Wer den Checker (nein nicht der aus DSDS), kennt der weiß, dass der Münchner Alexander Wesselsky Reime liebt und eben jene Vorliebe mit seiner Band Eisbrecher voll und ganz auslebt. Fast zwei Jahre ist es nun her, seitdem Alexx Wesselsky, Noel Pix und Konsorten ihr letztes Album veröffentlichen und seit der ersten Single-Auskopplung „Eiszeit“ aus dem neuen gleichnamigen Album wurde den Eisbrecher-Fans gewaltig Appetit auf den neuen, inzwischen vierten Silberling gemacht, welcher, vorweg gesagt, jegliche Erwartungen erfüllt.
Während die bisherigen Alben von Eisbrecher durchaus mehr als 10 Titel aufwiesen und unter anderem auch ein Instrumentalstück aufweisen konnten und die ein-Stunden-Marke berührten, ist Eiszeit auf 10 Titel (in der Limited Edition sind es mehr) und knapp 35 Minuten reduziert. Es scheint als das Prinzip „In der Kürze liegt die Würze“ zu gelten.
Man kennt und liebt ihn, den typischen Sprech-Gesang von Herrn Wesselsky, allerdings fällt schon beim ersten Titel „Böses Mädchen“ auf, dass sich in Sachen Gesang einiges getan hat, kommt er doch melodiöser und nicht mehr ganz so gesprochen daher. Auch instrumental ist „Böses Mädchen“ differenzierter von den anderen. Es klingt nicht mehr ganz so elektrisch, bleibt aber trotzdem Eisbrecher-typisch.
Die erste Single-Auskopplung Eiszeit (wir berichteten) hat ja bereits einen ordentlichen Eindruck hinterlassen. Nicht nur weil Eisbrecher ihrem Sound treu bleiben, sondern mit diesem Track auch textlich zum Nachdenken anregen. Auch lassen sich hier gewisse Parallelen zu „Eisbrecher“ vom dem ersten Album ziehen, nicht nur die Abwechslung von melodiösem Gesang und der eher harten Gangart, sondern auch das im wahrsten Sinne des Wortes ‚kalte’ Thema.
Beim folgenden Track musste ich trotz des eher ernsten Themas ein wenig schmunzeln, was vor allem an der Textzeile „Leg die Bombe Baby, TickTack“, ganz in bekannter Checker-Manier, lag. Was mir den Track „Bombe“ allerdings einfach sympathisch macht ist sind die harten Klänge und die Aufteilung des Gesangs in den männlichen Part und den weiblichen.
„Gothkiller“ ist nun der erste englischsprachige Track, den man von Eisbrecher zu hören kommt. Natürlich wurden von der Band schon Fremdsprachen verwendet (Französisch inPolarstern auf Eisbrecher), allerdings klingt Gothkiller doch noch mal anders als das normale deutschsprachige Material. Hier unterstützt übrigens Roberto Vitacca (Lacrimas Profundere) mit seiner wunderschönen emotionalen Stimme, auch besonders auffällig ist hier die Hervorhebung der Gitarre ab der Mitte des Songs.
Besonders beeindruckt hat mich jedoch „Die Engel“, der Refrain bleibt im Ohr und der Text berührt. Es ist eins der sanfteren Lieder und wunderbar gefühlvoll. Auch das kurze Gitarrensolo wertet das Lied noch ein wenig auf und macht es zum bisher besten Track des Albums.
„Segne deinen Schmerz“ ist wieder einer der Tracks die sich von einer etwas dunkleren Seite zeigen. Ähnlich wie auf den Vorgängeralben ist es eher im elektronischen Bereich angesiedelt, auch wird hier wieder mehr mit Hintergrundgesang gespielt.
Mit „Amok“ legt Eisbrecher eine Neuversion des Kinderreims „Messer, Schere, Gabel, Licht sind für kleine Kinder nicht“ auf. Betrachtet man nun allerdings die Lyrics („Wir laufen Amok, wir stehen unter Schock“) kann der Track wohl eindeutig als gesellschaftskritisch aufgefasst werden. Kritisch gegenüber der neuerlichen Häufung von Amokläufen an Schulen und kritisch gegenüber den Reaktion der Öffentlichkeit, die wohl geschockt reagiert, aber im Endeffekt nichts tut.
Erneut bekommt Eisbrecher-Sänger Alexx Unterstützung von einer weiblichen Stimme. „Dein Weg“ zeigt zweifellos die Beziehung die zwischen zwei Menschen, die schließlich Abschied nehmen auf, und durch den weiblichen Gesangspart wird die Thematik eben jenen Tracks noch einmal verdeutlicht.
„Supermodel“ ist wieder ein Track, der richtig Dampf hat, dessen Lyrics im Kopf bleiben, kritisch ist und von Neologismen („Hirnruine“ hat es mir sehr angetan) nur so strotzt. Dass mit so einem Track Fernsehformate wie „Germanys Next Topmodel“ gemeint sind kann man sich denken.
„Hauch des Lebens“ ist schließlich der Ausklang des Albums und noch eins der Stücke die einfach im Kopf bleiben und irgendwie eine Verbundenheit mit Eisbrecher herstellen. Ein schönes Ende für ein Album.
Fazit:
Mit „Eiszeit“ ist ein würdiger Nachfolger für „Sünde“ geschaffen worden, ein Nachfolger, der all meine Erwartungen erfüllt hat, vor allem weil Eisbrecher ihrem Sound treu bleiben. Interessant wird es sicher auch, diese Tracks live zu erleben. Das Einzige, das ein wenig schade ist, dass die Spielzeit nur knapp 35 Minuten beträgt, allerdings machen das Tracks wie „Die Engel“, „Böses Mädchen“ und „Amok“ wieder wett.
Tracklist:
- Böses Mädchen
- Eiszeit
- Bombe
- Gothkiller
- Die Engel
- Segne deinen Schmerz
- Amok
- Dein Weg
- Supermodel
- Der Hauch des Lebens
Anspieltipps:
Muss im Ganzen genossen werden und das mehrmals!
Veröffentlichung:
16. April 2010
Eisbrecher Homepage
Eisbrecher MySpace