Highlights. Na ja, ich möchte mich ja nicht beschweren. Kommen wir also endlich zu der Musik auf dem vorliegenden Album. Und der Grund warum ich mich die ganze Zeit um den Kragen schreibe liegt in einer ganz einfachen Tatsache begründet: dieses Album ist sicher sehr leicht zugänglich. Dieses Album beinhaltet verdammt gute Musik, ja wirklich! Wo liegt also das Problem? Normalerweise wird man auch als musikliebender Kritiker in die Versuchung geführt nach Schema F vorzugehen. Schublade auf und das zu rezensierende Album hat seinen Stempel. Der nächste bitte. Aeternitas bringen den Zeitplan eines solchen Kritikers aber ganz gehörig ins Wanken. Das Album lässt sich nicht so leicht abstempeln. Man würde damit großes Unrecht an die Kunst, die es auch immer noch in Deutschland gibt, Unrecht tun. Großes Unrecht.
Stellt Euch nun einmal vor: ihr sitzt im Musical, nehmen wir an dieser Stelle einfach mal „Tanz der Vampire“ vom Großmeister Roman Polanski. Stellt Euch ferner vor: plötzlich würde sich der Boden auftun und das große Orchester weicht einer Rockband, bewaffnet mit Gitarre, Bass und Schlagzeug. Habt ihr nun dieses Fantasiegebilde vor Euerem geistigen Auge manifestiert? Ja? Klasse! Denn jetzt habt Ihr ungefähr die Vorstellung von der Musik: Roman Polanski trifft auf Gothic-Rock und dazu gesellen sich noch einige Elemente aus der Metal- und Elektromusik. Nun, der eine oder andere von Euch würde jetzt sicher sagen: „Das hatten wir aber schon spätestens mit Dreams of Sanity in den 90ern, ist doch nix neues mehr!“ Sicher, ich habe sicher auch schon den einen oder anderen Versuch beide Genres zu vermischen gehört. Aber noch nie wurde das in so eine Perfektion, in solch einer Liebe zum Detail geschafft. Die Musik ist zum einen geradezu überströmt mit dem Pathos eines Musicals. Herzerweichende Melodien? Vorhanden. Texte die an die Grenze der Kitschigkeit grenzen? Auch vorhanden. Doch „Rappacini’s Tochter“ ist mal wieder ein Album, das beeindruckend aufzeigt, das ein Album auf mehreren Ebenen funktionieren kann. Da wäre eben der eben genannte Musical-Aspekt – auf der anderen Seite rocken die Songs aber auch gewaltig. Gerade Songs wie „Maria“ oder „Mein Lebenswerk“ fordern dazu auf das Tanzbein zu schwingen und laut aufzudrehen.
Keine Frage: Aeternitas haben einen zeitgemäßen Klassiker geschaffen. Die Sprache ist modern und definitiv nicht das was man allgemein hin Hochgestochen nennt. Die Melodien sind leicht eingängig, haben Ohrwurm- und Hitcharakter. Wenn Radios Musicals spielen würden: es wäre Radio tauglich. Die Produktion überrascht dabei: eigentlich würde man nun eine Hochglanzproduktion erwarten. Am besten mit Dolby Digital 5.1. Nun, das Album klingt nun nicht gerade nach einer Garagenband, aber die Produktion ist definitiv nicht so kitschig und aufwändig wie es z.B. bei diversen italienischen Hollywood-Metal-Bands der Fall ist. Das Album klingt halt wie ein normales Rockalbum. Und gerade diese Einfachheit macht den Charme aus. Dieser Mut zur Einfachheit würde sicher auch anderen Bands mal gut zu Gesicht stehen.
Fazit:
Die erste Euphorie ist bei mir verflogen. Nun, im Gegensatz zu Gussi und Bieberpelz finde ich nun nicht unbedingt das es ein Meisterwerk ist. Sicher, es ist ein gutes Album und hat das Zeug zum Klassiker. Aber ein Meisterwerk? Dazu fehlt halt noch der letzte Schliff. Allerdings habe ich auch das Musical nicht gesehen, vielleicht ist es danach anders? Eine uneingeschränkte Kaufempfehlung kann ich nur dann aussprechen, wenn ihr Musicals mögt. Ich mag Musicals und finde daher auch das Album toll. Würde ich eher eine Abneigung gegen Tanz der Vampire, Starlight Express und Co. haben, dann wäre mir eindeutig zuviel Pathos enthalten. Trotzdem sollte jeder von Euch einmal reinhören. Ihr werdet es nicht bereuen!
Zweite Meinung:
Endlich wieder ein Album, das mich während der Autofahrt zum Mitsingen zwingt. Während ich nach dem Samsas Traum Musical-Album „Die Liebe Gottes“, das man nach den Jahren dann doch satt gehört hat, nichts dergleiches finden konnte bin ich hier umso begeisterter. Besonders angetan haben es mir die Gesang-Parts wo gegeneinander an gesungen wurde. Ich selber bin alles andere als ein Fan von Musicals oder dergleichen, aber die Musik in dieser Form ist wundervoll und sehr leicht eingängig. Nach nur wenigen Hördurchläufen kann man mitsingen und dennoch wird es aufgrund der Komplexität und vielseitigkeit nicht langweilig. Ich würde 9,5 von 10 Punkten geben da die Musik schnell aufgeht und enorm viel Spaß macht (mehrere Tage auf Repeat) aber das ganze noch Ausbaufähig ist. Bitte Aeternitas, macht noch mehr von dieser Musik oder gleich dem ganzen Musical!
Tracklist:
1. Ouvertüre (edit)
2. Vaters Gebot
3. Ein neuer Morgen
4. Tochter des Teufels
5. Das Machtwort
6. Maria
7. Liebe sprengt die Ketten
8. Mein Lebenswerk
9. Die letzte Tat
10. Für immer frei
11. Wahre Liebe
Anspieltipps
– Tochter des Teufels
– Maria
– Mein Lebenswerk
Veröffentlichungsdatum:
29. Mai 2009
Label:
Danse Macabre