Um der Frage nachzugehen, welche Trends es aktuell in der Tattooszene gibt, mache ich mich auf den Weg zur 9. Bamberger Tattoo Convention. Die Halle mit ihren 60 Austellern ist gut besucht und nicht nur Tattoofans verbringen hier zum monotonen Surren der Tätowiermaschinen ihren Sonntag. Auffallend viele Besucher sind tattoolos und schauen neugierig den Tätowierern bei ihrer Arbeit über die Schulter, während sich die Kinder abwaschbare Glitzer- und Airbrushtattoos malen lassen.
In den Auslagen sieht man neben den klassischen „oldschool“ Motiven viele Tiermotive, verflochtene Blumenornamente, Vögel, zarte Aquarellmotive, Comicfiguren und märchenhafte Feen. Manchmal alles zusammen verwoben zu einem Gesamtkunstwerk.
Ich wende mich an die, die wissen müssen, was gerade an Tattoos angesagt ist: Die Tätowierer selbst. „Unendlichkeitszeichen! Das ist aktuell der Trend!“, kommt es wie aus der Pistole geschossen von Sandra von Bloody Bucket. „Neben allen Trends geht es aber dennoch den Meisten um Individualismus. Wir kreieren für jeden das passende Tattoo und vermischen dabei auch gerne verschieden Stile.“ Sie zeigt mir ihren Frankenstein im Popartstil und es hat fast ein wenig was von einer Satire auf Andy Warhols Marilyn Monroe Bildern. „Ironische Tattoos sind ebenfalls im kommen“, sagt sie.
Jenni und ihre Kollegin von TattooHolic haben sich ebenfalls dem Individualismus verschrieben: „Wir stechen nur personalisierte Tattoos und auch jedes nur ein einziges Mal. Standardanfragen wie Unendlichkeitszeichen, versuchen wir auch zu personalisieren. Davon hatten wir letzte Woche drei Stück“, so erklärt mir Jenni.
Das Team von Bloody Bucket stimmt dem zu: „Mit einem schlichten Anker nach Vorlage drückt man heute keine Individualität mehr aus. Tattoos sollen die Persönlichkeit unterstreichen und vor allem dem Träger gefallen. Häufig erkennt man schon die Mitglieder einzelner Subkulturen an ihrer Vorliebe für ganz bestimmte Motive.“, so Sandra von Bloody Bucket. „Mit individuellen Tattoos sind die Kunden auch auf lange Sicht glücklich- Anders als mit den reinen Mode Tattoos, die nach einer festgelegten Motivvorlage gestochen werden“.
Ich frage nach den eher lästigen Tattootrends und wie die Studios auf Kundenanfragen nach reinen Modesymbolen reagieren. „Modische Trends gibt es immer“, sind sich alle einig. „Früher waren es asiatische Schriftzeichen oder Tribals, heute müssen es Unendlichkeitszeichen oder Kolibris sein. Doch wir versuchen auch diese individuell zu gestalten und zu personalisieren, sodass die Persönlichkeit des Trägers mit einfließen kann. Das bloße Nachstechen nach Motivvorlage lehnen wir ab.“
Auf der Messe ist ein Aussteller aus Auckland, Neu Seeland, vertreten, der Maori Tattoos auf traditioneller Weise, mit Stäbchen und Farbe, in die Haut ritzt. Ich frage einen stolzen, frisch tätowierten jungen Mann, weshalb er sich hat auf diese Weise tätowieren lassen „Ich fahre bald nach selbst Neuseeland“ erklärt er mir. „Ich habe das gestern hier schon auf der Messe gesehen und musste es gleich haben“.
Wenn man einmal vom Trend der liegenden Achten absieht, die offenbar gerade die Nachfolge chinesischer Schriftzeichen und Arschgeweihe antreten, so scheint der Trend tatsächlich hin zu sehr individuellen Tattoos zu gehen. Zwar findet man viele Stände, die offenbar viel mit Schablonen arbeiten, aber generell werden auch die Standardformen zunehmend individualisiert. Alle Tätowierer, mit denen ich gesprochen habe, legen Wert auf eine persönliche Beratung, damit jeder Kunde „sein“ persönliches Tattoo bekommt und auch lange damit glücklich ist.