Nun ist das musikalische Schauermärchen namens „Marienbad“ schon einige Wochen im Handel, da trudeln die Antworten auf ein Interview mit den durch Eisregen bekannt gewordenen Musikern ein. Stammt die Idee und Geschichte um „Werk I: Nachtfall“ eigentlich von Sänger M. Roth ist es überraschenderweise Gitarrist und Keyboarder Yantit der sich unseren Fragen stellt. Da wir mit der „Blutkehle“ allerdings auch schon früher sprechen durften, freut es uns natürlich besonders euch im Folgenden auch ein Interview mit einem weiteren Mitglied des „Tod aus Thüringen“ präsentieren zu können.
Schwarze-News: Zunächst einmal interessiert unsere Leser sicher die Geschichte und das Konzept hinter Marienbad. Kannst du uns die noch einmal erläutern?
Yantit: Die gesamte Entstehungsgeschichte kann man im Beiheft der CD nachlesen, sie jetzt hier vollständig wiederzugeben würde den Rahmen sprengen. Aber ich versuche es mal zusammen zu fassen. M. hat Verwandtschaft (mütterlicher Seite), die aus dem ehemaligen Sudetendeutschland vertrieben wurde. Er besucht diese Gegend als Jugendlicher mit seiner Familie, seiner Oma zu liebe. Sie (die Oma) verstarb Ende der 90er und M. fand in ihrem Nachlass ein Buch namens „Der Fluch Marienbads“. Diesem Buch entstammt das Konzept, wie auch einzelne Geschichten die, die Grundlage der Texte auf „Nachtfall“ bilden. Wir reisten dann gegen Ende 2009 noch mal gemeinsam für eine Woche nach Stein-Schönau/ Tschechien und besuchten viele der Orte, die ich bislang nur aus M.´s Erzählungen kannte… das war´s dann und wir machten uns ans Werk (1). Wichtig: Alle Namen von Personen und Orten wurden abgeändert, die Stadt, um die es eigentlich geht, heißt auch nicht Marienbad. Suchst du heute (im Netzt) nach einem Begriff bekommst du alle Fakten – das wollten wir vermeiden um die ganze Sache nicht zu entzaubern.
Schwarze-News: Ich selbst habe davon schon in eurem Forum gelesen. Das ganze klingt wie ein Schauermärchen und ich konnte trotz längerer Suche im Internet auch keine weiteren Anhaltspunkte zur Geschichte finden. Wie viel Wahrheit steckt hinter „Marienbad“? Ich frage deshalb weil ich auch weiß, dass M. gelegentlich Kurzgeschichten schreibt.
Yantit: Wie viel Wahrheit hinter der Geschichte steckt wird nicht verraten °lach° Alles weitere habe ich ja Eingans schon beantwortet. Ob M. immer noch Kurzgeschichten schreibt kann ich dir gar nicht sagen. Aber letzten Endes sind seine Texte ja auch welche, was man bei Eisregen immer wieder erkennt und gerade bei der Entstehung Marienbad´s eine große Rolle gespielt hat.
Schwarze-News: Einiges auf dem Album (z. Bsp. Roslins Fluch) hätte meiner Meinung nach auch problemlos auf ein Eisregen Album gepasst. Warum dafür (noch) ein Nebenprojekt? Die Fans würden ein Konzept wie bei FF damals doch überwiegend positiv aufnehmen.
Yantit: Klar, die Leute hätten wohl ihre Freude an einem weiteren Eisregen Konzept Album, aber sicher nicht an diesem (Marienbad). Zum einen ist die Geschichte zu nahe an der Realität (was ja bei Eisregen eher selten der Fall ist) andererseits hätte es sicher Tränchen gegeben, da man von Eisregen textlich natürlich etwas„härteres“ erwartet.
Das Konzept hinter Marienbad war uns einfach zu schade, als es künstlich zu „brutalisieren“, damit hätte es jeden Charme verloren und somit auch nicht mehr die gewünschte Stimmung erzeugt. Und ganz ehrlich, nur um ein paar CD´s mehr unters Volk zu bringen (was unter dem Namen Eisregen sehr einfach gewesen wäre) „verkaufen“ wir nicht unsere Grundsätze. Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Entstehung von „Nachtfall“. Das ganze hatte überhaupt nichts mit Eisregen gemein. Bei Eisregen entstehen neue Stücke im Proberaum, wo jeder sein Instrument bedient und M. die entstehenden Parts stark mit seinen Texten in Länge und Ausdruck beeinflusst. Bei Marienbad ist es das genaue Gegenteil, ich habe die Stücke komplett fertig an M. übergeben und er hat die Texte auf die auf die Musik geschrieben.
Schwarze-News: Der Album-Titel lautet „Werk I: Nachtfall“ – das lässt darauf schließen, dass ihr noch nicht alle Geschichten Marienbads auf diesem Album verarbeitet habt. Kann man mit einer „Fortsetzung“ rechnen?
Yantit: Ja kann man.
Schwarze-News: Mein persönliches „Problem“ mit dem Album ist dass die Texte irgendwie wenig Song-Charakter besitzen. Alles klingt wesentlich mehr nach einer Geschichte oder einem Tatsachenbericht als es bei Eisregen der Fall ist, besonders da durch dass sich nicht immer alles reimt. War es schwierig die Geschichten Marienbads in Texte zu verpacken oder ist es durchaus gewollt dass alles so anders als bei deiner Hauptband klingt.
Yantit: Wo wir wieder bei Frage 3 wären °lach° und ein neues Projekt doch Sinn macht, eben weil bei Marienbad vor allem die „Geschichte“ im Vordergrund steht, was liegt dann näher als die diese auch in einer „erzählenden Art“ vorzutragen. Es wäre sicher ein leichtes gewesen, den Texten mehr Song-Charakter zu verpassen, sprich die Refrains eingängiger zu gestalten und sie 10 mal zu wiederholen… aber das war eben nicht unser Ziel, wir hätten in der Tat stärker nach Eisregen geklungen und uns zu Tode gelangweilt.
Schwarze-News: Das ganze war sicher schwierig melodisch einzusingen, zumal M. fast durchgehend klar singt? Das wirkt ein bisschen für mich wie ein „jetzt erst recht“ entgegen der Leute die ewig über diese Marschrichtung bei Eisregen meckern?
Yantit: Hier kann ich nur für M. sprechen und du liegst mit deiner Vermutung falsch. Die klaren Gesangsparts sind schon lange ein Teil von Eisregen und daran wird sich auch Zukunft nichts ändern. M. sagte in zurückliegenden Interviews ja schon öfter, dass es ihn langweilt, sich immer nur auf die „Blutkehle“ reduzieren zu lassen. Er singt jetzt bereits seit über 15 Jahren und du wirst dir vorstellen können, wie unendlich langweilig es ist 15 Jahre lang immer und immer wieder schreien zu müssen. Es ist komplett bekloppt, ihm und seiner Tätigkeit bei Eisregen nicht so viel Spielraum zuzugestehen, dass er sich im Lauf der Jahre zu einem „richtigen“ Sänger entwickeln und die Früchte dieser Entwicklung auch auf CD verewigen kann… aber was soll´s.
Schwarze-News: Warst du für die musikalische Umsetzung verantwortlich? Es kommt ja vom Klavier bis zu Streichern alles zum Einsatz? Wer hat diese, für Doom wohl etwas unkonventionelleren, Instrumente eingespielt?
Yantit: Ich, aber wirklich eingespielt sind lediglich die Klavier-Parts, alles was es sonst noch an Streichern, Flöten, Chören usw. zu hören gibt ist am Rechner entstanden, also programmiert.
Schwarze-News: Nach der Beschreibung in eurem Forum als besonders „episch“ dachte ich zunächst an sowas wie Summoning, aber auch wenn sich viel auf Keyboard stützt scheint es mir damit gar nicht so übertrieben zu sein? Eher so wie das Ende von „Erscheine!“ auf Knochenkult.
Yantit: „Episch“ bedeutet nicht, dass man es in Sachen Orchestrierung übertreiben muss… denn dann wird aus „episch“ schnell „schwul“ und die Musik klebt wie Scheiße. Das, das nicht unser Ziel seien würde, wirst du dir denken können °lach° Aber der Vergleich mit „Erscheine!“ ist gar nicht so übel, dieses Stück ist für meinen Geschmack durchaus „episch“.
Schwarze-News: Live Auftritte gibt es sicher auch hier nicht? Ich würde ja gerne mal Panzerkreutz live sehen, aber so weit ich weiß war es das mit den zwei Songs ja schon oder?
Yantit: Was ist das denn für eine Frage? Wenn du keine ordentlichen Fragen stellst, bekommst du auch keine ordentlichen Antworten.
Schwarze-News: Kurz zu PK: Bei „Panzershreck“ kommt auch überraschend Klargesang zum Einsatz – war nicht der eigentliche Sinn hinter der „Band“ puren, rohen Black Metal zu spielen?
Yantit: Da hast du Recht, aber eine „Black Metal-Faustregel“ ist auch, dass man tut und lässt was man will. M. hatte Bock auf einen „gesungenen“ Refrain und hat ihn einfach gesungen. Deswegen ist „Panzershreck“ aber sicher nicht weniger Black Metal.
Schwarze-News: Auf der Split befand sich mit Goatfuneral auch eine (bisher) relativ unbekannte Band. In eurem Forum ging danach das Gerücht um dass du und M. ebenfalls dahinter steckt – obwohl M. „offiziell“ nur Gastsänger bei 2 Stücken war? Was ist da dran? Zumindest auf den Metal-Archives ist ein Bild auf dem M. recht eindeutig zu erkennen ist – als Sänger wird er dort ebenfalls genannt.
Yantit: Dazu sage ich nichts und Metal-Archives stinkt eh. Jeder Depp kann sich da anmelden und irgendwelche Informationen einstellen.
Schwarze-News: Was ist dein persönliches Highlight auf dem Marienbad Album? Das Gesamtkonzept setzt sich ja bemerkenswerter Weise aus kleinen unabhängig voneinander stehenden Geschichten zusammen. Ich fand besonders Roslins Fluch und Wasserwall sehr gelungen.
Yantit: Es ist immer schwer, selbst über seine eigene Musik zu urteilen und ich möchte jetzt gar nicht von persönlichen Highlights sprechen. Wenn es diese gäbe, hätten es alle anderen Lieder nicht auf das Album geschafft. Sicher gibt es Stücke, die ganz nach Geschmack, ihre Botschaft besser transportieren und dadurch besonders stimmungsvoll wirken… mhh, das wären bei mir wohl „unter Dammkrone“ und das von dir bereits angesprochene „Wasserwall“.
Schwarze-News: Marienbad setzt sich jetzt aus den selben Leuten zusammen wie Panzerkreutz. Kann man in dieser Konstellation noch mehr erwarten?
Yantit: Mit Sicherheit ein weiteres Marienbad Album. Wann und unter welchen Umständen es entsteht, wird sich zeigen.
Schwarze-News: Worauf kann man sich generell in Zukunft aus Thüringen freuen? Steht als nächstes „Rostrot“ an? Und wenn ja wie weit seid ihr damit schon? Erste Details die du verraten kannst?
Yantit: Auf „Rostrot“, genau richtig. Wir befinden uns gerade mitten in den Arbeiten dazu und haben auch schon ein paar Stücke fertig. Wenn alles klappt, werden wir das Album Anfang September aufnehmen und mit ein wenig Glück, noch in diesem Jahr veröffentlichen. Musikalisch geht es in etwa da weiter, wo wir mit „Schlangensonne“ aufgehört haben, zwei bis drei sehr harte Stücke, einige ER typische und u.U. auch wieder etwas in Richtung „Kai“. Zu den Texten verrate ich aber erst mal noch nichts
Schwarze-News: Danke für das aufschlussreiche Interview. Ich wünsche euch noch viel Erfolg mit dem Album – die letzten Worte gehören natürlich dir:
Yantit: Hab auch du vielen Dank, außer für Frage 10 °lach° Es würde mich freuen, wenn sich ein paar Leute die Zeit nehmen und wirklich mit „Nachtfall“ auseinander setzten, mit einigen Durchläufen beim „Bier trinken“ ist es nicht getan, man wird die CD nicht verstehen und greift besser gleich zu einem Sodom Album… Danke schön
Interviewführung: Tobias „Zigeunerjunge“ Geers
Kontakt: Dennis „Bieberpelz“ Knoll